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Die Tätowierung

Die Tätowierung

Titel: Die Tätowierung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Tursten
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Irene gerne ver m ieden, wusste aber, dass dies reines Wunschdenken war.
    »Doch … sind wir auch. Aber m ein e m Kollegen ging es heute Morgen nicht gut. Ich hielt es für besser, ihn ausschlafen zu lassen.«
    »Braucht er einen Arzt?«
    Die Kom m i ssarin k l ang besorgt. Irene räusperte sich verle g en, e h e sie a n twortete.
    »Nein . E s geh t vermutlic h vo r bei . Allmählic h jeden f alls.«
    »Der hat einen Kater«, sagte Jens Metz halblaut.
    Er blinzelte Irene viel sagend zu. Diese schä m t e sich für Jonny. Vermutlich hat der Kerl nicht ein m al genug Grips, sich selbst zu schä m en, dachte sie zuneh m end verärgert.
    »Dann legen wir ohne Ihren Kollegen los. Sie m üssen später eben versuchen, alles für ihn zu rekapituliere n . Sowohl Jens als auch Peter w a ren im Hotel Aurora d abei, als Isabell L i nd gefunden wurde.«
    Beate Bentsen sah über den Rand ihrer französischen Brille hinweg auf die beiden Inspektoren.
    Jens Metz lehnte sich im S t uhl zurück und faltete seine Wurstfinger über dem Bauch. Die Lehne knarrte Besorgnis erregend, aber Metz schien es nicht zu hören.
    »Donnersta g nach m ittag, also am 20. Mai, wurden wir alar m i ert, dass eine tote Frau im Hotel Aurora gefunden worden sei. Ein paar A n streicher hatten sie entdeckt. Peter und ich k a men um kurz nach halb fünf an den Tatort. Da war der Pathologe bereits zur Stelle und untersuchte die Leiche. Folgendes Bild bot sich unseren Augen. Hier haben Sie die Aufnah m e n.«
    Ächzend beugte Metz sich vor und schüttelte aus einem dicken Hauspostu m schlag ein paar Fotos heraus.
    Irene begann m it d e m Bild, das den ganzen Raum zeigte. Es war von weit oben aufge n ommen. Der Fotograf hatte entweder auf einem hohen S t uhl oder auf einer Leiter gestanden.
    Unter dem vorhanglosen Fenster lag ein u m g e worfener Nachttisch, daneben eine Stehla m pe m i t kaputtem Plastikschirm. Ganz hinten l i eß sich ein Bett erahnen, das parallel zur Wand stand. Im Z i m m e r gab es ein weiteres Bett, das off enbar m itten im Raum platzi e rt war. Auf diesem lag Isabell.
    Irene nahm das nächste Bild. Es handelte sich um eine Vergrößeru n g des Betts, auf dem Isabells aufgeschlitzte Leiche lag.
    Die Hände waren m it Handschellen an die hohen Bettpfosten gefesselt. Sie war vollkom m en nackt und lag m it gespreizten Beinen auf d e m Rücken. Von der Oberkante des Schlüsselbeins bis hinunter zum Scha m bein verlief ein tie f er Sc h nitt. Fa s t m echanisch registri e rte Irene, dass der Schnitt nicht so n derlich ge bl utet hatte. Dagegen gab es große Meng e n Blut unter der L eiche.
    Irene griff zum nächsten Bild: eine Nahaufnah m e der Kopf- und Halspartie. Auf d e m Hals war deutlich der Abdruck einer Schlinge zu erkennen. Isabells Augen waren weit aufgerissen, und die Zunge hing dunkel und geschwollen aus ihrem Mund.
    Es erwischte Irene vollkom m en unvorbereitet. M i t knapper Not gelang es ihr, sich neben dem Pap i erkorb auf die Knie zu werfen und sich in die s en zu ü b er g eben. Das ganze gute dänische Frühstück.
    Dann stand sie m it zitternden Beinen auf und stammelte: »Entschuldigung … aber m it diesem Mädchen hat m eine Tochter jahrelang gespielt … sie wohnte im Na c hbarhaus … hat bei uns übernachtet, saß m it uns beim Es s en …«
    » W ir verstehen. Es ist im m er schwer, wenn m an das Mordopfer kennt«, sagte Beate Bentsen beruhigend.
    Rasch griff sich Irene den Papierkorb und verschwand auf d e m Ko r ridor. Sie wusste, wo die Toilette lag.
    Sorgf ä lti g r e ini g t e s i e d e n Papierkorb . I m Stille n dankt e sie fü r d e n Um st and , d a s s e r a u s P l a s ti k w a r . Ko r b gef l e c h t w ä re unangenehme r ge w e sen . Si e h i el t ih r Ges i ch t unte r das e i s k a l t e W a s s e r un d s pü l t e d e n M u n d a us . I m Spiege l sa h sie i h r ble i che s Ges i ch t un d mu r m e lt e ha l b l a u t : »N i c h t nur , da s s ic h dic h gekann t hab e . E s i s t a u c h m ein e Schuld , das s d u tot bist . Ic h hab e de n Mörde r z u di r geführt . O Bell!«
    Ihr ka m en die Tränen. Aber jetzt war keine Zeit für Trauer. Sie war es Bell s chuldig, dass sie versuchte, objektiv und professionell zu sein. Was würden die Dänen sonst denken? Der eine Schwede verkatert im Hotel, und die andere kotzt, wenn sie Fotos vom Tatort sie h t.
    Die dänischen Kollegen saßen da wie gehabt und hatten sich in der Zwischenzeit alle drei eine neue Zigarette angezündet. Vom Rauch wurde ihr

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