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Die Tarnkappe

Die Tarnkappe

Titel: Die Tarnkappe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Orths
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Lieber.«
    Es erschien der Arbeitsbereich des Computers, Zahlenreihen vor schwarzem Hintergrund, Gregor tippte etwas, drückte Enter, lehnte sich zurück, und eine Tapetentür in der Wand öffnete sich.
    »Und dafür brauchst du den Laptop?«
    »So ist es.«
    »Für sonst nichts?«
    »Für sonst nichts.«
    Sie betraten einen Gang, Gregor machte Licht, rotblaue Fliesen, steril, irreal. Die Decke weiß verputzt, mit Beleuchtungsquellen in geringem Abstand. Die Tür schloss sich hinter ihnen. Simon folgte Gregor, und sie gelangten in einen Raum, in dem jede Menge Geräte, Computer, Maschinen standen, Licht strömte aus Neonröhren.
    »Stell dir vor«, sagte Gregor, »du stehst an einem Fluss. Auf einem Steg. Du schaust in den Fluss. Du siehst einen Fisch. Wo befindet sich der Fisch?«
    »Im Wasser.«
    »Ich meine: Schwimmt der Fisch dort, wo du ihn siehst?«
    »Wo sonst?«
    »Wahrnehmung, Augen, Licht, das ist alles Täuschung, du siehst nicht die Dinge, wie und wo sie sind, sondern wie und wo sie dir erscheinen. Der Fisch, sag ich dir, befindet sich ein Stück weiter weg von dem Punkt, an dem du ihn zu sehen glaubst. Das Auge rückt ihn nur scheinbar näher an uns heran. Warum? Das Licht wird an der Wasseroberfläche gebrochen. Schon mal von gehört? Das ist ein natürlicher Vorgang, man benutzt das für Mikroskope. Weißt du, wie ein Mikroskop funktioniert?«
    »So ungefähr.«
    »Nur durch die Brechung des Lichts ist eine Vergrößerung möglich. Man entwickelt immer bessere Mikroskope. Dazu brauchst du Prismen aus einem Stoff, der das Licht nicht nur einfach bricht, sondern immer stärker. Wenn es gelänge, ein Material zu entwickeln mit negativem Brechungsinde x …«
    »Mit was?«
    »Das Licht wird nicht nur gebrochen, es wird sozusagen zurückgebrochen. Der Strahl wird nicht nur stärker geknickt, sondern nach hinten. Er trifft auf das Material und ändert seine Richtung. Das nennt man negativen Brechungsindex.«
    »Was hat das mit der Kappe zu tun?«
    »Metamaterial. So nennt man das Material, das über die Eigenschaften verfügt, die wir suchen, das sind allerkleinste Materialien. Stell dir ein Haar vor, ein menschliches Haar, eins von den Haaren, die dir ausgefallen sind in den letzten Wochen, ein einfaches Haar, und jetzt teile das Haar und teile es noch mal und noch mal und schneide es in tausend kleine Streifen. Kannst du dir das vorstellen?«
    »Nein.«
    »So klein muss ein Metamaterial sein, damit es taugt. Man spricht von Nanometern. Ein Nanometer ist ein Millionstel Millimeter. Das sind Dimensionen, die nur schwer zu denken sind. Jason Valentine, Forscher in Berkeley, ich höre mir das an und lache laut, kalter Kaffee, Valentine und sein Team haben Schichten von Silber und Magnesiumfluorid aufeinandergelegt: nanometerkleine Schichten, ein Netz aus hyperwinzigen Maschen, kleiner als die Wellenlänge des Lichts. Jetzt schneiden die Forscher das Ding auf, mit einem Strahl aus geladenen Teilchen, sie schneiden ein Prisma aus dem Stoff und lassen Licht auf das Prisma treffen, und weil die Maschen kleiner sind als die Wellenlänge des Lichts, reagiert der Stoff wie ein kompakter Körper. Das Licht wird gebrochen: negativ. Wechselt seine Richtung. Die schaffen es heute schon bei Mikrowellen und bei Infrarotlicht, aber noch nicht beim Sonnenlicht. Ich dagegen hab es schon vor fünf Jahren beim Sonnenlicht geschafft.«
    »Ich weiß nicht, worauf du hinauswillst.«
    »Stell dir einen Stock vor, der im Wasser steckt: Das Wasser umfließt den Stock und trifft hinterm Stock wieder zusammen. Der Fluss fließt weiter, als würde es den Stock nicht geben. Genauso das Licht: Es trifft auf den Gegenstand, knickt ab, aber hinter dem Gegenstand, da fließt es weiter, als wäre nichts geschehen. Alles, was von diesem Metamaterial bedeckt wird, ist nicht zu sehen, ist unsichtbar, es gibt auch keinen schwarzen Fleck. Das Auge reagiert so, als wäre da nichts. Die Jungs aus Berkeley haben das zufällig rausgefunden, auch ich habe vieles zufällig rausgefunden. Was glaubst du, wie viel man in der Wissenschaft durch Zufälle rausfindet?«
    »Du meinst, wenn man so ein Material herstellen könnte, wäre man in der Lage, Dinge verschwinden zu lassen?«
    »Genau.«
    »Und du willst sagen, dir ist es gelungen?«
    »Ich hatte schon vor Jahren den Prototyp einer Kappe, es war für mich kein Problem, Dinge unter der Kappe zum Verschwinden zu bringen, aber ich wollte den ganzen Menschen verschwinden lassen, und ich muss sagen, dass mir

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