Die Templerverschwoerung
ihm.«
Abd al-Basit starrte sie verständnislos an, und die anderen Männer runzelten die Brauen. Eine Frau als Gepäckstück wareine Sache, aber eine Frau, die umherlief und redete, was sie wollte, etwas ganz anderes. Sie hatte sich nicht einmal ordentlich verschleiert, was bei ihnen alle möglichen Begierden wecken konnte.
Mariyam lief an der Karawane entlang bis zum ersten Kamel, auf dem man Conor festgebunden hatte. Sie gab den Männern mit Zeichen zu verstehen, dass sie ihn auf den Boden legen und ihm etwas zu trinken geben sollten. Abd al-Basit brachte Wasser.
Conor wirkte stark dehydriert. Als Mariyam ihm einen Finger in den Mund steckte, spürte sie, dass der völlig ausgedörrt war. Sie ließ langsam etwas Wasser in seinen offenen Mund rieseln, da verschluckte er sich, und sie setzte den Becher sofort ab. Als er wieder zu Atem gekommen war, tröpfelte sie von neuem Wasser in seinen Mund, und das mehrmals, bis er zu schlucken begann. Sie achtete darauf, ihm nicht zu viel zu geben. Gerade wollte sie sich erheben, da öffnete er die Augen. Sie beugte sich zu ihm hinunter, blickte ihm in die Augen und nahm seine Hand.
»Ich bin’s, Mariyam«, sagte sie.
Er antwortete nicht, aber sein Mund verzog sich zu einem winzigen Lächeln, und er drückte kraftlos ihre Hand.
Mit Gesten bat sie Abd al-Basit und einen anderen Mann, Conor in den Tragesitz zu bugsieren. Sie wusste, dass sie noch nicht selber zu Fuß gehen konnte. Doch in ihrer Tasche fand sie etwas Geld, das sie den Männern gab, damit sie einem Kamel die Salzblöcke abnahmen und sie darauf reiten ließen. Während eines Urlaubs in Jemen war sie schon einmal auf einem Kamel geritten. Rasch fand sie sich auf dem Rücken des Dromedars zurecht. Die Männer schauten ihr erstaunt zu. In ihrer Welt war es nicht üblich, dass eine Frau auf einem Kamel ritt, aber sie wussten, dass Mariyam beinahe gestorbenwäre und immer noch sterben konnte, so duldeten sie es. Für Sterbende galten ihre Sitten nicht.
Sie kamen gut voran. Als es dunkel wurde, rasteten sie. Mariyam durfte nicht zusammen mit den Männern essen, erhielt aber Stücke getrockneten Lammfleisches und Brot, das sie gierig in sich hineinschlang. Für Conor richtete sie ein eigenes Lager her. Er war jetzt öfter bei Bewusstsein, die kühle Nachtluft tat ihm gut. Er trank mehr Wasser, und zum ersten Mal verständigte er sich mit ihr durch kurze Worte. Sie lächelte ihm in der Dunkelheit zu, legte ihre Hand auf sein Herz und stellte erfreut fest, dass es stärker schlug. Vielleicht wird er doch nicht sterben, dachte sie. Sie musste sich ein paar Schritte entfernen, weil ihr die Tränen kamen, denn sicher war das nicht.
Am nächsten Nachmittag erreichten sie Berahile. Die Karawane zog zwischen zwei Hügeln hindurch, die die Stadt überragten, und machte an einem jahrhundertealten Lagerplatz am Stadtrand Halt. Dort wurden die Salzblöcke abgeladen, und die Kamele erhielten frisches Futter, das man aus den Bergen brachte. Vor den Händlern lag immer noch ein beträchtlicher Weg bis Mekele, zweihundert Kilometer weiter westlich. Sie vereinbarten mit einem Händler, dass sie einen Anteil erhalten sollten, falls für die Christen Geld geboten werde.
Bevor die Kameltreiber wieder aufbrachen, sprach Mariyam über einen Dolmetscher mit ihnen und erklärte ein wenig, wie sie und Conor halbtot in die Wüste geraten waren. Sie wies darauf hin, dass Conor Polizist sei, aber das bedeutete ihnen nichts. In ihrer Kultur galten nur islamische und Stammesgesetze, nach denen die älteren Männer Entscheidungen fällten, die die jüngeren auszuführen hatten.
Sie nahmen Abschied voneinander, Mariyam schüttelte den Männern die Hände und dankte ihnen dafür, dass sie ihr und Conors Leben gerettet hatten. Die lächelten und empfahlen sie der Gnade Gottes. »Barakallah fik« , sprach Ali Akbar und schaute von der Höhe seines Kamels auf Mariyam herab. Er gab ihr nicht die Hand, sondern nickte nur freundlich, als sein Reittier sich in Bewegung setzte. Sie rief ihm Dankesworte in einer Sprache nach, die er nicht verstand. Alle lächelten auf ihre Weise und zogen weiter mit ihren Salzblöcken wie Weltraumbewohner, die über die Oberfläche des Mondes wandern.
Nach der Wüste kam ihnen Berahile wie der Gipfel der Zivilisation vor. Mariyam fand Menschen, die Amharisch verstanden. Ihnen machte sie klar, dass sie um Conors Leben bangte. Ein Mann, der sich als der Bürgermeister der Stadt bezeichnete, bot ihnen ein Zimmer in
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