Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Terranauten 057 - Fahrt zum Ende der Welt

Die Terranauten 057 - Fahrt zum Ende der Welt

Titel: Die Terranauten 057 - Fahrt zum Ende der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Quint
Vom Netzwerk:
abscheulich, und er empfand grenzenlose Erleichterung, als dieser mentale Druck endlich von ihm wich und man ihn allein ließ. Die Loge brach auseinander. David öffnete die Augen. Die Maryjane befand sich jetzt genau zwischen den beiden blauen Buckeln, die das Schiff hoch überragten. Die Inseln brodelten. Fühler, so lang wie die beiden Masten zusammengenommen, tasteten ziellos umher. Und sie schrumpften bereits. Das Brodeln nahm ab. Die Fühler verschwanden.
    Als die Maryjane die Schneise hinter sich ließ, waren die Inseln wieder glatt und ruhig wie zuvor.
    »Bei Myriam!« stieß Claude Farrell hervor. Er war blaß, und sein Gewand klebte am Körper. »Was war das? Wem sind wir da begegnet?«
    »Ich weiß nicht«, murmelte David. »Und ich glaube, ich möchte es auch gar nicht wissen.«
    Er stand auf und blickte auf die rote See. Die Dämmerung war fortgeschritten, und bald würde die weiße Nachtsonne wieder ihr fahles Licht spenden. Hinter dem Zweimaster versanken die riesenhaften Buckel, Peijing und der Signalturm, auf dem Kapitän Lostrillas Wache hielt.
    Sie hatten es geschafft.
    Sie mußten jetzt nur noch stetig in Richtung Norden segeln, dort, wo der Große Abgrund klaffte. Und wenn Nayala bald mit Yggdrasils Samen zurückkehrte …
    Müde rieb sich David die Augen.
    Wenn, dachte er. Alles hängt jetzt von der Drachenhexe ab.
     
    *
     
    Ein Schatten erzählt:
    Ich war gefangen.
    Entfernte, brüllende Stimmen drangen an meine Ohren, und ich roch den Duft gebratenen Fleisches. Aber das war zunächst unwichtig. Die Schmerzen, die von meinen Handgelenken und Fußknöcheln ausgingen, trieben mir fast die Tränen in die Augen. Die Nordmänner, die Djerihias, hatten dünne, aber sehr feste Stricke darum verknotet. In Händen und Füßen hatte ich kaum noch Gefühl. Ich zerrte daran, aber sie gaben nicht nach. Im Gegenteil, die Schmerzen nahmen nur noch weiter zu. Ich blickte mich um, zu zu sehen, wo die Seile befestigt waren. Am nackten Fels.
    Ich befand mich in einer Art Höhleneingang. Von links her fiel Licht ein, und dort irgendwo hatten auch die Stimmen ihren Ursprung. Rasch trippelte ich zur Felswand, zerrte erneut an meinen Fesseln. Aber nicht eine der pflanzlichen Fasern löste sich vom Fels. Dort, wo das Seil befestigt war, glitzerte das Gestein, als sei es von einer Art Lack überzogen. Es war natürlich kein Lack. Es mußte ein natürlicher Klebstoff sein, eine Klebung, die so fest war, als seien Fels und Seil aus einem Stück. Eine Befreiung aus eigener Kraft war unmöglich. Die Stimmen wurden lauter. Ich wandte mich in die andere Richtung. Meine Bewegungsfreiheit wurde von der Länge des Seils stark eingeschränkt, aber ich konnte mich doch weit genug vorwagen, um das Lager der Djerihias erkennen zu können.
    Es bestand aus etwa sechzig hüttenähnlichen Bauten. Offenbar lebten die Nordmänner noch primitiver als die anderen Menschengruppen, die es vor Jahren oder Jahrzehnten – oder vor noch längeren Zeiten – nach Rorqual verschlagen hatte. Ein Talkessel, dachte ich und betrachtete die hohen Felswände. Das machte eine mögliche Flucht noch schwieriger.
    Die Djerihias hatten in der Mitte ihres Dorfes ein großes Feuer entfacht. Seltsam gekleidete Barbaren tanzten umher. Schamanen.
    Djerihias. Wieder erweckte diese Bezeichnung in mir eine Assoziation. Ich hatte den Namen schon einmal gehört – oder gelesen –, in abgewandelter Form und vor langer Zeit. Dann fiel es mir wieder ein. Schjehyash. Mir fiel es wie Schuppen von den Augen. Vor etwa zweihundert Jahren hatte es auf der Erde eine Sekte mit diesem Namen gegeben. Eine religiöse Gemeinschaft mit überaus befremdlichen Sitten und Gebräuchen. Diese Praktiken hatten schließlich dazu geführt, daß die Sekte vom Konzil für illegal erklärt wurde. Den Mitgliedern wurde aber die Möglichkeit gegeben, als Humos auszuwandern. Drei Schiffe mit Schjehyash an Bord starteten.
    Die Namensähnlichkeit konnte kein Zufall sein. Ich war mir ziemlich sicher, es hier mit den Nachkommen jener Ausgewanderten zu tun zu haben. Mindestens eins der drei Schiffe mußte vom Kurs abgekommen und auf Rorqual abgestürzt sein.
    Mir fielen ihre Sitten und Zeremonien wieder ein, und mir krempelte sich dabei fast der Magen um.
    Ich beobachtete weiter.
    Die Schamanen beendeten den Feuertanz. Kurz darauf kamen andere Nordmänner mit großen Tragen. Ich kniff die Augen zusammen. Auf den Tragen lagen die Leichen ihrer im Kampf um das Tal der grünen Blumen umgekommenen

Weitere Kostenlose Bücher