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Die Terranauten 009 - Die Stunde des Riemenmanns

Die Terranauten 009 - Die Stunde des Riemenmanns

Titel: Die Terranauten 009 - Die Stunde des Riemenmanns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Quint
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glitzernden Platten an der Decke deprimierten sie in diesem Augenblick. Alles schien ihr kalt und unpersönlich, nur auf Funktion ausgerichtet, und selbst die hier und da aufgestellten Skulpturen aus ineinander verschraubten Drahtgespinsten lockerten das Bild nicht auf, sondern verstärkten noch den Eindruck der Leblosigkeit.
    Endlich hatte sie das breite Portal erreicht, trat hinaus, blieb einen Augenblick stehen und sah sich um. In tiefen Zügen atmete sie die frische Luft ein und spürte, wie die Erschöpfung langsam von ihr abfiel.
    Hinter ihr reckten sich die beiden Türme des Kaiserhauses wie stählerne Finger dreihundert Meter hoch in den Himmel, schimmerten bläulich im Glanz der untergehenden Sonne. Der Doppelturm überragte wie ein Metalldenkmal alle anderen Gebäude der Berliner Neustadt: ein Wahrzeichen der Macht und der Größe des Konzils.
    Ein gepflegter Park umgab das riesige Gebäude. Rechts von der Mater erstreckte sich ein beiges, von Grauen bewachtes Areal, von dem mehrere breite Straßen nach allen Richtungen führten. Die muschelförmigen Fahrzeuge, die auf dem Parkplatz standen oder computergelenkt über die Zufahrtsstraßen huschten, waren Magnetgleiter.
    Pernath gab sich einen Ruck. Die sauerstoffhaltige Luft hatte ihre Mattigkeit unvermittelt beendet. Sie fühlte sich mit einemmal frisch und unternehmungslustig.
    In ihr tauchte das Bild der Ruinenstadt auf.
    Unwillkürlich nickte sie.
    Bevor sie ihre Wohnung aufsuchte, würde sie einen kleinen Abstecher zu dem Trümmergürtel machen. Nur verschwommen war sie sich über die Motive im klaren, die sie dazu veranlaßten, aber sie wußte, sie mußte es tun. Oder sie würde keine Ruhe finden.
    Fast erleichtert gab sie dem Drang nach und näherte sich dem Parkplatz.
    Langsam begann sich der Himmel zu verfärben. Zuerst wurde er orange, dann blutrot. Bald würde die Nacht beginnen.
     
    *
     
    »Sie sind noch immer da«, murmelte der Riemenmann.
    Die Finsternis, die in dem Keller herrschte, wirkte beunruhigend. Jedes Geräusch schien die Garden anzukündigen, die unermüdlich mit ihren gepanzerten Gleitern über den Ruinen kreisten und deren Legionen die Trümmerwüste systematisch durchkämmten.
    Angila Fraim seufzte.
    Der Riemenmann konnte sie nicht sehen, aber er wußte, daß sie ganz in seiner Nähe war.
    Bei dem Gedanken an die junge, hübsche Treiberin huschte ein Schatten über das von den goldenen Riemen bedeckte Gesicht des Terranauten. Sie verwirrte ihn. Seltsamerweise schien ihn Angila trotz seiner Verunstaltung, für die die PSI-Forscher des Kaiserkonzern verantwortlich waren, anziehend zu finden. Sie suchte seine Nähe.
    Llewellyn fühlte sich ein wenig geschmeichelt von ihrem Interesse, auch wenn er sich das nicht gern eingestand. Zumeist begegneten ihm die Menschen – und auch viele Treiber – mit Mißtrauen, Furcht, Abscheu, bestenfalls mit Gleichgültigkeit. Das Geflecht der Riemen, deren Material die ständig von seinem Körper emittierte tödliche PSI-Strahlung absorbierte, machte ihn zu einem Ausgestoßenen, verhinderte jeden näheren Kontakt – vor allem zu Frauen. Unwirsch rief er sich zur Ordnung. Es war jetzt nicht die Zeit, in Selbstmitleid zu schwelgen oder sich Illusionen hinzugeben. Jede Sekunde konnten sie von den Grauen entdeckt werden. Und noch sah er keinen Ausweg. Alles, was ihnen übrigblieb, war, zu warten und auf ein Wunder zu hoffen – darauf, daß die Grauen ihre Suche abbrachen und verschwanden.
    »Was machen wir nun?« fragte Ishmail Tout mit rauher Stimme.
    Llewellyn 709 zuckte die Achseln, auch wenn es keiner sehen konnte. Tout litt am meisten unter der Tatenlosigkeit. Der Treiber war ein Mann, der ständig in Bewegung sein mußte. In den vergangenen Stunden war er immer nervöser und reizbarer geworden.
    Auch ihre parapsychische Erschöpfung trug dazu bei, eine Atmosphäre der Verzweiflung entstehen zu lassen.
    »Ratten«, stieß Tout hervor. »Wir sind wie Ratten in der Falle.«
    Angila Fraims leises Gelächter perlte durch die Dunkelheit. »Was ich an dir so bewundere, Ishmail«, bemerkte sie spöttisch, »sind deine Ruhe und Ausgeglichenheit.«
    »Und er ist so ehrlich«, warf Sardina ein. Nach dem Klang ihrer Stimme mußte sie direkt neben Tout auf dem staubigen, kalten Boden sitzen.
    Llewellyn 709 sagte nichts. Die beiden Frauen, gestand er sich neidlos ein, besaßen zweifellos die besseren Nerven. Aber auch an ihnen war die Anstrengung nicht spurlos vorbeigegangen, die es bedeutet hatte, die

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