Die Sündenheilerin (German Edition)
»Das ist gefährlicher, als sich mit roten Räuberbräuten einzulassen.«
»Immerhin hatte sie nicht die Absicht, mich umzubringen.«
»Wer weiß. Vielleicht hat der Graf nur eingegriffen, um Schwester Ludovikas persönlichen Kreuzzug zu verhindern. Hast du nicht das Feuer des Glaubens in ihren Augen lodern gesehen? Die gibt nicht eher auf, bis du bekehrt bist und deine Taufe mit einem Becher Wein und einem saftigen Spanferkel feierst.«
»Die Vorstellung bereitet dir wohl Spaß.«
»Mehr als manch anderes hier.« Doch dann wurde Philip wieder ernst. »Ich wüsste zu gern, welches Leiden die Gräfin quält. Magst du dich morgen ein wenig umhören, während ich der roten Räuberbraut aufwarte?«
»Ich kann es versuchen. Hast du einen Verdacht, was es sein könnte?«
Erleichtert nahm Philip zur Kenntnis, dass Said ihn nicht mehr von seinem Treffen mit Thea abzubringen versuchte.
»Nicht den geringsten.« Er schloss den hölzernen Fensterladen. Der Himmel war nicht mehr so klar wie in den Nächten zuvor. Es roch nach Regen.
Sein Gefühl hatte ihn nicht getrogen. Feiner Nieselregen tauchte das Land in ein fades Grau, als er seinen Rappen am folgenden Morgen aus dem Stall holte und dem Treffen mit der roten Thea entgegenritt. Er zog den Umhang fester um die Schultern und die Kapuze über den Kopf. Diesmal begegnete er keinem Menschen, bis er jene Stelle des Hohlweges erreichte, an dem er am Tag zuvor die Aufmerksamkeit der Räuber auf sich gezogen hatte.
Der Regen war unterdessen heftiger geworden, und so lenkte er sein Pferd unter eine große Eiche mit ausladenden Ästen. Ob sie wirklich käme? Trotz der dichten Baumkrone blieb er nicht vor dicken Regentropfen verschont. Sein Rappe schnaubte und schüttelte unwillig die feuchte Mähne. Wie lange sollte er warten? Vielleicht hatte sie sich doch nur einen Spaß mit ihm erlaubt?
Da zerriss ein scharfer Pfiff die Luft. Er wandte sich um und erkannte Thea auf ihrem Schimmel.
Lächelnd galoppierte sie ihm entgegen. Augenscheinlich kam sie tatsächlich ohne ihre Bande.
»Habe ich dich warten lassen, schöner Mann?«
»Nicht über Gebühr.«
»Ich musste mich erst vergewissern, dass du wirklich allein bist.«
»Ich wüsste niemanden, mit dem ich deine Gegenwart teilen möchte.« Er schenkte ihr sein verführerischstes Lächeln.
»Komm mit!« Sie wendete ihr Pferd und galoppierte den Hohlweg hinauf. Er folgte ihr. Nach wenigen Galoppsprüngen verließ Thea den vorgegebenen Pfad und trieb ihr Pferd die Böschung hinauf.
»Bleib dicht hinter mir, damit du den Weg nicht verfehlst.«
Sie durchquerten den dichten Wald, der kaum mehr als eine schmale Schneise freigab. Die Hufe der Pferde versanken zwischen dichten Farngewächsen, die aus dem Boden wucherten, und er musste aufpassen, dass ihm keine Zweige ins Gesicht schlugen. Der Regen hörte langsam auf, aber der Himmel blieb grau.
Schon bald erreichten sie ihr Ziel. Es war eine kleine Hütte inmitten einer Lichtung, wie sie von Köhlern oder Holzfällern bewohnt wurde. Thea ritt bis vor die Tür, dann sprang sie geschmeidig aus dem Sattel und band ihr Pferd an einem kleinen Pfosten an. Philip tat es ihr nach.
Sie öffnete die Tür und ließ ihn eintreten. Einen Moment lang hatte er vermutet, sie lebe hier, aber der muffige Geruch verriet ihm, dass dieses Haus schon lange leer stand, mindestens seit einem Winter.
»Es mag kein orientalischer Palast sein, aber es erfüllt seinen Zweck.« Sie musterte ihn mit leuchtenden Augen. Wie eine Löwin ihre Beute.
»So? Ich bin gespannt.«
»Holst du uns etwas Holz von draußen?« Sie wies auf die erloschene Feuerstelle. Er nickte und folgte ihrem Wunsch. Als er zurückkam, hatte sie am anderen Ende der Hütte ein weiches Lager aus Schaf- und Hirschfellen geschaffen. Vermutlich nutzte sie diese Hütte häufiger als Liebesnest.
Sorgsam schichtete er das Holz auf und entfachte das Feuer neu. Das Spiel der Leidenschaften kannte er zur Genüge, doch war stets er der Eroberer gewesen, noch nie hatte er sich einer Frau wie Thea gegenübergesehen. Eine reizvolle Abwechslung, der er sich gern ergeben würde.
Auf einmal spürte er sie in seinem Rücken, wie sie sich an ihn schmiegte und ihm die Hände um die Brust schlang. Ihr Atem glühte heiß in seinem Nacken.
»Dich zu töten, wäre wirklich eine Verschwendung«, flüsterte sie.
»Hattest du es denn tatsächlich vor?« Er wand sich aus ihrem Griff, drehte sich um und zog sie an sich, bis ihre Gesichter sich fast
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