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Die Suendenburg

Die Suendenburg

Titel: Die Suendenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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Becken liegt.
    K: Als mir ein paar Tropfen von dem Wasser die Lippen benetzten, da begriff ich, dass das Wasser tatsächlich voller Blut war. Ich habe nach der Öllampe gegriffen, die ein Stück weiter am Rand des Beckens stand, und dann habe ich die durchgeschnittene Kehle gesehen. Das Blut quoll immer noch aus der Wunde heraus, stoßweise … Ich bin sofort aus dem Becken gestiegen und habe geschrien.
    MvB: Wie viel Zeit war vergangen zwischen dem Moment, als du in das Becken stiegst, und dem Moment, als du Agapets Tod bemerkt hast?
    K: Keine kurze Weile. Es dauerte … Ich habe zu den Göttern gebetet, an meinen Mann gedacht, an mein Leben, ich hatte viel Zeit, an all das zu denken.
    MvB: Und du hast in dieser Zeit niemanden gesehen und nichts gehört?
    K: Nachdem ich eine Weile im Becken gewesen war, wurde heißes Wasser nachgefüllt. Es kam aus einer Rinne oberhalb des Beckens. Das dauerte nicht lange. Und dann, einige Zeit später, hörte ich Geräusche, vielleicht Schritte, aber sehr leise. Im Hof war noch das Fest im Gange, dort wurde laut gerufen und gelacht, und etwas davon drang bis ins Bad, aber ich konnte diese anderen Geräusche von denen vom Hof unterscheiden. Ich glaubte, sie kämen von nebenan, aus Agapets Gemach, wo der Diener war. Und ein leises Knarren hörte ich ebenfalls.
    MvB: Gesehen hast du niemanden?
    K: Das Becken ist in einen Winkel des Bades eingelassen, und ich war im hintersten Winkel dieses Winkels. Wenn jemand ins Bad gekommen wäre, hätte ich ihn nicht gesehen. Aber ich hätte es gesehen, wenn jemand Agapet getötet hätte, während ich im Becken war.
    MvB: Was ist passiert, nachdem du geschrien hast?
    K: Zunächst gar nichts. Ich weiß nur, dass mir kalt wurde.
    MvB: Kalt? Im von warmen Dämpfen erfüllten Bad?
    K: Jetzt fällt es mir wieder ein. Ich war aus dem Bad gerannt, hier herein, in dieses Gemach, Agapets Gemach. Ich habe laut geschrien, bin aber nicht hinausgelaufen. Ich war unbekleidet … Ich sank irgendwo hier zusammen, an einer Wand. Nach einiger Zeit, kam diese junge Frau, von der ich inzwischen weiß, dass es die Tochter des Grafen war. Sie trug eine Fackel. Sie hat mich gesehen, sie rief nach ihrem Vater, dann ist sie ins Bad gegangen, und kurz darauf hat sie angefangen zu schreien, so wie ich zuvor, aber noch viel lauter, und sie ist weggelaufen. Eine Weile später kamen Wachleute, dann die stumme Dienerin. Mehr weiß ich nicht. Ich habe den Graf nicht umgebracht, und den Dolch habe ich zum ersten Mal gesehen, als wir ihn im Becken gefunden haben. Ich möchte zurück in meine Heimat. Aber Ihr werdet mich nicht gehen lassen. Ihr werdet mich töten.

Kara
    Nach der Befragung des Vikars war ich traurig und müde. Traurig, weil ich spürte, dass ich von nun an nichts mehr für mich tun konnte. Was ich hatte tun können, war getan worden. Müde, weil ich in der Nacht zuvor unruhig geschlafen hatte.
    Der Wind hatte inzwischen nachgelassen, aber der Regen hielt immer noch an, und ich legte mich nieder. Ich träumte den wahren Traum der letzten Nacht, der unterbrochen worden war, weiter.
    Ich sehe die fliegende Mähne des Rosses im Galopp. Ich halte die Zügel in beiden Händen, ziehe mal mit der linken und mal mit der rechten Hand daran. Vor mir, in einiger Entfernung, reiten meine drei Brüder, die zwei, drei und vier Jahre älter sind als ich, der älteste von ihnen ist sechzehn. Sie jagen, lange Fangseile schwingend, einer Herde von wilden Pferden nach und kämpfen darum, wer von ihnen als Erster erfolgreich ist. Immer wieder werfen sie die Seile aus, doch die wilden Pferde sind schneller und geschickter als sie.
    Ich halte mich im Hintergrund. Ich dürfte noch nicht einmal allein auf einem Pferd sitzen, aber ich habe mir heimlich das Reiten selbst beigebracht.
    Dann greife ich doch noch ein. Ich presche vor, überhole den vierzehnjährigen und den fünfzehnjährigen Bruder, jetzt wetteifere ich mit dem Sechzehnjährigen. Er sieht mich und schimpft, ich solle mich davonmachen. Ich werfe mein Fangseil – vorbei. Mein Bruder wirft das seine – vorbei. Wir reiten beide mitten in die Herde, die Rösser stieben auseinander. In dem Gewirr ist es schwierig, den Überblick zu behalten. Manche Rösser sind plötzlich ganz dicht bei mir, dann sehe ich wieder gar nichts außer dem gelben Staub der Steppe.
    Da – mein Bruder. Er hat sich dasselbe Pferd wie ich ausgesucht, einen jungen Schimmel, wir nähern uns sowohl einander an als auch dem gemeinsamen Ziel. Er wirft –

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