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Die Suendenburg

Die Suendenburg

Titel: Die Suendenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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Geschehen hineingeraten ist, das sie zu vernichten droht. Und ich selbst tue mir auch ein bisschen leid. Denn ab jetzt beginnt meine Schuld.

Elicia
    Bilhildis kam und bedeutete mir, ich solle einen Blick in den Burghof werfen. Da sah ich ihn. Die Dämmerung hatte seine Gestalt verwischt, aber ich würde Malvin immer und überall erkennen. Vier Monate – so lange hatte ich ihn entbehrt. Nach Bilhildis ’ Heimkehr kehrte nun endlich auch der wichtigste Mensch in mein Leben zurück, und ich wurde beinahe wahnsinnig vor Glück. Ich konnte keine Nacht lang mehr warten, ihn zu umarmen, den Geliebten und den Vater meines Kindes. Aber nicht nur deshalb war ich ungeduldig. Mit Malvin bekam ich die Sicherheit zurück, die mir verloren gegangen war. Er würde nicht zulassen, dass Aistulf mir weiterhin Übles antat, und er würde wissen, was wir wegen meiner gestohlenen Schriftstücke unternehmen könnten. Die Stunden, bis die Burg schlief, waren eine Qual.
    Mit einer Öllampe in der Hand tastete ich mich mitten in der Nacht die Gänge entlang. Die Luft war kühl, und es zog. Beinahe wäre mir die kleine Flamme erstorben. Ich schützte sie mit meinem Körper. Nur langsam kam ich voran, obwohl es mir nicht schnell genug gehen konnte.
    Auf halbem Weg hörte ich ein Geräusch hallen wie das Knirschen unter einer Sohle. Das war nicht ungewöhnlich in einer so weitläufigen Burg, und doch sah ich häufiger über die Schulter zurück als zuvor. Das durch die Scharten dringende Mondlicht sowie die vorherrschende Dunkelheit hatten seltsame Konturen mit scharfen Linien entstehen lassen. Die mir bekannten Formen hatten sich aufgelöst. Der Boden, an einer Stelle matt beleuchtet, schien dahinter in einen Abgrund abzufallen. Ein draußen vorüberziehender Nachtvogel huschte als Schemen über die Wand. Eine Wolke, die sich halb vor den Mond schob, verwandelte die Umrisse erneut; wo es hell gewesen war, wurde es dunkel, und wo es dunkel gewesen war, brachte meine Öllampe Licht und damit auch neuen Schatten. Dort, wo sich vier Gänge treffen, hörte ich ein weiteres Knirschen, doch wohin ich mich auch wandte, ich sah nichts als scharfe, schräge Kanten von Helligkeit und Finsternis.
    Hat dies alles meine Sinne verwirrt? Haben Angst, Hall und Schattenspiel sich verbündet? Als ich meinen Weg zu Malvin fortsetzte, meinte ich in einem dunklen Erker, der vier, fünf Schritte von mir entfernt war, eine an die Wand gedrückte Gestalt zu sehen, die sich offensichtlich verbergen wollte. Zu welchem Zweck? Ich sage, ich meinte, jemanden zu sehen, weil ich mir nicht sicher war, und ich schreibe, eine Gestalt gesehen zu haben, obwohl es nicht eigentlich eine Gestalt war, sondern etwas Diffuses, ein Schatten innerhalb eines Schattens, ein schwarzer Umriss in der Finsternis.
    Ich ließ die Öllampe fallen und rannte davon, irgendwohin. Obschon mir die Burg vertraut ist, wusste ich nicht mehr, wo ich mich befand. Ich hörte eilende Schritte, die meine eigenen hätten sein können, zurückgeworfen von den jahrhundertealten Wänden. Doch es hätten auch die Schritte eines Meuchlers sein können. Es gab keine Gewissheit für mich, nur noch die Angst.
    Es grenzte an ein Wunder, dass ich plötzlich vor Malvins Gemach stand. Ich rannte in den Raum hinein, machte die Tür hinter mir zu, hielt den Atem an und lauschte, ob auf der anderen Seite der Tür ein Geräusch zu hören war. Ich weiß nicht mehr, wie lange ich dort stand, das Ohr an die Tür gepresst. Erst als ich mich sicherer fühlte, wandte ich mich auf der Suche nach Malvin um.
    »Malvin!«, rief ich leise. »Malvin, wach auf.«
    Da sah ich im schwachen Schein des glimmenden Kohlefeuers, dass sein Lager leer war.
    War ich im falschen Gemach? Ich hatte mich unauffällig beim Gesinde erkundigt, wo der Vikar Quartier bezogen hatte, und dieses Gemach war mir genannt worden. Ich erblickte schließlich seine Sachen. Feder und unbeschriebenes Papier lagen auf dem Tisch, daneben ein Dokument, in dem Anklage wegen Meineids gegen meine Mutter erhoben wurde.
    Sofort dachte ich: Baldur. Das also waren die Maßnahmen zur Erlangung der Grafenwürde, die er mir verheimlicht hatte. Er hatte vor, meiner Mutter die Ehre zu nehmen, die Zunge und die Finger, und über ihren Untergang auch den von Aistulf herbeizuführen. Er hatte gewusst, dass ich bei diesem abscheulichen Spiel nicht mitmachen würde. Ich habe nie gewollt, dass es so weit kommt. Aistulf wollte ich schaden, nicht meiner Mutter. Ich könnte ihr nichts

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