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Die Täuschung

Die Täuschung

Titel: Die Täuschung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caleb Carr
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rollte seinen Stuhl neben dem Colonel in Position. »Aber sie sind offenbar mehr denn je bereit, das Risiko einzugehen – was mich nicht überrascht.«
    Ich war einen Moment lang verwirrt, aber Eli drehte sich kurz um und erklärte: »Vor fünfzehn Minuten haben wir einen malaysischen Funkspruch aufgefangen, in dem es hieß, dass sich jemand mit dem einzigen B-2-Bomber davongemacht hat, den sie noch besaßen – er hat auf einem abgelegenen Flugplatz gestanden, weil der einzige malaysische Pilot, der ihn fliegen konnte, getötet worden war. Jedenfalls gab es viel verstümmeltes, panisches Geschrei, und unter anderem war auch die Rede von einer Atombombe.«
    »Eshkol«, sagte Larissa. »Der Mistkerl kann auch fliegen ?«
    »Er ist ein voll ausgebildeter Geheimagent«, antwortete Jonah mit einem Nicken. »Wir sind ihm auf den Fersen, aber die Malaysier haben auch über euch vier gesprochen – und darüber, was sie von unserem Schiff gesehen haben. Die Amerikaner sind ihren eigenen Funksprüchen zufolge zu dem Schluss gekommen, dass das geheimnisvolle Gefährt, von dem sie all die Monate gehört haben und auf das sie gelegentlich gestoßen sind, bei dieser B-2-Sache ebenfalls mitmischt. Wahrscheinlich wird es auf diesem Flug also ganz schön heiß hergehen.«
    »Aber wieso denn?«, fragte ich. »Auf ihren Radarschirmen können sie uns nicht sehen.«
    »Nein«, fuhr Jonah fort, »aber wir müssen Eshkols Flugzeug folgen …«
    »Einem alten amerikanischen Modell«, sagte Slayton, »mit dessen Tarnkappensystemen die amerikanische Luftwaffe schon fertig geworden ist, als sie es noch selbst benutzt hat. Sie glauben, dass wir Eshkol mit unserem Schiff begleiten, nicht, dass wir ihn jagen. Sie werden sich auf ihn konzentrieren und nach Luftturbulenz-Mustern suchen, die dem entsprechen, was sie auf ihren Monitoren gesehen haben, als wir aus dem Wasser gekommen sind.«
    »Wenn das so ist, müssen wir dann so nah bei Eshkol bleiben?«, fragte Larissa. »Wir könnten ihn doch von der Stratosphäre aus verfolgen …«
    »Wo wir zu weit entfernt wären, um ihn daran zu hindern, etwas Unbesonnenes zu tun«, warf Malcolm ein.
    Larissa erwog das mit einem Nicken. »Dann schießen wir ihn doch ab.«
    »Mag sein, dass die Amerikaner bereit sind, radioaktiven Fallout zu riskieren«, antwortete Malcolm, »aber ich bin es nicht. Nein, Schwester, diesmal haben uns die Idioten, fürchte ich. Jedenfalls fürs Erste.«
    »Nur fürs Erste?«, fragte ich. Die Explosionen rings ums Schiff erschreckten mich, aber Malcolms Eingeständnis eines wenn auch nur kurzfristigen Nachteils beunruhigte mich noch mehr. »Was soll das heißen? Was können wir später tun?«
    »Das hängt von Eshkols Atombombe ab«, sagte Eli. »Julien studiert gerade die Pläne. Wenn sie elektronische Bauteile hat, die problemlos deaktiviert werden können …«
    »Sein Flugzeug hat solche Bauteile, das wissen wir«, fügte Jonah hinzu.
    »Dann«, fuhr Eli fort, »können wir ihn mit einem Impuls treffen.«
    »Einem Impuls?«, fragte ich und dachte zuerst an die psychologische Bedeutung des Begriffs; dann fiel mir wieder ein, auf welchem Schiff ich reiste. »Einem elektromagnetischen Impuls«, sagte ich aufatmend, als mir klar wurde, dass wir vielleicht doch noch eine Chance hatten.
    Dieses Gefühl verstärkte sich noch, als Julien auf einmal hereinplatzte. »Tonnerre!« , rief er, offenbar selbst ein wenig erstaunt. »Es wird funktionieren!«

40
    I n den nächsten Stunden wurden die Hoffnungen, die der bewundernswerte Plan meiner Schiffskameraden geweckt hatte, von Dov Eshkols scheinbar unerschöpflicher Gerissenheit samt und sonders zunichte gemacht. Es stellte sich schnell heraus, dass sein zugegebenermaßen brillanter Fluchtplan auf einigen grundsätzlichen Erwägungen beruhte: Zunächst einmal würde die UN-Allianz jemanden wohl kaum mit einem B-2-Bomber – einem vielleicht veralteten, aber dennoch tödlichen Stück Technologie – aus Malaysia wegfliegen lassen, ohne ihn zu verfolgen, um ihn abzufangen oder, falls sich das als unmöglich erwies, zu erledigen. Und bei einem Luftkampf hätte Eshkol keine Chance gegen die Geschwader modernerer Maschinen. Deshalb war das Flugzeug selbst die einzige echte Waffe, die ihm zur Verfügung stand: Wenn er sich immer über besiedelten Gebieten hielt und darauf verzichtete, ein Gefecht zu erzwingen, würde kein Staat der Welt einen Einsatz seiner Luftwaffe riskieren, bei dem die Erdoberfläche mit einer brennenden Masse von

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