Die Suenden der Vergangenheit
Abreise zurück nach Alaska und da wollte sie sich von den Kriegern verabschieden. Zumindest von einem Teil.
Die Kleinen schlummerten in einem quadratischen Kunststofftragekörbchen mit abnehmbarem Gitterdeckel, das Tiponi mit einer dünnen Decke vor der Sonne schützte. Unbemerkt steckte sie ihrer Hündin einen Keks zu, den sie in einer weiteren Tasche mit einem bunten indianischen Muster, die sie lässig über die Schulter geworfen hatte. Rowtag schnappte danach und kaute genüsslich. Sehr zum Missfallen der Empfangsdame, die die kleinen Krümel aus dem Mund des Hundes fallen sah, die zweifellos eingebildet waren. Tiponi betrachtete sie hinter den Gläsern ihrer Sonnenbrille und überlegte, ihr doch die Hundebabys zu zeigen, wobei das wahrscheinlich neues Geschrei ausgelöst hätte, auf das sie dann gern verzichtete. Die Dame stand auf süße kleine Goldfische im Glas. Gegen Katzenhaar war sie allergisch und am liebsten hatte sie sowieso gar keine Tiere. Das war sehr schade.
Sie sah auf die Stockwerkanzeige über dem Fahrstuhl. In wenigen Sekunden würde er unten angekommen sein.
„Komm, Rowtag. Mal sehen, wer uns abholt und dann bekommst du ganz sicher etwas Wasser.“
Tiponi schnalzte mit der Zunge und die Hündin folgte ihr hechelnd zum Lift. Der Blick der Angestellten brannte ihr förmlich im Nacken. Ein langes Kleid wäre vielleicht besser gewesen. Bei den Temperaturen in New York gerade aber unvorstellbar. Sie hatte sich für eng sitzende schwarze Hotpants entschieden und darüber trug sie nicht mehr als eine knappe blutrote Weste, die so viel Haut blitzen ließ, dass man ein Tattoo unterhalb des Bauchnabels ausmachen konnte. Ihre Haare waren zu zwei Zöpfen rechts und links geflochten und ebenfalls mit blutroten Lederbändern, die sie eingebunden hatte, verziert. Hohe Absätze waren bei ihrer Größe Pflicht und eine Selbstverständlichkeit. Da sie in New York mit ihrer Kutte am Tag nur Aufsehen erregt hätte, hatte sie sich den hiesigen Gepflogenheiten mit einem städtischen Outfit mit Hilfe der guten Dovie eben angepasst.
Die Fahrstuhltüren glitten auf. Theron verzog bei dem ungewohnten Anblick, den die Tri’Ora bot keine Miene. Sie hatte sich wahrscheinlich mit Dovies tüchtiger Hilfe „stadtfein“ gemacht, um nicht aufzufallen. Allerdings war die Mission dann wohl gescheitert, weil man der jungen Frau nachstarrte, als wäre sie eine himmlische Erscheinung. Er hielt das Zucken seines Mundwinkels unter Kontrolle, weil er sich denken konnte, was die Dame vom Empfang nun dachte. Sehr privater Damenbesuch .
„Guten Tag, Tiponi. Willkommen in der Fortress. Es tut mir leid wegen der Umstände, aber hier wird niemand ohne Voranmeldung durchgelassen. Und schon gar keine Tiere!“
Ron beugte sich nach unten, um die Hündin ebenfalls zu begrüßen, indem er ihr sanft über den Kopf fuhr.
„Steigt doch bitte ein, die anderen sind schon alle mehr oder weniger versammelt. Ich nehmen an, Ihr wollt Awendela besuchen, sie ist aus den kurzen Flitterwochen zurück.“
Theron betätigte den Knopf zu der Etage, in der Nathan seine Wohnung hatte und verfiel dann in Schweigen. Wenn sie wirklich, wie Damon es ihr unterstellt hatte, das Bedürfnis hegte, sich unter Menschen zu mischen, dann hatte sie den richtigen Moment gewählt. Zu dem mitgebrachten Korb sagte er nichts, er konnte sich denken, was sich darin befand. Die Hündin war schließlich trächtig gewesen. Er hoffte aber, dass sie nicht unbedingt Catalina dieses Geschenk zum Geburtstag machen würde, da das Tier sich von ihrer animalischen Seite bedroht fühlen würde. Auch bei Ash reagierten canine Lebewesen mit Furcht und Fluchtreflexen.
Oh verdammt!
Tiponis Gesichtszüge entgleisten schon ein wenig, als die Fahrstuhltüren aufglitten und sie Theron vor sich stehen sah. Ihr wäre lieber gewesen, Chryses hätte sie abgeholt. Immerhin hatte er über die Intercom gesagt, er würde sich kümmern. Nun war sein älterer Bruder runtergefahren und sie hätte am liebsten gesagt, er hätte sich ihretwegen nicht die Mühe machen müssen. Der Tag hatte so schön angefangen und nun roch es wieder meilenweit gegen den Wind nach Ärger. Doch sie schwieg still und nickte nur, als er sie auf Awendela ansprach. Fast schon schüchtern kam Tiponi seiner Aufforderung in den Lift zu steigen nach und bemühte sich, vollkommen entspannt dazustehen und normal zu atmen, obwohl das auf diesem beengten Raum kaum möglich war. Dabei fanden in dieser Kabine locker fünfzehn
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