Die Sünden meiner Väter: Roman (German Edition)
Inistioge und schien sich mehr um seine Patienten als um seine Familie zu kümmern. Andere Väter sind gewalttätig oder sie trinken, oder sie sind gewalttätige Trinker oder einfach nur zu faul, um für die Ihren zu sorgen. Wir alle machen Fehler, keiner von uns ist perfekt. Ich habe mein Bestes gegeben und mich bei Charlie nach Kräften bemüht. Aus dem kleinen Kerl ist ein anständiger junger Mann geworden, der mich jeden Tag aufs Neue stolz macht. Aber manche Männer, das muss man wirklich sagen, wären besser nie Väter geworden; sie haben einfach nicht das Zeug dazu.
X
OLIVER
Meine frühesten Erinnerungen sind verschwommen. Ein dunkles Zimmer in einem alten Haus. Den Großteil des Tages war ich allein, aber manchmal brachte eine alte Frau mir zu essen und war nett zu mir. Ich glaube, sie hieß Fleur, aber vielleicht habe auch nur ich sie so genannt. Ich weiß noch, wie sie mir sagte, ich dürfe mich nicht schmutzig machen, weil mein Vater nachher heraufkäme. Doch dann habe ich mir aus Versehen roten Saft aufs Hemd gekleckert, und zur Strafe durfte ich ihn dann nicht sehen. Fleur war Französin. Wahrscheinlich habe ich mit ihr Französisch gesprochen, noch ehe ich richtig Englisch konnte. Sie hat versucht, mir in beiden Sprachen ein bisschen Lesen beizubringen. Manchmal hat sie mich umarmt und ihr »pauvre petit coeur« genannt. Ich kann mich gut erinnern, wie mein Vater einmal in mein Zimmer kam und Fleur dann ganz nervös wurde. Er hat mich angestarrt, mich grob gepackt und meine Haare untersucht, meine Zähne. Wonach hat er gesucht? Ich fing an zu weinen, er hat Fleur angeschrien und die Tür hinter sich zugeschlagen, als er ohne ein Wort gegangen ist.
Eines Tages hat Fleur mir gesagt, dass mein Vater eine Dame namens Judith heiraten würde. Einmal habe ich sie oben von der Treppe aus gesehen. Sie war blond und sehr schön. Ich weiß noch, dass ich mir gewünscht habe, genauso hell und strahlend zu sein wie sie. Sie hat mich nicht gesehen, und ich habe nie mit ihr gesprochen. Zur Hochzeit durfte ich nicht gehen.
Dann erinnere ich mich erst wieder daran, wie Fleur einen Koffer für mich gepackt und so getan hat, als würde sie sich freuen. Doch ihre Augen waren feucht. Auf mich warte jetzt ein großes Abenteuer, hat sie gesagt, und ich würde ganz viele Spielkameraden haben. Ich war furchtbar aufgeregt, erst vor den Toren des Internats wurde mir klar, dass sie nicht mitkommen würde. Ich habe mich an sie geklammert und sie angefleht, mich hier nicht allein zu lassen, aber dann hat ein netter Priester mich auf den Arm genommen und mich mit einem Spielzeugauto abgelenkt, und als ich mich umdrehte, um es Fleur zu zeigen, war sie fort.
Ich war einer der Jüngsten in der Schule, habe mich aber rasch eingelebt. So viel Aufmerksamkeit war ich nicht gewohnt, und ich war fasziniert von dem Trubel um mich her. Ich hatte weniger Heimweh als die anderen Jungen, denn, wie ich nun weiß, sehnt man sich nicht nach seinem Zuhause, sondern nach den Menschen darin. Manchmal habe ich mich nach Fleur gesehnt, aber nur ein bisschen. Ich war weder der Beliebteste noch Klassenbester, habe aber immer versucht, mein Bestes zu geben. Von den anderen Jungen erfuhr ich, wie es ist, mit Vater, Mutter und Geschwistern aufzuwachsen. Irgendwann kam ich dann zu dem Schluss, dass Väter oft streng und nur mit guten Zeugnissen zu beschwichtigen waren.
Doch sosehr ich mich auch anstrengte und so gut meine Zeugnisse auch waren, die Anerkennung meines Vaters blieb mir versagt.
Während der Ferien durfte ich nicht nach Hause und blieb den ganzen Sommer über bei den Priestern. Alle paar Jahre kam mein Vater zu Besuch, und wir wetteiferten darum, einen guten Eindruck zu machen. Die Priester fürchteten meinen Vater ebenso sehr wie ich, denn er verwaltete die Finanzen des Ordens, und die Existenz der Schule hing von seinem Wohlwollen ab. Bei diesen Gelegenheiten saß ich auf einer Seite des Rektorenschreibtischs und Pater Daniel auf der anderen. Mein Vater stand hinter mir. Einen Tee oder sich zu setzen lehnte er jedes Mal ab. Ich versuchte, keinen Mucks zu machen und ganz stillzuhalten, doch meine Hände wollten nicht gehorchen; immer wieder musste ich meine Hemdsmanschetten auf- und zuknöpfen. Pater Daniel sagte dann stets, ich würde mich sehr gut machen, auch wenn dem nicht so war. Mein Vater inspizierte meine Zeugnisse und erkundigte sich nach meinem allgemeinen Befinden, dann verschwand er wieder, ohne mich berührt oder auch nur
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