Die Terranauten 018 - Odyssee der Verlorenen
die man im Norden nicht existieren kann. Da wir ja Wrackteile unseres Beiboots an Bord hatten, kannten wir keine Geldsorgen. Dann fuhren wir nach Norden. Vier Tagesreisen hinter Aliruth kamen wir in das Schneegebiet und bald darauf saßen wir mit der Nordwind fest. Der Fluß fror zu und wir marschierten über das rote Eis und zogen Schlitten mit Proviant und Ausrüstungsgegenständen hinter uns her …«
Collyns Geschichte dauerte nahezu zwei Stunden. Er berichtete, sie seien bis in die nördliche Eiswüste vorgestoßen. Die Menschen lebten dort oben in Erdhöhlen, gingen in Pelze gekleidet, die anderswo ein Vermögen brächten, und seien dabei ganz glücklich. »Es gibt weder eine Regierung dort oben noch Adelige, und da kann man natürlich verstehen, daß man im Norden auf allerlei Leute trifft, die mehr oder weniger etwas zu verbergen haben.« Die Orson-Familie war rasch fündig geworden. Nach mehreren Wochen angestrengter Arbeit hatte man das erbeutete Metall auf die Schlitten geladen und war zur Nordwind zurückgekehrt. »Es war eine ungeheure Plackerei«, fügte Collyn hinzu, »aber es hat sich gelohnt. Sowohl für die Familie, als auch für mich. Vor ein paar Tagen habe ich mir mein eigenes Schiff gekauft. Es heißt Sturmvogel und hat zwei Masten.« Er schien ziemlich stolz zu sein.
»Du hast ein Schiff?« fragten Farrell und David wie aus einem Munde.
Collyn nickte und lachte. »Ich dachte, wenn ich sowieso nicht wieder von hier wegkomme, will ich es mindestens etwas bequem haben und ein wenig von dieser Welt zu sehen kriegen.«
»Ob wir hierbleiben müssen«, sagte Farrell, »steht noch nicht fest. Da ist immer noch Asen-Gers Boot.«
»Sicher«, grinste Collyn. »Als ich mir die Sturmvogel kaufte, habe ich nicht im geringsten daran gedacht, daß sie nur für mich alleine da sein soll. Worauf wartet ihr noch? Wenn wir diesen Rogier austricksen wollen, sollten wir uns sofort auf die Beine machen.«
*
Die Sturmvogel war ein feines Schiff. Die Mannschaft bestand aus einem Dutzend Südländern, denen man in Hayvant gekündigt hatte. Wie David herausfand, gehörte es unter den meisten Kapitänen sozusagen zum ›guten Ton‹, sich ihre Leute vom Hals zu schaffen, wenn sie einen Zwischenhafen anliefen und dort billigere Arbeitskräfte fanden. Die Sturmvogel blitzte vor Sauberkeit, die Takelage des Schiffes war tadellos erhalten. Es schien alles in allem ziemlich neu zu sein. »Es hat bisher Passagiere befördert«, erklärte Collyn, als David sich über die zahlreichen, luxuriös eingerichteten kleinen Kabinen wunderte, »und es ist ziemlich schnell. Jedenfalls hat mir das der vorherige Besitzer versichert.«
Als sie sich nach dem Auslaufen im Salon versammelten, fiel ihnen eine Frau um den Hals, die David beinahe schon vergessen hatte: Arlene Chi, die schmalhüftige Begleiterin Collyns, die als einzige aus Davids Gruppe nicht bei der Orson-Familie geblieben war. Arlene war noch jung. Ihr Haar war lang, ihre Augen rehbraun und ihr Lächeln entwaffnend. Zandra schien sie nicht sonderlich leiden zu können, was Arlene aber nicht davon abhielt, auch sie herzlich zu umarmen und zu küssen.
»Wie ich sehe, habt ihr einige Freunde mitgebracht«, sagte sie, nachdem die Sturmvogel ausgelaufen war und Collyn sich mit Farrell auf die Brücke zurückzog. »Mit wem habe ich die Ehre?«
»Mein Name ist Thorna«, sagte Thorna, die neben David Platz genommen hatte. »Ich stamme von der Erde. Ihr müßt euch eigentlich an mich erinnern. Ich gehörte früher auch zur Orson-Familie.«
Arlene zog die Augenbrauen hoch und David erklärte ihr, daß Thorna vor etwas mehr als sechs Jahren nach Rorqual gekommen war. »Ihr Vater ist bei einem Angriff der Grünen Flieger kurz nach der Landung umgekommen. Sie selbst wurde verschleppt und in einem Talkessel aufgezogen, der irgendwo am Roten Fluß liegen muß.«
Zu ihrer allgemeinen Überraschung stand der junge Mark Markham auf, verbeugte sich und nannte seinen Namen. Dann setzte er sich wieder hin. Arlene, die offenbar sofort bemerkt hatte, daß mit ihm etwas nicht stimmte, bemühte sich, zu dem jungen Mann besonders freundlich zu sein. Nachdem sie versucht hatte, ein wenig Konversation mit ihm zu treiben, nahm sie ihn kurzerhand am Arm und zeigte ihm das Schiff.
Die Sturmvogel jagte pfeilschnell durch das Scharlachmeer dahin. Die Segel standen voll im Wind und die Mannschaft erwies sich als ebenso ausgezeichnet wie das Schiff selbst. Die Männer, die Collyn angeheuert
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