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Die tausend Herbste des Jacob de Zoet

Die tausend Herbste des Jacob de Zoet

Titel: Die tausend Herbste des Jacob de Zoet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Mitchell
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Statthalter ruft Sie später, glaube ich, und er will sprechen auch mit Herr Fischer.»
    «Oh, ja, natürlich», sagt Fischer. «Sagen Sie Shiroyama, ich sei nach dem Mittagessen abkömmlich.»
    Sagara verbeugt sich flüchtig vor Fischer, entschieden vor Jacob und geht davon.
    «Dolmetscher», ruft Fischer ihm nach, «Dolmetscher Sagara!»
    Sagara dreht sich an der Seepforte um und macht ein fragendes Gesicht.
    «Vergessen Sie nicht, wer der höchste Beamte auf Dejima ist.»
    Sagaras demütige Verbeugung ist nicht aufrichtig. Er passiert die Pforte.
    «Ich trau dem Kerl nicht», sagt Fischer. «Er hat keine Manieren.»
    «Wir hoffen, die Engländer haben Sie und den Faktor gut behandelt», sagt Jacob.
    «‹Gut›? Mehr als das, Herr Kontorleiter. Ich habe außerordentliche Neuigkeiten.»

    «Ihre Anteilnahme rührt mich», erklärt Fischer den Mitarbeitern der Kompanie, die sich im Empfangszimmer versammelt haben, «und Sie sind sicher schon gespannt, alles über meinen Aufenthalt auf der Phoebus zu erfahren. Aber wir müssen uns an die Vorschriften halten: Grote, Gerritszoon, Baert, Oost - und Sie auch, Twomey: Sie sind für den heutigen Vormittag entschuldigt und dürfen an die Arbeit zurückkehren. Ich habe mit Dr. Marinus, Herrn Ouwehand und Herrn de Zoet Staatsgeschäfte zu besprechen. Es gilt, mit kühlem Kopf wohldurchdachte Entscheidungen zu fällen. Wenn alles geregelt ist, erhalten Sie Bescheid.»
    «Irrtum», stellt Gerritszoon fest. «Wir bleiben nämlich hier.»
    Die Standuhr unterteilt die Zeit. Piet Baert kratzt sich im Schritt.
    «Ach so», Fischer spielt den Faszinierten, «kaum ist die Katze aus dem Haus, bilden die Mäuse eine nationale Volksversammlung. Nun gut, ich werde die Dinge so verständlich schildern wie möglich. Herr van Cleef und ich haben die Nacht an Bord der Phoebus verbracht, als Gäste des englischen Kapitäns. Er heißt John Penhaligon und ist auf Befehl des britischen Generalgouverneurs von Fort William in Bengalen hier. Fort William ist das Hauptkontor der Englischen Ostindien-Kompanie, die -»
    «Wir wissen, was Fort William ist», unterbricht ihn Marinus.
    Fischer lächelt einen langen Augenblick. «Captain Penhaligons Befehl lautet, ein Handelsabkommen mit den Japanern zu erwirken.»
    «Die Jan-Kompanie handelt in Japan», sagt Ouwehand. «Nicht die John-Kompanie.»
    Fischer stochert in den Zähnen. «Ah, ja, noch mehr Neuigkeiten. Die Jan-Kompanie ist tot. Mausetot. Um Mitternacht am letzten Tag des 18. Jahrhunderts, als einige von Ihnen -», sein Blick fällt auf Gerritszoon und Baert, «- auf der Langen Straße derbe Lieder über Ihre germanischen Vorfahren sangen, gab die alte ehrwürdige Kompanie ihren Geist auf. Unser Lohngeber und Zahlmeister ist pleite.»
    Die Männer sind sprachlos. «Ähnliche Gerüchte», sagt Jacob, «haben -»
    «Ich habe es im Amsterdamsche Courant in Kapitän Penhaligons Kajüte gelesen. Dort stand es schwarz auf weiß in klarem Niederländisch. Seit dem ersten Januar arbeiten wir für ein Phantom.»
    «Und die ausstehenden Löhne?» Baert beißt sich entsetzt in die Hand. «Mein Lohn für sieben Jahre?»
    «Im Nachhinein», sagt Fischer, «war es klug von Ihnen, das allermeiste zu versaufen, zu verspielen und zu verhuren. So hatten Sie wenigstens Ihren Spaß.»
    «Aber Lohn bleibt Lohn», beharrt Oost. «Das Geld ist uns doch sicher, oder, Herr de Zoet?»
    «Rein juristisch gesehen, ja. Aber ‹rein juristisch› bedeutet Gerichtsprozesse, Ausgleichszahlungen, Anwälte und Zeit. Herr Fischer -»
    «Ich meine, in den Büchern des Faktors müsste meine Ernennung zum Stellvertreter vermerkt sein?»
    «Stellvertreter Fischer - stand in dem Artikel etwas über Ausgleichszahlungen und Schulden?»
    «Was die werten Aktionäre im niederländischen Mutterland angeht, ja, aber die Gläubiger in den asiatischen Faktoreien wurden mit keinem Wort erwähnt. Ein korsischer General, ein gewisser Bonaparte, hat sich zum Ersten Konsul der Französischen Republik ernannt. Diesem Bonaparte mangelt es nicht an Ehrgeiz! Er hat Italien erobert, Österreich bezwungen, Venedig geplündert, Ägypten unterworfen, und nun will er aus den Niederlanden eine französische Provinz machen. Es tut mir leid, meine Herren, aber Ihr Heimatland ist im Begriff, sich wegheiraten zu lassen und seinen Namen zu verlieren.»
    «Die Engländer lügen!», ruft Ouwehand. «Das ist ausgeschlossen!»
    «Ja, das haben die Polen auch gesagt, bevor ihr Land verschwunden ist.»
    Jacob stellt

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