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Die Suendenburg

Die Suendenburg

Titel: Die Suendenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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gewesen, Malvin, und habt Euch zu sehr mit Kleinigkeiten und unbedeutenden Einzelheiten befasst. Aus großer Entfernung sieht man die Dinge klarer und übersichtlicher, und aus der Entfernung heraus kann ich Euch sagen, dass entweder die Heidin die Schuld trifft oder aber die Gräfin und ihren Buhlen.«
    Wieso schlugen wir nicht einfach allen den Kopf ab, dann würde es gewiss auch den Schuldigen treffen. Es hätte sich an dieser Stelle angeboten, dem Herzog den Vorschlag zu machen, das Gerichtswesen dahingehend zu reformieren, dass die Ermittler künftig noch nicht einmal in die Nähe des Tatorts gelangen und die Richter nur noch die Namen der Beschuldigten und möglichst wenig Sachverhalte kennen dürfen, denn dann wären sie alle weit genug weg, um mit Übersicht und Klarheit alle Verdächtigen dem Henker zu übergeben. Warum wohl noch keiner vor Burchard I., Herzog von Schwaben, auf diese Idee gekommen ist?
    »Ich sehe, Ihr seid nicht überzeugt, Vikar.«
    »Nicht restlos, Euer Hoheit.«
    Er setzte sich neben mich. Sein Gesicht kam mir so nah, dass ich die Weintropfen auf seinem Bart zählen konnte.
    »Ist Euch bekannt, dass unser Schwaben in einem heftigen, glorreichen Krieg gegen die Heiden steht?«
    »Gewiss, Euer Hoheit, ich …«
    »Und ist Euch bekannt, dass Agapets Grafschaft und Truppen bisher so etwas Ähnliches wie das Rückgrat des Krieges gebildet haben? Agapet hat mir den Rücken gegen etwaige Begehrlichkeiten der Westfranken freigehalten, ein Drittel des Heeres gestellt, mit Baldur den besten Heerführer gegen die Ungarn ins Feld geschickt und mit seinem Geld für hochwertige Ausrüstung gesorgt. Mit Aistulf als Graf ist dieses Rückgrat gebrochen. Er gibt sein Geld für Sümpfe, Dämme, Almosen, neue Ackerflächen und solches Zeug aus. Seit Monaten gehen Beschwerden bei mir ein. Der Abt von St. Trudpert und die Kaufleute beklagen sich, sie sehen ihre geldlichen Grundlagen bedroht oder fürchten Gottes Zorn. Gewiss, ich könnte Aistulf mit aller Macht stürzen, doch wäre ein solches Vorgehen einmalig und würde andere Grafen gegen mich einnehmen. Außerdem …«
    Er leerte den Kelch, ließ ihn achtlos zu Boden fallen, stand auf und ging ziellos im Raum umher. »Ihr wisst wohl nicht, wie bekannt der Fall des ermordeten Grafen im Herzogtum geworden ist. Agapets Tod wurde landauf und landab besprochen, auf jeder Burg, in jeder Stadt. Claire, Aistulf, Baldur und Elicia sind Namen, die von Halbwüchsigen bis hin zu Greisen in einem Atemzug genannt werden.«
    Das war mir tatsächlich entgangen. Ich hatte zwar in Konstanz eine große Neugier bemerkt, diese aber darauf zurückgeführt, dass ich es gewesen war, der ermittelt hatte. Dass man auch in Zähringen, Chur, Urach, Ulm, Straßburg und Augsburg darüber sprach, hatte ich mir nicht vorstellen können.
    »Grafen wird nicht jeden Tag der Hals durchschnitten, Vikar. Die Ungeheuerlichkeit des Verbrechens allein erklärt jedoch nicht das große Interesse an dem Mord. Dass kein Täter gefunden wurde, ist der eigentliche Grund. Die Spekulationen sprossen wie nichts anderes im Winter: Der Erzengel Gabriel habe seine Hand im Spiel gehabt, ein Waldgeist sei in die Burg eingedrungen, ein von mir gedungener Meuchler habe Agapet getötet …«
    »Ich denke«, wagte ich den Herzog zu unterbrechen, »solcherlei Unfug dürfen wir getrost ignorieren.«
    »Ja, nicht jedoch den Verdacht, Baldur habe seinen Schwiegervater umgebracht. Es ist nicht so, dass Baldurs Name ausdrücklich genannt wird. Aber er schwebt im Raum, versteht Ihr? Ob Claire, Baldur, Aistulf, Elicia, der Waldgeist oder wer auch immer: Jemand hat es getan, und die Leute wissen das. Sie ziehen auch in Betracht, dass der Täter von einem Dämon besessen war, als er mordete. Vielleicht ist das Unfug, vielleicht auch nicht. Ich weiß nur, dass Truppen nicht gerne von jemandem angeführt werden, der vielleicht ein gottloser, von teuflischen Dämonen besessener Mörder ist. Solange Baldur nicht freigesprochen ist von jedem Verdacht, kann ich ihn nicht an die Spitze eines Heeres stellen, nein, ich kann ihn noch nicht einmal als Teil eines Heeres akzeptieren. Das brächte Unruhe und würde die Moral und die Kampfkraft erheblich schwächen, vor allem, da wir für Gott und gegen den heidnischen Unglauben kämpfen. Bereits Baldur an Aistulfs statt zum Graf zu ernennen, das wäre zu diesem Zeitpunkt ein riskantes Unterfangen für mich. Falls sich nämlich doch noch seine Schuld erweist, oder falls Aistulf in den

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