Die Terranauten 031 - Der Einsame von Ultima Thule
Keller, den Leibarzt Growan terGordens.«
»Wir können aber nicht nach Ultima Thule zurück«, wandte Clegg ein. »Als Deserteure hätten wir den Tod zu erwarten.«
Valdec lächelte ironisch. »Keine Angst«, sagte er. »Keller hat Frau und Kinder in Kempstadt, einer Arbitersiedlung im Ural. Ich werde ihm eine Nachricht übermitteln lassen, daß seine Frau gestorben ist. Der Dottore neigt zur Sentimentalität und wird es sich nicht nehmen lassen, zu seinen Kindern zu reisen. Ihr werdet ihn abfangen.«
»Zu Befehl! Welche Behandlungsstufe?«
»Ich brauche ihn unversehrt, aber eingeschüchtert.«
»Was machen wir mit diesem Jonsson?«
»Was verlangt er?«
»Eine neue Identität und einen Platz in einer Loge.«
»Verschafft es ihm, aber behaltet ihn im Auge. Wie will er sich nennen?«
»Astos.«
»Gut. Sollte er je zur Erde zurückkehren, liquidiert ihn.«
*
Myriam lag in einer Mulde mit körperwarmem Wasser, aus der nur ihr Kopf herausragte. Ihr Blick war starr auf die Decke von Dottore Kellers Praxis gerichtet, und sie schien weder seine drei Assistenten an den Kontrollgeräten, noch Growan terGorden wahrzunehmen, der neben ihr saß.
»Keller wird gleich hier sein«, sagte er beruhigend. »Ich habe ihm einen Gleiter entgegengeschickt, damit er der Landeprozedur auf Port Tankred entgeht.«
»Sehr schön.« Myriam bewegte kaum die Lippen beim Sprechen. Sie hatte sich gegen alle schmerzstillenden Injektionen gewehrt, und die Schmerzen, die von ihrem Rücken ausstrahlten, um sich wie eine Klammer um ihren Bauch zu legen, verbrauchten alle Kraft, die sie noch übrig hatte.
Einer der Assistenten kam zu Growan herüber und winkte ihn beiseite.
»Wir müssen Stärkungsinjektionen geben«, sagte er, als sie außer Myriams Hörweite waren. »Ihr Blutdruck fällt, die Herztöne sind unsauber. Wenn wir nichts unternehmen, bricht ihr Kreislauf unter der Belastung zusammen.«
Growan nickte und kehrte zu seinem Platz an der Mulde zurück.
»Der Arzt meint, eine Stärkungsinjektion sei unbedingt notwendig«, flüsterte er. »Verstehst du mich? Er meint, daß es sonst zuviel für dich wird.«
»Ich will nichts«, antwortete Myriam. »Warum könnt ihr mich nicht in Ruhe lassen? Ich kann mein Kind alleine zur Welt bringen.«
Sie verstummte und hielt den Atem an, als die Platte, auf der sie lag, sich aus der Mulde hob und zu der gepolsterten Entbindungsliege schwenkte, wo sie einer der Ärzte in Empfang nahm. Die Ultraschallplatte schob sich über ihren Bauch, und der Arzt las die Werte ab.
»Es wird noch etwas dauern«, sagte er.
Hastige Schritte klangen auf. Für Myriam klangen sie wie Donnerschläge.
»Daten?« fragte die Stimme Dottore Kellers. »Schlecht, sehr schlecht! Und das Kind?«
Myriam spürte, wie eine neue Wehe sich ankündigte. Noch war der Schmerz unbedeutend, aber er steigerte sich rasch und zog sie zusammen wie einen Weichprotopstab. Stöhnend warf sie sich zur Seite und versuchte, sich zu strecken. Das brachte etwas Linderung. Der Schmerz flaute ab, verschwand aber nicht ganz. Er war da, lauernd, im Hintergrund, und er streckte riesige Hände aus, um ihr Rückgrat zu zermalmen. Da kam es schon wieder!
Myriam bäumte sich auf. Ihr Herz tat ein, zwei dröhnende Schläge, setzte aus, noch ein Schlag, Stille, zwei kurze, flache Schläge, die ineinander übergingen. Myriam erstarrte in Todesangst, aber dann setzte der Herzschlag wieder ein, matt, aber regelmäßig.
Dottore Kellers schweißbedecktes Gesicht hing über ihr. Sie konnte die Risse in seinen trockenen Lippen sehen und ekelte sich davor.
»Ich habe die Injektionen vorbereitet«, sagte er. »Euer Kreislauf wird gestützt, die Schmerzen werden gemildert, und Ihr könnt Euch völlig auf die Vorfreude über Euren Sohn konzentrieren.«
»Ich will nicht!« sagte Myriam kaum hörbar. Von ihren zerbissenen Lippen tropfte Blut und lief an ihrer Wange herab.
»Dann weiß ich nicht, ob Ihr Euren Sohn überhaupt noch sehen werdet«, sagte Keller.
»Myriam!« sagte Growan beschwörend. »Dieses eine Mal wenigstens hör auf mich! Willst du mich mit unserem Kind allein lassen?«
»Nicht dein Kind«, wisperte Myriam. Keller wechselte einen raschen Blick mit Growan und setzte die Injektionsplatte auf Myriams Rücken. Ihr Körper war ein einziger Schmerz, ihr Gehirn beinahe taub. Sie spürte nichts.
»Nicht dein Kind«, lallte sie schwer. »Yggdrasil. Nenne ihn David. Er wird die Menschheit befreien.«
Sie sank zurück und schloß die
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