Die Täuschung
und wieso auch nicht? Ich meine, Slayton saß im Pentagon und schmorte voller Wut vor sich hin wegen der Art, wie er und seine Männer in Taiwan verraten worden waren, und dann hörte er von der Ermordung eines amerikanischen Software-Magnaten in Taipeh. Einem anonymen Hinweis zufolge war der Mann ermordet worden, weil er sich durch die Ausnutzung der abscheulichen, von den Chinesen nach der Wiedervereinigung in Taiwan eingeführten Gesetze über Gefängnisarbeit, auf unmoralische Weise bereichert hatte. Vor dem Hintergrund seiner eigenen Erfahrungen interessierte Slayton die Geschichte. Aber er stieß gegen eine Wand, ich meine, es gab keinerlei Spuren. Und dass die chinesische Polizei in einem solchen Fall keine Spuren finden konnte, nun – das bedeutet eine Menge fruchtloser Folter. Aber wie Eli sagt, Larissa hat sich schließlich von Slayton finden lassen, damit sie ihm das Angebot machen konnte.« Jonah wechselte wieder das Thema und zeigte auf die Borde mit den Waffen. »Also, den größten Teil von diesem Zeug werden Sie kaum je benutzen – hoch entwickelte Panzerbrech- und Flugabwehrartillerie, die Rail-Waffen, die Sie bereits gesehen haben, hoch miniaturisierte Atomwaffen …«
»Jonah«, sagte ich, »würde Sie bitte beim The- … Wie bitte ?« Ich trat an ein Bord mit Waffen heran, die wie kleine Druckluftbehälter aussahen. »Atomwaffen? Was zum Teufel haben die hier zu suchen?«
»Sind auch von Slayton«, antwortete Eli. »Als Larissa und Malcolm ihn überredet hatten, die Seite zu wechseln, hat der Mann alles aus dem Pentagon mitgehen lassen, was nicht niet- und nagelfest war. Er hatte die höchstmögliche Unbedenklichkeitsstufe, wissen Sie, weil er …«
»… einer ihrer Spitzenleute im Bereich Waffenforschung und -entwicklung war«, beendete ich den Satz für ihn, weil mir wieder eingefallen war, was Malcolm gesagt hatte. »Aber warum ist er eigentlich übergelaufen?«
»Tja, darüber haben wir anderen eine Menge Spekulationen angestellt«, antwortete Eli. Dann lächelte er, als ich mich vorsichtig – nur mit vorgebeugtem Oberkörper – näher an die Atomwaffen heranwagte. »Ach, keine Angst, Gideon«, sagte er, nahm eine aus dem Bord und warf sie mir zu. Ich fing sie mit einem Aufschrei, und als ich wieder zu ihm hochschaute, sah ich, dass sein Grinsen noch breiter geworden war. »Die sind nicht scharf«, sagte er mit einem Lachen. »Glauben Sie, wir sind total verrückt?« Ich sah ihn zweifelnd an, und er nickte. »Schon kapiert. Aber sie sind wirklich ungefährlich.«
»Na schön, dann spielt ihr doch damit«, antwortete ich und warf ihm den Behälter zurück. »Und erzählt weiter von Slayton – was macht er hier?«
Eli lachte erneut, während Jonah den Faden wieder aufnahm. »Er hatte an einem der Projekte mit der höchsten Priorität in der amerikanischen Militärgeschichte gearbeitet – schon mal was von ›Beeinflussungstechnologie‹ gehört?«
»Nein«, antwortete ich. »Klingt aber nicht besonders tödlich.«
»Vielleicht nicht im konventionellen Sinn«, sagte Jonah. »Im Grunde geht es um die Entwicklung moderner Techniken zur Bevölkerungskontrolle – man sucht nach Möglichkeiten, wie das Militär komplette Gemeinschaften dazu bringen kann, das zu glauben, was das Pentagon will. Sie wissen doch, dass fast die gesamte Einwohnerschaft von Phoenix alle paar Jahre behauptet, in der Stadt hätte es eine UFO-Invasion gegeben. Das ist Slaytons ehemalige Abteilung – sie lassen mit neuartigen Positionslampen ausgerüstete Airforce-Geschwader in hoch synchronen Formationen fliegen.«
»Sie meinen also, nach Taiwan hätte er die Nase voll gehabt vom Staat«, sagte ich, »sich dann, als er sich mit dieser Beeinflussungstechnologie beschäftigt hat, für Eulenspiegeleien zu interessieren begonnen und beschlossen, sich euch anzuschließen?«
»Soweit wir wissen«, antwortete Jonah. »Er war nie der Mitteilsamste, der Colonel. Jedenfalls hat er die Entwürfe für die meisten der Waffen hier mitgebracht – und für einige andere, die Sie später noch sehen werden. Der größte Teil dieser Projekte ist von den Amerikanern wegen Mängeln der Prototypen und Budget-Überschreitung aufgegeben worden, was für Malcolm beides keine großen Probleme bedeutete.«
Ich holte tief Luft, während ich weiterhin die ganzen Gerätschaften um mich herum betrachtete. »Und wie ging es dann weiter?«, fragte ich. »Mit eurer Arbeit, meine ich.«
»Dann ist richtig Bewegung in die Sache gekommen.«
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