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Die Sünden meiner Väter: Roman (German Edition)

Die Sünden meiner Väter: Roman (German Edition)

Titel: Die Sünden meiner Väter: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liz Nugent
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von der Arbeit mit nach Hause gebracht hatte.
    »Nein, wirklich«, beharrte ich, »ich habe ihn heute gesehen, wie er mit einem Fernglas unser Haus beobachtet hat.«
    »Wahrscheinlich hat er Vögel beobachtet oder nach Flugzeugen Ausschau gehalten.«
    »Nein, er hat ganz bestimmt unser Haus beobachtet.«
    Endlich schaute mein Vater von seinen Unterlagen auf.
    »Weißt du, wie der Junge heißt?«
    »Oliver. Oliver Ryan.«
    Auf einmal herrschte Totenstille. Was hatte ich nur gesagt? Fragend sah ich meine Eltern an. Mum schaute Dad an, dann senkte sie den Blick.
    »Was denn?«, fragte ich. »Kennst du ihn?« Mein Vater presste die Lippen zusammen und schob seinen Stuhl zurück. »Was ist mit ihm? Ist er mit uns verwandt?«
    Ohne ein Wort stand meine Mutter auf und begann, die Suppenteller abzuräumen, obwohl wir doch gerade erst angefangen hatten. Das Besteck schepperte auf den Tellern, als sie in der Küche verschwand.
    »Er ist ein entfernter Cousin«, sagte mein Vater. »Ich möchte nicht, dass du dich mit ihm abgibst.«
    Ein Cousin! Ich hatte nur zwei Cousins mütterlicherseits und von der Seite meines Vaters keinen einzigen.
    »Aber warum? Stimmt etwas nicht mit ihm? Was hat er denn getan? Ist er böse gewesen?«
    Mit einmal wurde mein Vater wütend. So hatte ich ihn noch nie erlebt.
    »Hör auf, mir so viele Fragen zu stellen. Der Junge kommt nicht aus guter Familie. Du bist zu jung, um das zu verstehen, aber seine Mutter war kein guter Umgang, und dasselbe gilt vermutlich für ihn. Wir werden nie wieder von ihm sprechen, verstanden? Halte dich einfach von ihm fern.«
    Da ich mir den plötzlichen Zorn meines Vaters nicht erklären konnte, brach ich in Tränen aus. Sofort bedauerte er, die Beherrschung verloren zu haben. Er zauste mir das Haar und tätschelte meine Wange. Dann meinte er, in sanfterem Ton: »Lass uns nicht mehr darüber reden.« Meine Tränen versiegten, meine Mutter kam aus der Küche zurück, und rasch wechselte das Thema zum neuen Nachbarshund. Meine Laune besserte sich schlagartig, als Dad vorschlug, mir zum Geburtstag auch einen Hund zu schenken.
    Später am Abend, als ich schon im Bett lag, hörte ich, wie meine Eltern sich mit gedämpften Stimmen stritten. Eine Tür wurde zugeschlagen. Am nächsten Morgen war alles wieder ganz normal.
    Doch nun war meine Neugier geweckt, zumal auch meine Mutter alle Fragen abblockte und mich ermahnte, die Sache auf sich beruhen zu lassen. Ich begann mich in der Schule umzuhören. Die meisten glaubten, seine Eltern seien tot. Alle wussten, dass er in den Ferien nie nach Hause fuhr. Manche meinten, er komme aus dem Waisenhaus und habe ein Stipendium, was seinen ärmlichen Aufzug erklären würde. Manchmal, wenn ich zu Hause war, winkte ich aus dem Fenster in Richtung der Schule, für den Fall, dass er gerade schaute. Er ließ sich nie anmerken, ob er mich gesehen hatte, und obwohl er mich weiterhin anstarrte, hatte ich keine Angst mehr vor ihm. Irgendwie fand ich die Vorstellung romantisch, einen armen Waisenjungen zum Cousin zu haben. Weit kam ich mit meinen Fragen allerdings nicht, und als Oliver im Jahr darauf von der Schule ging, hatte ich ihn bald vergessen.
    Seit ich denken kann, wollte ich Priester werden. Natürlich dürfte mein katholisch geprägtes Elternhaus keinen geringen Einfluss auf diese Entscheidung gehabt haben, aber die Sakramente hatten schon immer eine große Bedeutung für mich. Bereits als kleiner Junge liebte ich die kirchlichen Rituale und gehörte zu jenen Kindern, denen Ostern mehr bedeutet als Weihnachten, weil der Gedanke an die Wiederauferstehung viel faszinierender war als Geschenke und der Weihnachtsmann. Mein Vater sah es gern, dass ich so reges Interesse an der Kirche zeigte, und bestärkte mich darin. Mum war weniger erfreut. Ich glaube, sie hätte es lieber gesehen, wenn ich ein nettes Mädchen geheiratet und sie selbst in naher Zukunft zur Großmutter gemacht hätte. Ihr Versuch, mich von meinem gewählten Weg abzubringen, gab Anlass zu einer der seltenen Auseinandersetzungen zwischen meinen Eltern.
    Natürlich bin ich mit einigen Mädchen ausgegangen und habe ein paar Erfahrungen gesammelt, aber irgendwie hatte ich dabei immer das Gefühl, Verrat an meinem Glauben zu üben; eine krude Ablenkung von meiner eigentlichen Berufung. Man mag kaum »Berufung« sagen, hat das Wort doch oft diesen mystischen Beiklang; von »Erweckung« ist da die Rede, oder dass Gott zu einem gesprochen habe, ein Blitz herniedergefahren sei oder man

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