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Die Tarotspielerin: Erster Band der Tarot-Trilogie (German Edition)

Die Tarotspielerin: Erster Band der Tarot-Trilogie (German Edition)

Titel: Die Tarotspielerin: Erster Band der Tarot-Trilogie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marisa Brand
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Heiligen Schrift läge, sondern am Seegang.«
    »Ich möchte Ruhe! Vor dir.«
    Zimenes hakte die Laterne in einen Deckenhaken und verschwand.

7
    Eine Stunde später, die Glocke hatte zweimal geschlagen, beruhigte sich die Fahrt. Zimenes hatte Recht gehabt, unter Land lief die Negrona ruhiger. Sidonia wurde munter und betrachtete ihre Kabuse. In einem Bord mit Geländer hatte Zimenes irdene Töpfchen aufgereiht. Sidonia schnupperte daran. Medikamente. Sie entzifferte einige der Beschriftungen: Opium stand da und Schwefelblüte und lateinische Namen, die für sie keinen Sinn ergaben. Was war Datura? Große getrocknete Samen und Blüten, die wie Trompetentrichter aussahen! Auf zwei oder drei Töpfchen war ein Totenkopf gemalt – es musste sich um Gift handeln. War Gabriel ein Alchimist? In ein Tuch waren chirurgische Messer eingeschlagen, an einem Haken hing sein Ledersack. Sidonia holte ihn aufs Bett und öffnete ihn.
    Bücher purzelten heraus. Die meisten waren in Latein verfasst und behandelten medizinische Themen. Zimenes hatte auf den Deckblättern seinen Namen vermerkt und den Ort, an dem er sie erworben und studiert hatte: Die Universität zu Paris. Eine Spruchsammlung des Humanisten Erasmus von Rotterdam fiel ihr in die Hände, gewidmet war sie meinem geliebten Schüler Gabriel von Padre Fadrique, der in schöner Schrift den Psalm 121 zitierte: Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen, von dort wird mir Hilfe kommen.
    Sidonia biss sich auf die Lippen. Was nur war zwischen Zimenes und dem Padre vorgefallen, dass Zimenes ihn so hasste? Sie betrachtete einige Blätter, die mit Schriftzeichen beschrieben waren, die sie nicht kannte. Ketzerlektüre oder Ketzerschriften von Zimenes’ Hand?
    Schließlich entdeckte sie ein in roten Saffian gebundenes Büchlein. Die Ränder waren mit Goldprägung versehen. Sidonia schlug es auf und hielt den Atem an. Das Deckblatt war mit Tinte beschrieben. El misterio del tarot – das Geheimnis des Tarot – lautete der Titel, und darunter stand der Name der Autorin: Mariflores Zimenes. Die Frau, die sie eine Hure genannt hatte, verfasste Bücher? Hatte Zimenes nicht gesagt, dass denkende Weiber dem Ritter von Löwenstein missfielen? Sidonia kniff die Augen schmal zusammen und begann zu übersetzen.
    Der Tarot ist ein Spiegel deiner Seele , hieß es im ersten Satz. Verstehe, dass du eine zweite Welt im Kleinen bist und dass in dir die Sonne, der Mond und die Sterne sind. Genau wie der Teufel und der Erlöser, das Dunkel und das Licht, der Himmel und die Hölle. Das Tarot kann dir helfen, das Licht im Dunkel zu erkennen, genau wie die Schattenseiten der Sonne und den Samen des Guten im Bösen, denn alles ist in allem und eins, ein Universum, wie Padre Fadrique lehrt.
    Sidonia ließ das Buch sinken, nicht um über das Gelesene nachzudenken, sondern über den Padre! Auch Zimenes’ Schwester kannte diesen Priester also. Ein Gelehrter, der den Schlüssel zu vielen Geheimnissen in der Hand halten musste. Seine kosmischen Betrachtungen langweilten sie allerdings eher. Im Schein der schaukelnden Laterne las sie weiter.
    Wann immer dein Lebensweg unklar scheint, du dich mit Zweifeln plagst oder eine Entscheidung treffen musst, leg dir die Karten. Du kannst darin erkennen, welche inneren Dämonen deine Lage erschweren und welche Engel deine Seele beschirmen. Wer in der Welt nur das Licht sehen will, den werden ihre Schatten schmerzhaft einholen, wer nur das Dunkle sieht, verkennt das Glück, das greifbar ist.
    Sidonia schüttelte den Kopf! So ein Unsinn. Ihr hatten die Karten vor allem Unglück gebracht, und wer könnte einen Dämon wie Aleander als Glücksfall betrachten?
    Du wirst nicht dein Schicksal in den Karten finden, aber deine Möglichkeiten und deine Grenzen entdecken. Nutzt du Erstere richtig und kennst du Letztere, so kannst du deine Zukunft gestalten und die Fesseln deiner Vergangenheit abstreifen. Du hast ein Schicksal und zugleich die Freiheit, es zu gestalten.
    Ungeduldig blätterte Sidonia weiter und entdeckte Zeichnungen. Es waren die Kartenbilder, die sie nach wie vor magisch anzogen. Sie sah den Tod, die Liebenden, den Teufel. Mehr noch: Mariflores hatte alle Karten mit knappen Deutungen versehen. Endlich versprach dieses Buch interessant zu werden!
    Rasch zog sie Lunettas Spiel aus ihrem Wams und zog eine Karte. Sie stand auf dem Kopf. Sidonia drehte sie um und legte sie vor sich hin. La estrella.
    Die Stern-Karte zeigte eine nackte Frau, die an einem See kniete und zwei

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