Die Sünden des Highlanders
einquartiert?«, fragte er.
»Nein, nur letzte Nacht, weil es sehr spät geworden war und Simons Haus das erste war, zu dem wir kamen«, erklärte Harcourt und häufte Essen auf seinen Teller. »Wir waren uns alle einig, dass wir keinen Meter weiter reiten wollten.«
»Ihr wart also wieder auf der Jagd?« Tormand wünschte sich sehnlichst, er hätte dabei sein können, statt sich in seinem Schlupfloch zu verkriechen, aber er verbiss sich seine Klagen.
»Ja, wir waren auf der Jagd und haben Ausschau gehalten nach jemandem, der versucht, eine Leiche in ein Haus zu schleifen.«
»Warum bist du hier?«, fragte Simon. »Ist etwas passiert?«
»Morainn hatte wieder einen Traum«, erwiderte Tormand zwischen zwei Bissen. »Sie meint, die Träume werden immer lebhafter.«
»Aha. Dann hat sie also vielleicht etwas gesehen, was uns weiterhilft.«
Tormand berichtete ihnen, was sie ihm erzählt hatte. Es laut auszusprechen und nicht nur im Stillen immer wieder zu überdenken führte dazu, dass er noch sicherer war als vorhin, wo er mit seinen Gedanken allein gewesen war. Er spürte, wie sich Zorn in ihm regte, doch er gab sich zum wiederholten Male zu bedenken, dass Morainn ihn nicht angelogen hatte. Sie hatte ihm bloß nicht alles erzählt, und das wahrscheinlich nur deshalb, weil sie ihn nicht beunruhigen wollte. Aber das besänftigte ihn kaum.
Harcourt stöhnte. »Also heißt es zurück in den Sattel und nach Berghütten und Häuschen Ausschau halten.«
»Häuschen mit Schafen und Dächern, teils aus Schiefer, teils aus Stroh«, fügte Tormand hinzu.
»Nun, das verringert die Anzahl ja beträchtlich«, meinte Bennett gedehnt.
»Ich könnte …«, fing Tormand an.
»Nay«, sagte Simon. »Du nimmst schon genügend Risiken auf dich, wenn du hierherkommst. Außerdem besteht die Möglichkeit, dass uns die Mörder ganz genau beobachten, weil sie wissen wollen, wo du abgeblieben bist. Du könntest sie direkt zu Morainn führen. Sie wollen sie unbedingt töten.«
»Ich weiß. Das Weib sagt es ihr immer wieder in ihren Träumen. Morainn kommt es vor, als habe sich dieses Miststück in ihren Kopf eingenistet.«
»Vielleicht hat sie das ja tatsächlich. Wir wissen wenig über solche Gaben, du zwar mehr als ich, aber ich wette, du weißt auch nicht alles darüber, nur weil du selbst eine hast. Auch wenn sie dir keine hellseherischen Träume und Visionen beschert.«
»Du glaubst also wirklich, dass ich eine Gabe habe?«
»Aber natürlich. Du kannst spüren, welche Gefühle in einem Raum vorhanden sind. Das kannst du zwar nicht immer, aber manchmal hat es uns schon geholfen. Es ist fast so, als könntest du Gefühle riechen.«
Tormand dachte kurz darüber nach. Am liebsten hätte er es geleugnet, obwohl er diese Fähigkeit schon gelegentlich offenbart hatte. Schließlich nickte er bedächtig. »Vermutlich kann ich das. Ich dachte nur nicht, dass es sich um eine richtige Gabe handelt, sondern nur um eine natürliche Fähigkeit, die bei mir ausgeprägter ist als bei anderen. Eine Cousine hat mir immer wieder erklärt, wie man seine Sinne schärfen kann.«
»Nein, es ist eine Gabe, wenn auch nur eine kleine. Mein Vater hat auch so eine«, sagte Harcourt. »Er weiß, wann Gefahr im Verzug ist. Das hat ihm schon oft das Leben gerettet, behauptet er. Auch ich spüre manchmal, wenn sich Unheil zusammenbraut. Eine nützliche kleine Gabe, nicht so stark wie Morainns, aber trotzdem sehr nützlich.«
»Und ich dachte immer, ihr schleppt mich nur mit, weil ich so schlau bin«, meinte Tormand gedehnt und grinste Simon an.
Simon grinste zurück. »Das bist du auch, obwohl ich deine ohnehin recht ausgeprägte Eitelkeit nur ungern verstärke. Manchmal betrachtest du Dinge aus einem sehr hilfreichen Winkel.«
»Nicht so hilfreich wie Morainns Träume und Visionen. Übrigens fragt sie sich, warum du ihr nicht noch eine Haarnadel gegeben hast.«
»Ich hatte daran gedacht, aber nachdem wir Edward MacLean entdeckt hatten, hatte ich ja eine konkrete Spur. Sie führt mich langsam zu den Mördern, und deshalb wollte ich Morainn keine weitere Vision zumuten. Und jetzt, wo wir einen Namen haben – Ada oder Anna –, wird die Spur immer konkreter. Ich glaube, sie heißt Ada, auch wenn ich nicht genau weiß, wie ich darauf komme. Ich verstehe nicht recht, wie sie mit Edward verheiratet sein konnte und trotzdem von kaum jemandem gesehen wurde. Aber es findet sich bestimmt jemand, der sich genau an ihren Namen und ihr Aussehen erinnert.« Er
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