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Die Supermarkt-Lüge

Die Supermarkt-Lüge

Titel: Die Supermarkt-Lüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Zipprick
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­traditionelle Spezialität), g.U. (geschützte Ursprungsbe zeichnung) und g.g.A. (geschützte geographische Anga be) in den Europafarben Blau und Gold.
    Die garantiert traditionelle Spezialität (g.t.S.) bezieht sich nicht auf einen geographischen Ursprung, sondern hebt die traditionelle Zusammensetzung des Produkts oder ein traditionelles Herstellungs- und/oder Verarbeitungsverfahren hervor.
    Die geschützte Ursprungsbezeichnung (g.U.) besagt, dass Erzeugung, Verarbeitung und Herstellung eines Produkts in einem bestimmten geographischen Gebiet nach einem anerkannten und festgelegten Verfahren erfolgen müssen.
    Bei der geschützten geographischen Angabe (g.g.A.) ­besteht eine Verbindung zwischen mindestens einer der Produktionsstufen, der Erzeugung, Verarbeitung oder Herstellung und dem Herkunftsgebiet oder es kann sich um ein Erzeugnis mit besonderem Renommee handeln.
    Soweit die offizielle Definition – was jedoch »traditionell«, »anerkannt« oder »festgelegt« ist, entscheiden Zusammen­schlüsse von Herstellern vor Ort. Einige nehmen ihre Aufgabe sehr ernst und erklären in ihrem Antrag auf Erteilung eines Gütesiegels traditionelle Herstellungsverfahren und die Geschichte eines Lebensmittels bis ins ­Detail. Andere machen es sich leicht. So ist für die Herstellung eines »Halberstädter Würstchens« g.g.A., also geprüfte geographische Angabe, neben 45 Prozent Schwein, 15 Prozent Rind und 15 Prozent Schweinespeck auch die Zugabe von »circa zwei Prozent Zusatzstoffen« vorgeschrieben. Die Güte­siegel-Wurst wurde schon im Antrag an die moderne Welt der Lebensmittelverarbeitung angepasst.
    Das blaue MSC -Siegel (für Marine Stewardship Council) verspricht, dass Fische aus einem nachhaltig bewirtschafteten Bestand stammen. Der MSC wurde 1997 vom WWF und Unilever gegründet und steht seit 2009 regelmäßig in der Kritik: MSC-Siegel pappen auch auf Fischprodukten, die aus der besonders umstrittenen Grundschleppnetz­fischerei stammen. Dabei durchpflügen Netze mit Scherbrettern den Meeresboden auf der Jagd nach wenigen Fischarten und zerstören quasi nebenbei ein gewachsenes Ökosystem.
    Der Fischereibiologe Dr. Rainer Froese vom GEOMAR, dem Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel, und der Rechtswissenschaftler Professor Alexander Proelß von der Universität Trier haben 2012 scharfe Kritik am MSC geäußert: »Nur etwa die Hälfte der MSC-zertifizierten Produkte stammte aus nachweislich gesunden Beständen mit angemessen niedrigem Fischereidruck. Etwa ein Drittel der zertifizierten Fischbestände war zu klein und wurde gleichzeitig zu hart befischt. Die übrigen Bestände waren entweder zu klein, zu hart befischt oder es lagen keine belastbaren Informationen vor. Wie es dem Fischbestand eigentlich geht, wird bei der Vergabe zu schwach bewertet. Das fließt nur zu rund 8 Prozent ein, sonst geht es vor ­allem um Verwaltung etc.«
    Froese und Proelß zweifeln auch an der Unabhängigkeit der Gutachter, die Fischereien zertifizieren. Bezahlt werden diese nämlich von Fischereiunternehmen. Je mehr zertifiziert wird, desto üppiger sprudeln natürlich die Einnahmen. Auch der MSC finanziert sich nicht allein aus Spenden, sondern außerdem über Lizenzgebühren für zer tifizierte Produkte. Mit der Zahl der zertifizierten Bestände steigen also ebenfalls die Einnahmen des MSC. Vom 1. April 2010 bis zum 31. März 2011 erzielte der MSC nach eigenen Angaben Einnahmen in Höhe von 12,7 Millionen britischen Pfund. 49 Prozent davon stammten aus Lizenzgebühren. Während des gleichen Zeitraums wurden 9,4 Millionen Pfund ausgegeben. Der MSC streitet alle Vorwürfe ab.
    Wesentlich besser schneidet der MSC-Konkurrent FOS (Friends of the Sea) in der Froese/Proelß-Studie ab. Während laut der Studie 31 Prozent der MSC-zertifizierten Bestände überfischt sind, fällt dieser Prozentsatz beim FOS-Label mit zwölf Prozent deutlich geringer aus.
    Das Safe -Siegel steht für »delphinfreundlich« gefan­genen Thunfisch. Zwar behauptet inzwischen fast jede Thunfischdose, sie sei »delphinfreundlich«, geprüft wird das freilich nicht. Anders beim Safe-Siegel, das in Deutschland von der Gesellschaft zur Rettung der Del­phine e.V. (GRD) vergeben wird. Safe-Thunfisch wurde nicht mit Treibnetzen oder durch das Setzen von Netzen um Delphinschulen gefangen.

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