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Die Terranauten 016 - Gestrandet auf Rorqual

Die Terranauten 016 - Gestrandet auf Rorqual

Titel: Die Terranauten 016 - Gestrandet auf Rorqual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Conrad C. Steiner
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gebracht hatte, nicht mehr zu sehen gewesen war. Er trug jetzt einen dunklen Umhang mit Kapuze. Als er den Kopf wandte und seine hellen Augen über Thornas Gesicht wanderten, kam sie sich schlagartig wie hypnotisiert vor. Der Fremde war ein seltsamer Mann. Er war groß und schlank und schien noch ziemlich jung zu sein. Thorna hätte gerne mehr über ihn gewußt, traute sich aber nicht, ihm zu nahe zu kommen. Was die Orson-Familie zurückhielt, war ihr unverständlich. Sie war nicht religiös erzogen worden und glaubte deswegen an keinen Messias, der die Menschheit vom Joch dieser Welt erlösen würde. Was sie persönlich zurückhielt, hatte ganz einfache und menschliche Gründe. Als junges Mädchen fühlte sie eine gewisse Scheu vor gutaussehenden Männern. Niemand konnte wissen, wie die Fremden auf einen Annäherungsversuch reagierten. Da Thoma sich nicht im geringsten darüber klar war, wie sie selbst auf andere Menschen wirkte, fürchtete sie sich eine Zurückweisung einzuhandeln.
    In der Mädchenkolonie hatte sie abgesehen von den Grünen Fliegern keinerlei Kontakte zu Männern gehabt. Sie hatte sechs Jahre dort verbracht und in dieser Zeit beinahe vergessen, daß es auch noch ein anderes Geschlecht gab. Die meisten ihrer Erinnerungen bezogen sich auf ihren Vater. Er war, als die Grünen Flieger plötzlich im Nebel aufgetaucht waren, bei dem Versuch sie zu schützen, umgekommen. Thorna erinnerte sich nur ungern an diesen Tag. Sie waren dem Ende nahegewesen, hatten das Wrack hinter sich gelassen und mehrere Tage durch ein unbekanntes Gebiet geirrt.
    Farrell und der geheimnisvolle Fremde machten jetzt Anstalten, die Nordwind zu verlassen. Thorna sah sich rasch um, stellte fest, daß sich niemand außer ihr in Sichtweite befand und wollte ihnen gerade heimlich folgen, als sie sah, daß die beiden Männer an der Gangway verhielten. Offenbar warteten sie noch auf jemanden.
    Kurz darauf verließ eine hochgewachsene, schwarzhaarige Frau die Kabine der Passagiere. Sie ging stolz und aufrecht, und Thorna, die lediglich mit einem Lendenschurz bekleidet war, mußte neidlos anerkennen, daß das rorqualanische Fischhautgewand, das sie jetzt trug, ihr ausgezeichnet stand.
    Die Frau begrüßte Farrell und den Mann mit der Kapuze und schloß sich ihnen an. Sie überquerten die Gangway, wechselten auf den Kai Hayvants über und hielten sich nach rechts.
    Es war pure Neugier, die Thorna veranlaßte, die Nordwind zu verlassen und sich an die Fersen der drei Fremden zu heften. Irgend etwas in ihr drängte sie dazu, mit den anderen Kontakt aufzunehmen und ihnen zu sagen: Seht her, ich bin wie ihr! Ich bin kein wildes Mädchen, das nur einen Fetzen um die Hüften trägt, auch wenn ich so aussehe! Ich bin wie ihr ein Sternenkind von eurem Volk!
    Der Respekt vor ihnen schnürte ihr jedoch die Kehle zu. Was wußte sie schon, wie die Welt aussah, aus der die Fremden kamen? Außer der Sprache gab es nichts, was sie miteinander verband. Sie war noch ein Kind gewesen, als ihr Vater sie mit auf die große Reise durch das Sternenmeer genommen hatte; ein rotznäsiges, kleines Ding von kaum zehn Jahren, das weder begriffen hatte, wohin es ging, noch wie die Fahrt bewerkstelligt wurde. Sie stammte von der Erde, das wußte sie sicher. Sie war ein Kind der gleichen Zivilisation, der auch die Fremden entstammten – aber gehörte sie deshalb zu ihnen?
    Orson und seine Familie waren hier Zuhause; ebenso wie all die anderen, die in Hayvant und den anderen Städten lebten. Sie waren auf dieser rätselhaften Nebelwelt geboren worden, waren Nachkommen irgendwelcher längst verdorrter und zerfallener Gestrandeter, aber sie nicht! Sie besaß Erinnerungen.
    Die Fremden gingen durch den wehenden roten Nebel, der den ganzen Kai umgab, an mehreren Schiffen vorbei, bis sie an einem haltmachten, dessen Deck mit Kisten, Fässern und Ballen förmlich überladen war. Ein dunkelhäutiger Mann mit einem blitzenden Ohrring und haarigem Oberkörper näherte sich den Ankömmlingen und wies ihnen nach einem kurzen Wortwechsel den Weg. Thorna hielt den Atem an und folgte den Fremden mit ihren Blicken. Sie hielten auf das Vorderkastell des Seglers zu und verschwanden darin.
    Als der behaarte Seemann zwischen der Ladung verschwand, begab sich Thorna lautlos an Bord und schlich auf nackten Füßen hinter den Fremden her. Sie hatte keine Ahnung, was sie überhaupt hier wollte, aber irgendeine unterbewußte Kraft schien sie zu leiten. Sie wußte selbst nicht, worauf sich ihr

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