Die tausend Herbste des Jacob de Zoet
Dankbarkeit des japanischen Reiches, weil wir es aus dem Tiefschlaf der Feudalherrschaft geweckt und in unser modernes Jahrhundert geholt hatten. Es ist nicht übertrieben, wenn ich behaupte, dass meine Phoebus die politische Landkarte Ostasiens neu gezeichnet hat.» Die Lords nicken mit wirren Köpfen und rufen: «Bravo! Sehr richtig!» Lord Admiral Penhaligon fährt fort: «Diese erlauchte Kammer kennt die vielfältigen Mittel historischen Wandels: die geschliffene Sprache der Diplomatie, das Gift des Verrats, die Gnade des Monarchen, die Tyrannei des Papstes ...»
Mein Gott , denkt Penhaligon, das ist wirklich gut. Ich muss es später niederschreiben.
«... und es ist fürwahr die größte Ehre meines Lebens, dass im ersten Jahr des neunzehnten Jahrhunderts eine Fregatte Seiner Majestät, die tapfere Phoebus, von der Geschichte auserwählt wurde, die Tür zum verschlossensten Reich der modernen Welt zu öffnen - zum Ruhme Seiner Majestät und des britischen Empires!» Spätestens jetzt wird jeder Perückenträger, ob Whig, Tory oder Parteiloser, Bischof, General oder Admiral, von seinem Sitz aufspringen und lautstark applaudieren.
«Cap-», Chigwin niest draußen vor der Tür, «-tain?»
«Du störst mich hoffentlich, um Kaffee zu bringen, Chigwin.»
Sein junger Steward, Sohn eines Schiffbauermeisters in Chatham, der von Schulden erdrückt wurde, späht in die Kajüte. «Jones mahlt gerade die Bohnen, Sir: Der Koch hatte große Mühe, das Herdfeuer in Gang zu halten.»
«Ich hatte Kaffee bestellt, Chigwin, nicht einen Haufen Ausreden!»
«Jawohl, Sir: Verzeihung, Sir. Der Kaffee müsste gleich fertig sein ...», auf Chigwins Ärmel glitzert Schleim, «... aber die Felsen, von denen Mr. Snitker sprach, wurden steuerbords gesichtet, und Mr. Hovell meinte, Sie würden sie sich vielleicht gerne ansehen.»
Reiß dem Jungen nicht den Kopf ab. «Ja, das sollte ich wohl tun.»
«Haben Sie Anweisungen für das Abendessen, Sir?»
«Die Offiziere und Mr. Snitker speisen heute Abend mit mir. Bitten Sie ...»
Die Phoebus taucht in ein Wellental, und beide halten sich fest.
«... Jones, uns die Hühner aufzutischen, die keine Eier mehr legen. Auf meinem Schiff ist kein Platz für Faulenzer, auch nicht für gefiederte.»
Penhaligon steigt schwerfällig den Niedergang hinauf. Auf dem Spardeck peitscht ihm der Wind ins Gesicht, und seine Lungenflügel blähen sich wie neue Blasebalge. Wetz steht am Steuerrad und hält einer schwankenden Traube Kadetten einen Vortrag über störrische Ruderpinnen bei schwerer See. Sie salutieren dem Kapitän, der gegen den Wind anschreit: «Wie sind die Wetteraussichten, Mr. Wetz?»
«Die gute Nachricht ist, dass die Wolken im Westen auseinandertreiben, Sir. Die schlechte Nachricht ist, der Wind hat leicht nach Norden gedreht und weht um ein paar Knoten stärker. Und was die Pumpe betrifft, Sir, Mr. O’Loughlan baut gerade eine neue Kette, aber er glaubt, dass es ein neues Leck gibt - die Ratten haben sich über das hintere Pulvermagazin hergemacht.»
Wenn sie nicht unsern Proviant auffressen , denkt Penhaligon, fressen sie mein Schiff.
«Der Bootsmann soll eine Rattenjagd veranstalten. Für zehn Schwänze gibt es eine Extraration Rum.»
Wetz niest und besprüht einen in Windrichtung stehenden Kadetten. «Die Männer werden ihre Freude daran haben.»
Penhaligon geht über das schwankende Achterdeck. Es ist ungewohnt schmutzig: Snitker bezweifelt zwar, dass die japanischen Beobachtungsposten ein verwahrlostes Yankee-Handelsschiff von einer Fregatte der Royal Navy mit geschwärzten Stückpforten unterscheiden können, aber der Kapitän hält nichts für unmöglich. Leutnant Hovell steht mit dem abgesetzten ehemaligen Faktor an der Heckreling. Er spürt, dass der Kapitän auf sie zukommt, dreht sich um und salutiert.
Snitker nickt ihm zu, wie ein Gleichrangiger, und zeigt auf die kleine Felseninsel, die in sicherer Entfernung von vier-, fünfhundert Metern zügig vorbeizieht. «Torinoshima.»
Torinoshima, Captain , denkt Penhaligon und richtet den Blick auf die Insel. Torinoshima, mehr großer Felsen als kleines Gibraltar, ist gepflastert mit Guano und belagert von kreischenden Meeresvögeln. Die Insel besteht rundherum aus Steilküste, bis auf ein schmales Geröllfeld an der Leeseite, wo ein mutiges Schiff vielleicht vor Anker gehen könnte. Penhaligon wendet sich an Hovell. «Fragen Sie unseren Gast, ob ihm bekannt ist, dass hier je ein Schiff angelegt hätte.»
Snitker
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