Die Tarotspielerin: Erster Band der Tarot-Trilogie (German Edition)
sagte der Bote und sparte sich sein Lächeln auf, bis er das Büro seines Meisters verlassen hatte.
Aleander gab seinem Sekretär einige Anweisungen. An erster Stelle stand ein Schreiben an den Magistrat, mit der Bitte, seinen verschollenen Bruder Adrian für tot zu erklären und ihn, Aleander, als seinen Erben einzusetzen.
Als die Glocken der nahen Pfarrkirche die zehnte Stunde einläuteten, beendete er die Arbeit. Er gab seinem Sekretär einen letzten Befehl. »Legt eine Akte über einen gewissen Corriano, den Uhrmacher des Erzbischofs, an.«
Der Sekretär hob fragend die Brauen. »Ihr meint den Corriano, der auch für den Kaiser arbeitet? Ein angesehener Mann.«
»Er stellt Teufelswerk her, hat den Erzbischof verblendet. Ich selbst war Zeuge. Untersucht seine Werkstatt, prüft seine genaue Herkunft, irgendetwas wird sich gegen den Mann finden lassen. Ich befürchte Schlimmstes! Wir können unseren Bischof unmöglich in die Fänge eines Zauberischen geraten lassen, nicht wahr?«
Der Sekretär verzog die Lippen zu einem wissenden Lächeln, verneigte sich tief und ging.
Aleander war zu müde, um Mariflores’ Buch genauer zu studieren. Er entschloss sich, dem Konvent der Reuerinnen einen Besuch abzustatten. Während er die dunklen Gassen zur Rua da Virxe Cerca nahm, wo jenseits der Stadtmauer das Kloster lag, ging er in Gedanken die jungen Frauen durch, die im Konvent seine spezielle Zuwendung genossen.
Estrella war längst zu willig. Maddalena ein schlichtes Gemüt, vielleicht Lunetta? Sie war noch ein Kind. Aber: Mit nichts könnte er Zimenes schärfer treffen. Mit nichts. Es würde diesen arroganten Kerl umbringen. Erschrocken hielt Aleander inne. Er tat so, als lebte dieser Mensch noch! Verstohlen schaute er sich in der Gasse um, die die Hitze des Tages abstrahlte.
Erwischte sich Schweiß von der Stirn. Das musste aufhören. Es musste aufhören! Entschlossen setzte er seinen Weg fort. Beim Kloster der Reuerinnen angelangt, nahm er die Seitenpforte, von der eine Treppe in die Bußkeller führte. Die Nonne, die zur Nachtwache eingeteilt war, errötete kurz, dann blinzelte sie ihm zu. Es war Estrella oder Schwester Katharina, wie sie nun hieß. Willig, zu willig, von Anfang an. Aleander stieg grußlos in die kühlen Keller hinab.
Ein von Wandfackeln beleuchteter Gang trennte sechs Zellen voneinander. Durch die Türen drangen Gebete, in einigen wurde gesungen. Als er die Tür erreichte, hinter der Lunetta eingesperrt war, fasste er nach dem Riegel. Dann entschied er sich anders. Geräuschlos schob er die Luke zur Seite, die ein Guckloch verschloss. In der Zelle herrschte Dunkelheit. Er hörte das Mädchen gleichmäßig atmen. Lunetta schlief.
Aleander verschloss die Luke wieder. Es wäre ein Fehler, seinen Zorn auf dieses Kind zu lenken. Er musste sich von den Gedanken an Zimenes und seine Sippe freimachen. Sonst wäre es so, als habe der tote Gabriel Zimenes Macht über ihn und sein Vorgehen. Ein leises Rascheln ließ ihn herumfahren. Sein Puls jagte, weil ihn das Gefühl einholte, verfolgt zu werden.
Hinter ihm stand Estrella. Sie hatte ihren Schleier abgelegt. Glänzend wie Rabenflügel lagen ihre schwarzen Haare auf ihren Schultern. Roh packte Aleander eine Fackel und zerrte Estrella zu dem Raum an der Stirnseite des Zellentraktes. Stolpernd folgte die junge Nonne ihm. Er öffnete die Tür zu dem Beichtzimmer, das mit nichts als einem meterhohen Kreuz, einem Lederstuhl und einer Streckbank möbliert war, und stieß Estrella hinein. Die wollte sich entkleiden und auf die Streckbank legen. Doch Aleander schüttelte den Kopf.
»Dreh dich um, und heb die Röcke.«
Estrella gehorchte seufzend.
»Und schweige. Ich will keine Geräusche der Lust von dir hören, du verdorbenes Fleisch. Gib dich hin, und bereue.«
Das Mädchen gehorchte, schürzte ihr Gewand und bot sich ihm von hinten an. Das Gefühl der Lust, das sich in Aleander geregt hatte, als er das Zimmer betreten hatte – eine Kammer voller wollüstiger Erinnerungen an seine Macht – fiel in sich zusammen.
Er betrachtete die weiche, dunkle Haut von Estrellas Schenkeln, strich kurz mit seinen Händen über ihren entblößten Po und wusste, dass sie nichts als eine Hure war. Eine klösterliche Hure, denn dazu hatte er diese uneheliche Tochter einer Wäscherin gemacht. Ohne Mühe, aber mit einem gewissen religiösen Zeremoniell, das ihn früher ergötzt hatte. Wäre er es nicht gewesen, hätte ein anderer, ein Schäfer oder ein Fleischhauer, ein
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