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Die Sündenheilerin (German Edition)

Die Sündenheilerin (German Edition)

Titel: Die Sündenheilerin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Metzenthin
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auf. »Und wenn Dietmar es erfährt? Ich glaube kaum, dass er mit uns gnädiger verfahren wird als mit seinem Halbbruder. Er weiß, dass Burg und Titel mir zustünden.«
    »Aber du willst das Erbe doch gar nicht antreten.«
    »Nein«, bestätigte Philip. »Aber Dietmar wird mir nicht glauben. Außerdem würde er Fragen stellen. Nach meinem Vater …« Er brach ab. Ein staubiger Geschmack hatte sich auf seine Zunge gelegt. Wüstensand …
    Er schluckte, wollte ihn loswerden, doch die Erinnerungen waren schneller. Das Schnauben der Pferde, das sich mit dem Klirren der Kettenhemden und dem Knarren des Sattelleders mischt. Donnernde Hufe, die alle in dichte Staubwolken hüllen. Das Gewicht der Lanze. Der Geruch von Pferden, Leder und geöltem Eisen. Männer johlen, lachen, feuern ihn an. Ein Ruck geht durch seinen Rappen. Die Lanze splittert, ein grauenvoller Schrei …
    »Philip?« Der kleine Araber berührte ihn sacht an der Hand.
    Langsam hob Philip den Kopf, suchte den Blick des Freundes. Erkannte dessen Sorge.
    »Es ist alles in Ordnung«, versuchte er ihn zu beruhigen.
    »Mach mir nichts vor, Philip. Die Schatten jagen dich häufiger, als du zugibst.«
    Niemand kannte ihn so gut wie Said.
    »Nicht so häufig wie früher.«
    »Lass nicht zu, dass sie dich in die Finsternis zurückziehen.« Jetzt lag mehr als nur Sorge in Saids Gesicht. Fast schon Schmerz.
    Philip zwang sich zu einem Lächeln. »Ich verspreche es dir.« Er klopfte Said kurz auf die Schulter, atmete tief durch und ging zur Tür.
    »Willst du Frau Helena wirklich noch um diese Stunde einen Besuch abstatten?«
    »Ich könnte heute Nacht nicht ruhig schlafen, wenn ich sie nicht gewarnt hätte. Ganz gleich, ob sie mir glaubt oder nicht.«
    »Vielleicht kann sie dir helfen.«
    Philip blieb stehen, den Türknauf schon in der Hand. »Was meinst du damit?«
    »Es heißt doch, sie vertreibe die Schatten, die auf den Seelen der Menschen liegen. Warum nicht auch deine?«
    Philip schluckte. »Das liegt in niemandes Macht. Ich werde für immer mit dem leben müssen, was ich getan habe.« Bevor Said ihm antworten konnte, hatte er die Tür von außen geschlossen. Niemals wäre er auf den Gedanken gekommen, sich einem Fremden anzuvertrauen. Schlimm genug, dass es jeder in Alexandria wusste. Er hatte alle Spielarten menschlicher Anteilnahme erlebt, angefangen beim Mitleid bis hin zur Häme. Eines war so schlimm wie das andere. Nichts vermochte seine Schuld und seinen Schmerz zu lindern.
    Frau Helena hatte sich schon zur Ruhe begeben. Er hätte auf Said hören sollen, denn plötzlich kam es ihm unangemessen vor, zu so fortgeschrittener Stunde bei ihr anzuklopfen. Doch nun war es zu spät. Schneller als erwartet, öffnete sie die Tür. Vielleicht weil sie glaubte, jemand brauche ihre Hilfe?
    »Ihr, Herr Philip?« Unter dem hastig übergeworfenen Umhang leuchteten ihre blonden Strähnen keck hervor. Wie in der ersten Nacht, als die Schreie der Gräfin die Burg erschüttert hatten.
    »Was wollt Ihr von mir?«
    »Verzeiht die Störung zu dieser ungebührlichen Zeit. Erlaubt Ihr mir, einzutreten?«
    Er wartete ihre Antwort gar nicht ab, sondern drängte sich sofort in die Kammer.
    »Was fällt Euch ein?« Ihre Augen blitzten. Wenn Thea ihn so mit Blicken durchbohrt hätte, wäre er mehr als einen Schritt zurückgewichen, bei Frau Helena indes musste er mit keiner plötzlichen Schwertattacke rechnen.
    »Vergebt mir, es ist wirklich wichtig, sonst hätte ich es niemals gewagt.«
    »Dann sprecht und geht danach.«
    Er schloss die Tür. Sie zuckte zusammen. Befürchtete sie, er werde ihr etwas antun?
    »Hört mir gut zu, Frau Helena. Ich riet Euch vor einigen Tagen, Burg Birkenfeld möglichst bald zu verlassen. Ihr habt meiner Warnung nicht entsprochen, ich verstehe das. Ich bin nur ein Fremder, Ihr wisst nicht, was Ihr von mir zu halten habt. Aber heute muss ich Euch erneut bitten, Birkenfeld zu verlassen. Am besten gleich morgen früh bei Sonnenaufgang.«
    »Weshalb sollte ich meine Meinung ändern, Herr Philip?« Die Art, wie sie seinen Namen betonte, gab ihm das Gefühl, wie ein Sünder vor Gericht zu stehen. Er räusperte sich. Gewöhnlich fiel es ihm nicht schwer, in Gegenwart einer Frau die rechten Worte zu finden. Doch in diesem Augenblick fühlte er sich hilfloser als an jenem Tag, da Thea ihn mit ihren Räubern gestellt hatte.
    »Ich fürchte, ich weiß, wer hinter dem Überfall auf Euren Hochzeitszug vor einem Jahr steckt.«
    Die zornige Röte wich aus ihren

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