Die Sünden meiner Väter: Roman (German Edition)
alle ausgepustet und hab mir gewunschen, dass Oliver weg wär. Aber an meinem Geburtstag war Oliver nett zu mir und hat mich mit seinem Feuerzeug spielen lassen. Das sah aus wie ein Flugzeug. Ich hab im Schuppen im Garten gespielt, aber dann hab ich einen Unfall gemacht, bummm! Ich bin ein böser Junge, hab ein Feuer gemacht. Hilfe!!! Wie in Jane Eyre , das ist eins von Alices Lieblingsbüchern. Oliver sagt, er hat jetzt Angst vor mir und will nicht mehr mit mir im Haus sein. Hurra!!! Da bin ich ganz froh und tanz ganz viel im Haus herum, weil Oliver endlich weggeht. Aber er geht nicht weg, ich geh weg, und ich hasse ihn.
Oliver hat gesagt, ich muss nach St. Catherine’s. Weiß ich doch nicht, was St. Catherine’s ist. Ich hab gesagt, ja, wenn Alice mitkommt. Er hat gelügt und gesagt, Alice kommt mit, und Alice hat auch gelügt, ganz große fette Lüger beide. Dann hat sie geweint, Alice hat geweint, und Oliver hat gesagt, das wär, weil ich sie so traurig mach. Deshalb muss ich nach St. Catherine’s. Allein. Keine Mammy.
Am Anfang hab ich Angst gehabt hier. Ich hab gedacht, St. Catherine’s wär vielleicht, wo St. Catherine wohnt, aber keine Heiligen hier, nur komische verrückte Leute. Ich weiß, dass ich auch ein bisschen verrückt bin. Barney hat mir das gesagt, dass ich ein bisschen verrückt bin, aber gut verrückt, hat er gesagt. Die Leute hier sind alle richtig verrückt, so richtig verrückt verrückt, viel verrückter als ich. Manche schrein rum, keine Worte, nur Krach. Ich kann keinen Krach leiden. Manche sind wie tote Leute, die sitzen in Rollstühlen mit Gurten drum und haben Lätzchen um, wie Babys. Und werden gefüttert wie Babys. Und überall ist Fernsehen an, laut, lauter, ganz laut.
Miss Noreen ist der Chef hier. Wenn sie Oliver anruft und ihm sagt, dass ich ein böser Junge war, ist sie ganz lächelig und lachend und lieb. Kann ich alles hören durch die Tür vom Büro. Aber für uns kein Grinselachen und Dummgeschwätz, nur altes Sauertopfgesicht und Geschrei. Wo ist Mammy? Oh ja, ich weiß wieder, verbuddelt. Wo ist Alice? Sie ist immer Dienstag gekommen, mit Kuchen, und dann haben wir gespielt. Aber jetzt kommt sie auch nicht mehr. Am Anfang hab ich richtig Angst gehabt und wollte heim in mein Zimmer und mein Bett und mein Plattenspieler. Mein Plattenspieler, den hat Barney mir geschenkt. Aber Alice sagt immer, hier hätte ich Freunde. Zwölf Freunde. Aber die können mich nicht leiden. Doch, manche schon, die haben mich lieb. Schwester Marion hab ich am liebsten. Miss Noreen mag ich nicht, die lässt mich mit den Händen unter den Beinen sitzen, damit ich nichts mache. Christy ist schon ganz alt und sabbert, so wie ich früher. Mammy hat gesagt, das macht man nicht, das sind schlechte Manieren. Ich hab zu Christy gesagt, das sind schlechte Manieren, aber er hat nur rumgeschreit. Miss Noreen hat gesagt, geh auf dein Zimmmer, aber das ist nicht mein Zimmer, das gehört uns allen, das Zimmer. Da sind Christy, Billy, Malachy, Conal und die andern hab ich vergessen. Wir sind alle in einem Zimmer, und wenn das Licht ausgeht, dann wird nicht mehr geredet. Und keine Gute-Nacht-Geschichten und keine Marmeladenbrote im Bett. Oh ja, ich weiß noch, Barney und Marmeladenbrote und Geschichten vom großen selbstsüchtigen Riesen und die mit Alice, wo sie in das Loch mit dem Kaninchen fällt. Aber ich hab auch eine Geschichte, da bin ich selbst drin, da bin ich der Prinz, und Grimmbart ist mein Freund. Das ist meine Lieblingsgeschichte. Christy ist gestern verbuddelt worden, ein Glück. Jetzt wird hier nicht mehr gesabbert.
Er hat ganz tot in seinem Bett gelegen, und ich hab ihm gesagt, er soll gut auf Mammy aufpassen, da unten im Dreck. Schwester Marion hab ich am liebsten. Sie kommt jeden Tag und gibt mir Süßigkeiten. Unser Geheimnis! Alice kommt nicht mehr, gestern nicht und letzte Woche auch nicht. Ich hab gesehn, wie Miss Noreen und Schwester Marion sich gestreitet haben. Miss Noreen hat ganz viel geschreit, und Schwester Marion hat geweint. Schwester Marion hat mich nach Barney gefragt, und ich hab gesagt, Barney ist mein Freund. Sie hat mich gefragt, wo Barney wohnt, und dann hat sie ihn angerufen, und jetzt besucht er mich jeden Tag. Alice ist in Wunderland, hat er mir gesagt. Wir haben gemalt und sind mit dem Stuhl geflogen. Alice ist nicht im Dreck verbuddelt. Das hat er mir geschwört, und Barney sagt mir immer die Wahrheit. Barney ist nämlich mein Freund. Barney sagt, wenn ich groß
Weitere Kostenlose Bücher