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Die Sünden meiner Väter: Roman (German Edition)

Die Sünden meiner Väter: Roman (German Edition)

Titel: Die Sünden meiner Väter: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liz Nugent
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war sein Sohn, jedoch keiner Erwähnung würdig.
    Die Trauermesse fand am folgenden Montagvormittag statt. Letztlich gewann meine Neugier die Oberhand. Alice sagte ich, dass ich einen Termin in der Stadt hätte, und fand mich pünktlich in der Haddington Road ein. Während der Messe blieb ich im hinteren Teil der Kirche und mied die Blicke anderer Besucher, die mich hätten erkennen können. Jetzt war nicht die rechte Zeit, Autogramme zu geben. Der Andrang war gewaltig, Scharen von Priestern, eine ganze Reihe Bischöfe und ein Kardinal. Judith war noch immer eine elegante Erscheinung und hielt sich mit Würde. Philip war alt geworden. Im Gegensatz zu seiner Mutter alterte er aber nicht gut. Überrascht sah ich, dass er einen Priesterkragen trug. Ich dachte noch, welche Ironie des Schicksals, dass der väterliche Zweig der Familie nun mit ihm aussterben würde.
    Als es so weit war, folgte ich der Herde nach vorn, um den Hinterbliebenen mein Beileid auszusprechen. Judith nahm meine Hand kraftlos in die ihre.
    »Oliver!«, sagte sie, errötete und wandte sich an Philip. »Du erinnerst dich an Oliver … aus der Schule?«
    Philip schaute mich an, der Inbegriff von Trauer. Seine Augen waren feucht, und ich fragte mich, woher seine Gefühle rührten. Ich jedenfalls weinte meinem Vater keine Träne nach.
    Meine Anwesenheit irritierte ihn, das merkte ich.
    »Natürlich, doch. Danke, dass du gekommen bist. Wie ich höre, bist du jetzt Autor?«
    »Ich schreibe, ja«, sagte ich. »Kinderbücher.«
    »Ja, schön.«
    Hinter uns warteten schon die nächsten Trauergäste, und ich konnte mich nicht länger aufhalten. »Mein Beileid«, murmelte ich.
    Pater Daniel von St. Finian’s rauchte eine Pfeife vor der Kirche. Er grüßte mich voller Mitgefühl und dankte mir für die jährliche Spende, die ich der Schule zukommen ließ.
    »Das dürfte nicht leicht für dich gewesen sein … «, fing er an.
    »Judith und Philip … «, ich musste mich beherrschen, die Erregung in meiner Stimme zu verbergen, »wissen die beiden überhaupt, dass ich sein Sohn bin?«
    »Judith weiß es, glaube ich.« Er schüttelte den Kopf. »Die Traueranzeige … Es tut mir leid, Oliver. Das war der Wunsch deines Vaters. Er wollte nicht, dass du erwähnt wirst.«
    Dann sprach Pater Daniel mir sein Beileid aus, was nett gemeint war, worauf ich aber gut hätte verzichten können.
    »Ich war mir nicht sicher, ob du kommen würdest«, fuhr er fort. »Sonst hätte ich dich angerufen. Schau nächste Woche mal vorbei. Es gibt etwas, was ich dir sagen sollte. Über deinen Vater.«

XV
    PHILIP
    Ich wünschte, ich hätte nie herausgefunden, dass Oliver mein Bruder ist. Oder vielmehr mein Halbbruder. Es ist mir unerklärlich, wie er einem anderen Menschen so etwas antun konnte, noch dazu seiner Frau. Seine Tat entsetzt mich. Ich bin in mich gegangen und habe gebetet. Es ist mir bewusst, dass ich mich noch einmal mit ihm in Verbindung setzen sollte, aber noch bin ich nicht dazu bereit. Bislang weiß glücklicherweise kaum jemand von unserer Verbindung, und mir wäre es recht, wenn es vorerst so bliebe. Wären wir zusammen aufgewachsen, hätte sein Leben vielleicht einen anderen Verlauf genommen.
    Ich komme aus einem eher konservativen Elternhaus. Finanziell waren wir gut abgesichert, lebten aber dennoch bescheiden, allerdings ohne zu darben. Einzig sichtbares Zugeständnis an unseren Wohlstand dürfte unser Auto gewesen sein – immer ein Mercedes. Wir wohnten in einem Haus durchschnittlicher Größe in einem respektablen Vorort, den man, so glaube ich, wegen der Nähe zu meiner Schule gewählt hatte. Ich bin als Einzelkind aufgewachsen und genoss so die ungeteilte Aufmerksamkeit beider Elternteile. Geschwister habe ich nie vermisst, da ich es nicht anders kannte. Verglich ich mich später mit anderen Kindern und deren Familien, war ich froh, meine Eltern ganz für mich allein zu haben und ihre Zuneigung nicht mit jemandem teilen zu müssen. Mum und Dad waren glücklich verheiratet und stritten sich nur selten, wenngleich jeder sein eigenes Leben führte. Beiden bedeutete ihr Glauben viel, meinem Vater wohl noch mehr als meiner Mutter. Mum war sanft und nachgiebig und ließ mir alles Mögliche durchgehen; sie nahm mich vor Dad in Schutz, wenn sie wusste, dass er mein Tun verurteilen würde. Mein Vater war ein deutlich vielschichtigerer Charakter. Er konnte streng sein, trotzdem fand ich ihn immer fair. Mum war geselliger als Dad und ging gern ins Theater, besuchte Konzerte

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