Die Terranauten 031 - Der Einsame von Ultima Thule
buchstäblich kein Durchkommen mehr war, zeichneten farbige Laserstrahlen ein Netz aus grellen Regenbögen gegen den Himmel. Auf riesigen Bildwänden, die überall in der Stadt aufgestellt waren, liefen alte und neue Unterhaltungsfilme ab, die Speise- und Trinkhallen, die auf den Plätzen errichtet worden waren, mußten zeitweilig wegen Nachschubmangel schließen, und der Zirkus, der seine Bühnen auf dem Festland errichtet hatte, umschloß beinahe das gesamte Stadtgebiet.
Mar-Estos wandte sich von einem Podium ab, auf dem eine Gruppe von Männern und Frauen in unglaubwürdigen, aber bunten Kostümen das primitive Leben auf einem Planeten, seine Eroberung durch Terra und seinen kometenhaften Aufstieg unter der Herrschaft eines Konzerns schilderte.
»Der bekannte ›Vorher-und-Nachher-Effekt‹«, sagte er zu Shadow, der neben ihm stand und an einer Markpastete kaute. »Vorher grunzende Wilde und nach der Eroberung durch Terra durchgeistigte Genies, die über die von Terra angelegten Straßen wandeln und in den von Terra erbauten Einheitsbaracken tiefsinnige Verse in Computer füttern.«
Shadow nickte, schluckte ein Stück seiner Pastete herunter und ließ den Rest diskret auf den Boden fallen.
»Schon richtig«, bemerkte er, »aber sie spielen so überzeugend, daß sie vielleicht selbst daran glauben. Da du gerade von ›füttern‹ gesprochen hast – dieses Nationalgericht aus dem System Timidus könnte man noch nicht einmal einem Computer anbieten. Möchte wissen, woraus es besteht.«
»Sei froh, daß du es nicht weißt. Außerdem habe ich dir die Einladung nicht beschafft, damit du dir den Bauch vollschlägst.«
Shadow lachte hinter der vorgehaltenen Hand. »Eine Einladung für John White!« sagte er. »Selbst ein Gehirnamputierter würde merken, daß du dir den Namen aus den Fingern gesogen hast. Und ich mußte mir eine Verkleidung dazu einfallen lassen. Was zieht man an, um wie John White auszusehen?«
Mar-Estos betrachtete ihn kritisch. »Es ist dir ganz gut gelungen«, meinte er. »Ganz in Weiß und mit blonden Haaren würde dich wahrscheinlich nicht einmal deine Freundin erkennen. Zufrieden?«
»Ja, ich Weiß schon«, seufzte Shadow, »meine gute Laune geht dir auf die Nerven. Also sprechen wir über Hados. Wir haben versucht, in sein Bewußtsein einzudringen, aber er ist gegen Telepathie immunisiert. Eine chemische Sperre wahrscheinlich. Ein Arbiter dürfte sich kaum eine Operation leisten können.«
»Das sagt doch eigentlich schon alles! Warum sollte er sich immunisieren lassen, wenn er kein Spion ist?«
»Viele Leute, die mit Treibern zu tun haben, nehmen die Medikamente. Bei Hados könnte es übertriebene Vorsicht sein – Mißtrauen gegen seine Mitarbeiter. Er ist nämlich wirklich tüchtig. Alle Tests, die Myriam durchgeführt hat, hat er wiederholt und neue Versuchsreihen eingeführt. Er hat sich sogar die Unterlagen über Mayor terGorden, der Yggdrasil entdeckte, und Tankred terGorden, der die Treibereigenschaften der Misteln herausfand, kommen lassen. Growan füttert er mit Andeutungen und Teilergebnissen, um sein Interesse wachzuhalten – würde ein Spion so vorgehen?«
Mar-Estos wischte die Hand eines jungen Mädchens von seiner Schulter und lächelte ihm flüchtig zu.
»Warum nicht?« fragte er. »Hados und seine Auftraggeber sind an dem Projekt stärker interessiert als Growan. Hast du herausfinden können, ob er Nachrichten weitergibt oder sich mit Gayheen trifft?«
»Es kann möglich sein. Ich kann ihn nicht pausenlos beobachten, und Carlos Lema ist nicht gerade die Idealbesetzung für einen Spitzel. Aber eigentlich ist das einzig Nachteilige an Hados, daß er die Ergebnisse seiner Tests vor seinen Mitarbeitern geheimhält. Er gibt die Daten in den Computer, den er doppelt versiegelt, wenn er das Labor verläßt. Wir kommen nicht heran.«
Mar-Estos fluchte leise, als eine lärmende Gruppe von Kultura-Leuten auf sie zukam und ihn von Shadow trennte. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als seine Ellenbogen einzusetzen, wenn er nicht in einen ganz anderen Bereich des Geländes geschwemmt werden wollte. Shadow winkte ihm von einem Getränkeautomaten zu, an dem er Rückendeckung gesucht hatte.
»Wenn nur die Hälfte der Leute anwesend wäre, könnte es ein ganz gemütliches Fest sein«, keuchte er atemlos. »Wo waren wir stehengeblieben?«
»Daß Hados seine Informationen zurückhält. Hast du Merlin benachrichtigt, damit er sich um ihn kümmert?«
»Er müßte schon hier sein.
Weitere Kostenlose Bücher