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Die tausend Herbste des Jacob de Zoet

Die tausend Herbste des Jacob de Zoet

Titel: Die tausend Herbste des Jacob de Zoet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Mitchell
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Mauseloch», Marinus starrt ihn finster an, «sind Sie denn gekrochen?»
    «Ich bin vor einer Viertelstunde angekommen, mit der Shenandoah. Mein Name ist ...»
    «Habe ich Sie nach Ihrem Namen gefragt? Nein: Ich habe nach Ihrem fons et origo gefragt.»
    «Domburg, Dr. Marinus, eine Küstenstadt auf Walcheren in Zeeland.»
    «Walcheren, sagen Sie? Ich bin mal in Middelburg gewesen.»
    «In Middelburg wurde ich erzogen!»
    Marinus stößt ein bellendes Gelächter aus. «Niemand wird in diesem Sklaventreiberkaff ‹erzogen›.»
    «Vielleicht kann ich Ihre Meinung über die Zeeländer in den nächsten Monaten zum Besseren ändern. Ich wohne im Großen Haus, das heißt, wir sind fast Nachbarn.»
    «Sie sind also der Meinung, erzwungene räumliche Nähe führe zu einem guten Nachbarschaftsverhältnis?»
    «Ich ...» Jacob ist verwundert über Marinus’ offene Angriffslust. «Ich ... nun ja ...»
    «Diese Cymbidium koran wurde im Ziegenfutter gefunden: Während Sie überlegen, welkt sie dahin.»
    «Herr Vorstenbosch schlug vor, dass Sie mir vielleicht etwas Blut abzapfen ...»
    «Mittelalterliche Quacksalberei! Aderlass - und die Lehre von den Temperamenten, auf denen er beruht - wurden vor zwanzig Jahren von Hunter als Humbug entlarvt.»
    Aber Blut abzuzapfen , denkt Jacob, ist das Brot eines jeden Arztes. «Aber ...»
    «Aber, aber, aber? Aber, aber? Aber? Aber, aber, aber, aber, aber?»
    «Die Welt ist voll mit Menschen, die darauf schwören.»
    «Was nur beweist, dass die Welt voll mit Schwachköpfen ist. Ihre Nase sieht geschwollen aus.»
    Jacob streicht über die Beule. «Der ehemalige Faktor Snitker hat mir einen Faustschlag verpasst und ...»
    «Sie haben nicht die richtige Statur, um sich zu schlagen.» Marinus steht auf und humpelt mit Hilfe eines dicken Stocks auf die Falltür zu. «Baden Sie Ihre Nase zweimal täglich in kaltem Wasser, provozieren Sie einen Streit mit Gerritszoon und halten Sie ihm die Seite mit der Beule hin, damit er sie flach hämmert. Einen schönen Tag noch, Domburger.» Er schlägt mit einem gezielten Stockschlag die Stütze weg, und die Klappe fällt zu.
     
    Der verärgerte Sekretär tritt hinaus ins grelle Sonnenlicht. Sofort ist er von Dolmetscher Ogawa, seinem Diener und zwei Inspektoren umringt: Alle vier sind verschwitzt und machen grimmige Gesichter. «Herr de Zoet», sagt Ogawa, «ich wünsche zu sprechen über ein Buch, das Sie mitgebracht. Es ist wichtige Angelegenheit ...»
    Jacob wird von Übelkeit und Angst ergriffen, und ihm entgeht der nächste Satz.
    Vorstenbosch wird mich nicht retten können , denkt er, und warum sollte er auch ?
    «... und darum so ein Buch zu finden ist große Überraschung ... Herr de Zoet?»
    Meine Laufbahn ist zerstört, denkt Jacob, meine Freiheit dahin und Anna verloren ...
    «Wo», krächzt der Gefangene mühsam, «wird man mich einkerkern?»
    Die Lange Straße schlingert. Der Sekretär schließt die Augen.
    «‹Ein Kern- kern ›?» Ogawa macht sich über ihn lustig. «Mein schlechtes Niederländisch lässt mich im Stich.»
    Das Herz des Sekretärs schlägt wie eine defekte Pumpe. «Ist es menschlich, so mit mir zu spielen?»
    «Spielen?» Ogawas Verblüffung wird immer größer. «Ist das Sprichwort, Herr de Zoet? In Herrn de Zoets Kiste ich fand Buch von Herrn ... Adamu Sumissu.»
    Jacob öffnet die Augen: Die Lange Straße steht still. «Adam Smith?»
    «‹Adam Smith› - bitte um Verzeihung. Der Wohlstand der Nationen ... Sie kennen?»
    Ich kenne es Ja, denkt Jacob, aber noch wage ich nicht zu hoffen. «Das englische Original ist ein wenig schwierig zu lesen, darum habe ich mir in Batavia die niederländische Übersetzung gekauft.»
    Ogawa sieht ihn erstaunt an. «Dann Adam Smith ist kein Niederländer, sondern Engländer?»
    «Darüber wäre er nicht sehr erfreut, Herr Ogawa! Smith war Schotte und lebte in Edinburgh. Aber sprechen Sie wirklich über den Wohlstand der Nationen?»
    «Worüber anderes? Ich bin rangakusha - Gelehrter der Hollandkunde. Vor vier Jahren ich habe Der Wohlstand der Nationen von Faktor Hemmij geliehen. Ich fing an zu übersetzen, um -», Ogawas Lippen bereiten sich auf die schwierigen Wörter vor, «Theorie der politischen Ökonomie nach Japan zu bringen. Aber Fürst von Satsuma bot Faktor Hemmij viel Geld, und ich gab zurück. Buch wurde verkauft, bevor ich fertig.»
    Ein leuchtender Lorbeerbaum verdeckt die weiß glühende Sonne.
    Gott , denkt Jacob, rief ihn aus dem Busch ...
    Krummschnäbelige Möwen und

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