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Die Sünderin

Die Sünderin

Titel: Die Sünderin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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Hand eine brennende Kerze und in der anderen ein Holzkreuz. Und die Figur am Kreuz war nur angeklebt.
    Der Erlöser!
    Sein Name war Georg Frankenberg? Sein Name war nicht wichtig. Trotzdem ließ sie ihn wie ein Echo vor Mutters Gesicht, der Kerze und dem Kreuz vorbeiziehen und wartete, ob irgendwo eine Verbindung hergestellt wurde. Es war so ein Gefühl, dass der Chef sich zufrieden geben und sie in Ruhe lassen würde, wenn sie sagte: «Ach, da fällt mir gerade ein, ich kannte ihn doch.»
    Aber das Echo verhallte, hinterließ nirgendwo einen Hauch. Es musste von ihrem Blick abzulesen sein. Da war pure Ungläubigkeit in der Stimme des Chefs. «Sagt Ihnen der Name wirklich nichts?»
    «Nein.»
    Er seufzte, kratzte sich am Hals und warf dem Mann im Sportanzug einen raschen und unsicheren Blick zu. Der verhielt sich still und betrachtete die Pflanzen auf dem Schreibtisch.
    Sie schienen bereits ein wenig praller. Vielleicht war es Einbildung, aber sie meinte zu sehen, wie die schlaffen Blätter neue Kraft aus der feuchten Erde saugten. Wasser war das Lebenselixier schlechthin. Vater hatte früher oft erzählt von der harten Schicht im Heideboden, die erst durchbrochen werden musste, damit das Wasser nicht davonlief, wenn es regnete.
    Aber hier ging es nicht um den Heideboden, und die Stimme des Chefs verhinderte, dass sie sich an Vaters Geschichtenfesthielt. «Sie wollen uns also erzählen, dass da ein Fremder war. Ein Mann, den Sie noch nie zuvor gesehen hatten. Und nur weil er mit seinen Freunden laute Musik hörte, haben Sie auf ihn eingestochen wie eine Irre.»
    «Sagen Sie nicht so was», fuhr sie ihn an. «Ich bin nicht verrückt. Ich bin völlig normal.»
    Der Mann im Sportanzug räusperte sich verhalten und schob seinen Notizblock über die Schreibtische. Er beugte sich vor und flüsterte dem Chef etwas zu. Dabei tippte er auf eine Stelle.
    Der Chef nickte und hob den Kopf wieder. «Sie haben sich nicht über die Musik geärgert, nur über das, was die beiden miteinander trieben, nicht wahr? Sie sagten ja eben, er sei über die Frau hergefallen. So war es aber nicht. Georg Frankenberg hat nichts weiter getan, als Zärtlichkeiten mit seiner Frau auszutauschen. Und die Initiative ging eindeutig von seiner Frau aus. Sie haben auf ihn eingestochen mit den Worten: ‹Hört auf, ihr Schweine.› Damit waren doch beide gemeint, oder?»
    Von all den Worten blieben nur zwei haften, steckten ihr wie ein Kloß in der Kehle. Nur mit Mühe schaffte sie es, sie herauszuwürgen. «Seine Frau?»
    Der Chef nickte. «Georg Frankenberg war erst seit drei Wochen verheiratet. Vorgestern sind sie von ihrer Hochzeitsreise zurückgekommen. Sie waren sozusagen noch in den Flitterwochen und sehr verliebt ineinander. Da ist es normal, dass man Zärtlichkeiten austauscht. Und auch wenn man es in der Öffentlichkeit tut, daran nimmt heutzutage niemand mehr Anstoß. Nur Sie haben sich darüber aufgeregt. Warum, Frau Bender? Was hat Sie auf die Idee gebracht, Georg Frankenberg könne seine Frau schlagen?»
    Georg Frankenberg? Irgendetwas stimmte nicht. Irgendetwas war nicht so, wie sie es instinktiv erwartet hatte. Es war dasselbe irritierende Gefühl wie gleich nach der Tat, als dieweißblonde Frau ihre Hand wegstieß. Seine Frau! Es verwirrte sie vollends.
    «Hören Sie», sagte sie. «Es bringt nichts, wenn Sie mir so etwas erzählen und blöde Fragen stellen. Ich sage jetzt nichts mehr. Wir können eine Menge Zeit sparen, wenn Sie mein Geständnis aufnehmen. Ich habe den Mann getötet. Mehr kann ich nicht sagen.»
    «Mehr wollen Sie nicht sagen», sagte der Chef. «Aber wir haben ja bereits ein paar Aussagen. Und einer der Zeugen erklärte, Sie hätten Frau Frankenberg nach der Tat in die Arme nehmen wollen. Sie haben auch zu ihr gesprochen. Erinnern Sie sich an das, was Sie gesagt haben?»
    Jetzt war er wütend. Es kümmerte sie nicht. Georg Frankenberg! Und seine Frau! Wenn der Chef es sagte, musste es wohl so sein. Warum sollte ein Polizist lügen? Davon hatte er nichts. Und Gereon hatte nicht einmal mehr einen Blick für sie gehabt.
    Wahrscheinlich saß er jetzt gemütlich vor dem Fernseher und schaute sich einen Film an. Das war sein Leben, Arbeit und Filme. Aber es war eher anzunehmen, dass er noch mit seinen Eltern im Wohnzimmer saß. Und alle waren wütend auf sie. Der Alte sagte: «Sie war ein Luder. Das habe ich schon gesehen, als sie zum ersten Mal hier durch die Tür kam. Wir hätten sie dahin zurückschicken sollen, wo sie

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