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Die Sünden meiner Väter: Roman (German Edition)

Die Sünden meiner Väter: Roman (German Edition)

Titel: Die Sünden meiner Väter: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liz Nugent
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Ryan (d. i. der Schriftsteller Vincent Dax) eingeliefert. Eugene befand sich zum Zeitpunkt der Aufnahme in gutem Allgemeinzustand, allerdings hat Schwester Marion von leichten Blutergüssen an Oberkörper und Armen berichtet. Diese wurden von Mr Ryan damit erklärt, dass Eugene häufig unter aggressiven Anfällen leide und dann gebändigt werden müsse. Mr Ryan bedauerte diese Maßnahmen sehr, gab aber zu verstehen, dass er nicht anders habe handeln können, da Eugene nicht in der Lage sei, diese Ausbrüche zu beherrschen. Mr Ryan gab weiter an, dass Eugene im Laufe der letzten Jahre – und vermutlich bedingt durch den Tod von Eugenes Mutter – zunehmend gewalttätig und unberechenbar geworden sei. Deswegen habe man ihn auch nicht länger zu Hause versorgen können. Ausschlaggebend für seine Einlieferung war eine versuchte und von Mr Ryan als mutwillig eingestufte Brandstiftung seitens des Patienten. Diesbezüglich schien es Differenzen zwischen Mr Ryan und seiner Frau (d. i. Alice Ryan, die Schwester des Patienten) zu geben. Mr Ryan ist allerdings der Ansicht, dass seine Frau Eugenes Fähigkeiten und vor allem seine Neigung zu Gewaltausbrüchen völlig falsch einschätzt.
    Erwachsene mit Down-Syndrom neigen eher selten zu Gewalttätigkeit und Aggressionen. Mr Ryan hatte aber insofern recht mit seiner Einschätzung, als dass Eugene in seiner Weigerung, unserer Obhut anvertraut zu werden, beträchtliches Aggressionspotential erkennen ließ. Leider wurde es dadurch nötig, ihn von zwei Pflegern so lange wegschließen zu lassen, bis Mr Ryan gegangen war. Eugene hatte große Schwierigkeiten, sich in St. Catherine’s einzuleben, und hat unter den anderen Bewohnern für erhebliche Unruhe gesorgt. Insbesondere versucht er immer wieder, in den Gemeinschaftsräumen sitzende Patienten mitsamt ihren Stühlen hochzuheben und dann mit ihnen durch die Korridore zu rennen. Für manche unserer Bewohner mag dies eine amüsante Abwechslung sein, andere erholen sich tagelang nicht von dem Schrecken. Wir müssen an das Wohl all unserer Bewohner denken und können leider nicht zulassen, dass die Gesundheit Einzelner gefährdet wird. Eugene ist deswegen mehrmals zur Rechenschaft gezogen worden, hat auf dieFixierung allerdings nicht gut angesprochen. Aufgrund seiner überaus heftigen Reaktion erscheint uns nach gründlicher Abwägung in diesem Fall eine medikamentöse Behandlung die einzige Möglichkeit, sein ungestümes Wesen zu bändigen.
    An manchen Tagen ist Eugene äußerst gesprächig, an anderen kann er sehr still und in sich gekehrt sein. Mr Ryan hatte uns bereits gewarnt, dass man Eugenes Worten nicht immer Glauben schenken könne. Tatsächlich scheint Eugene oft in einer Fantasiewelt zu leben, in der er sich für den Prinzen eines verwunschenen Königreichs hält. Im Laufe der Zeit haben wir die Erfahrung gemacht, dass es am besten ist, Eugene weitestgehend sich selbst und seinen eigenen Ressourcen zu überlassen.
    Während der ersten Monate, die Eugene bei uns verbracht hat, ist seine Schwester ihn fast täglich besuchen gekommen. Der Abschied fiel ihr allerdings jedes Mal so schwer, dass ihre Erregung sich spürbar auf den Patienten übertrug, sodass ich mich dazu entschied, Mr Ryan zu schreiben und ihn zu bitten, die Besuche seiner Frau auf einen pro Woche zubeschränken. Mrs Ryan hat meist selbstgebackenen Kuchen und andere Süßigkeiten mitgebracht; mit Hinblick auf Eugenes Gesundheit hielt ich es für angeraten, sämtliches Naschwerk einzubehalten.
    Noreen McNally
    Heimleitung
    Wohn- und Pflegeheim St. Catherine’s
    Meine Mammy hat mich lieb, und Alice hat mich lieb, und Barney hat mich lieb, und Gott hat mich auch lieb. Ich hab jeden Abend meine Gebete gesagt, jeden Abend. Und ich sag sie immer noch, und dann bitte ich Gott, dass er auf Mammy im Himmel aufpasst und auf Alice und auf meinen Freund Barney. Aber manchmal denk ich nicht dran. Dann vergess ich das. Vergess ich das einfach. Barney, ich weiß! Ja, Barney ist mein Freund. Barney ist lustig. Er fährt mich mit dem Auto herum, und seine Ohren stehen ab, das ist lustig. Hahaha! Und er kitzelt mich, und dann muss ich lachen, und er erzählt mir Geschichten, und dann kann ich fliegen. Er ist Grimmbart und ich bin Prinz Funkelstern. Grimmbart hilft mir, gegen die böse Königin zu kämpfen. Bummm! Die böse Königin ist böse, und sie macht sich Pipi in die Hose, hahaha!
    Oliver? Neeeeeiiiiiin!! Oliver ist auch böse. Oliver ist der böse Mann, der Alice von mir

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