Die Terranauten 071 - Der Jahrmillionen-Fluch
Wirklichkeit zurück. Wie immer klang diese Stimme voll und männlich, angenehm, selbstbewußt, überzeugend und … Ach, es ist Illusion! dachte sie prompt. Eine verdammte Illusion, aus dem schmallippigen Mund eines Monsters mit weicher und doch überaus strapazierfähiger Gummihaut, widerlich deutlich hervortretenden Muskelsträngen, die seltsam verdreht wirkten, und einem grünen Flaum – wie bei einem gefärbten Küken.
Cantos ist kein Mann, und wenn er es wäre, hätte ich längst gewonnen, wären wir längst auf dem Rückweg, und das Schiff würde sich in meiner Gewalt befinden.
Ich hätte mit diesem Schiff ungeahnte Möglichkeiten. Cantos hat bewiesen, zu was ihn das Schiff alles befähigt. Er hat die allmächtigen Grauen Garden auch in der Vergangenheit ganz schön an der Nase herumgeführt.
Und er hat die entsetzliche Oxyd-Katastrophe im Sonnensystem gebändigt und damit Milliarden das Leben gerettet.
Cantos sagte: »Fünfhundert Millionen Jahre sind seit dem Unglück vergangen. Eine ungeheuer lange Zeit – in unseren Begriffen –, doch nur ein Augenblick, setzt man kosmische Maßstäbe zugrunde.«
Nach wie vor war der Raum, an dem sich einst die Galaxis befunden hatte, leer. Alles erschien jetzt größer. Kein Wunder, denn sie waren immerhin fünfhundert Millionen Lichtjahre näher gekommen. Eine unvorstellbare Distanz. Diesen Anblick würde man von der Erde aus erst in ungefähr eineinhalb Milliarden Jahren haben können!
Chan de Nouille hatte das Vergnügen bereits jetzt. Nur zweifelte sie ernsthaft daran, daß man dies hier als Vergnügen bezeichnen konnte.
Die Schwärze wurde zuweilen von Blitzen erhellt. Chan de Nouille könnte sich die Vorgänge nicht erklären. Es bedurfte der Erläuterung durch den Außerirdischen.
»Bei der Katastrophe gab es eine Wechselreaktion zwischen Weltraum II und Weltraum I. Das stabile Gefüge brach plötzlich zusammen, nachdem diese Stabilität überstrapaziert worden war. Doch das haben wir ja miterleben können. Auch die Phase der neuen Stabilität haben wir gesehen. Der schwarze Fleck ist nicht vergleichbar mit einem Schwarzen Loch. Er zieht nichts an, was sich außerhalb seines Bereiches befindet. Dennoch herrschen im Innern eigene Gesetze. Man kann diese Zone getrost als Schwarzes Universum bezeichnen. Es gibt keine Trennmauer mehr zwischen Weltraum II und dem Normaluniversum. Alles ist aufgehoben.«
»Dann mußte sich in der neuen Zone eine eigene Gesetzesmäßigkeit entwickeln?« vermutete die Große Graue.
»So ist es. Die menschlichen Wissenschaftler behaupten, daß die Energien von Weltraum II keinen der den Menschen bekannten physikalischen Gesetzen gehorchen. Der andere Weltraum sei fremd, unerklärlich, chaotisch. Versuchte man, seine Energien anzumessen, und durch das künstliche Triadische Monochord als Grundlage für den Kaiserkraftantrieb besitzt man ja inzwischen einen Zugang ohne PSI zu Weltraum II, erhalte man sich ständig widersprechende Meßwerte. Folglich gelte für Weltraum II nur eine einzige Regel, nämlich die, daß es dort keine Regel geben könnte. Deshalb könnte es auch keine Orientierungsmöglichkeit geben.
Nun, ich kann Ihnen versichern, daß eure Wissenschaftler nur in einem einzigen Punkt recht haben: daß die Energien von Weltraum II keinen der den Menschen bekannten physikalischen Gesetzen gehorchen! Von daher jedoch eine völlige Gesetzlosigkeit abzuleiten, erscheint mir sehr verwegen.«
»Sie wissen es natürlich, wie immer, auch diesmal sehr viel besser, nicht wahr?«
»In der Tat, liebe Chan: Es gibt nichts ohne Regel, denn jede Regel wird von den Wechselbeziehungen abgeleitet. Nichts ist und nichts läuft ab ohne die Gesetze der Wechselbeziehungen. So hat auch das größte Chaos seine Wertigkeit.«
»Und jetzt werden Sie mir haarklein die Zusammenhänge in Weltraum II erklären, nicht wahr? Damit werden Sie für eine ungeheure Sensation sorgen, die alles über den Haufen wirft, was die Menschheit bisher über Weltraum II erfahren hat – einschließlich der gesamten Treibersippschaft!«
»Damit überschätzen Sie Ihren Gesprächspartner, Chan. Niemand kann die Gesetzesmäßigkeiten von Weltraum II bestimmen, denn allein die Tatsache, daß man das Chaos dieses Kontinuums mit einer eigenen Wertigkeit erkennt, zeigt schon die Unfähigkeit zu begreifen. Wie könnte jemand Weltraum II erklären, wenn es bislang unmöglich erscheint, das uns bekannte Universum in seinen Gesetzesmäßigkeiten zu erklären? Dieses unser
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