Die Terranauten 081 - Treiber-Piraten
vor dem Feuertod zu retten.«
Der Erste Offizier winkte ab. »Dazu liegt kein Grund vor.«
»Doch«, beharrte der Treiber. »Es gibt einen Grund. Das Mädchen soll nämlich wegen uns verbrannt werden!«
»Wegen uns?« wunderte sich Jeng-Jeng.
»Ja. Ich habe mich ein bißchen telepathisch umgetan und dabei einige Feststellungen gemacht. Die Männer in den gelben Kutten bilden so etwas wie eine Sekte, die sich mit der Verehrung von Weltraumfahrern beschäftigt. Die Gelbkutten haben irgendwie herausgefunden, daß wir uns im Anflug befinden. Und nun wollen sie das Mädchen opfern, um uns … gnädig zu stimmen.«
»Das ist ihre Sache«, erwiderte Jeng-Jeng achselzuckend. »Warum sollten wir uns in barbarische Sitten und Gebräuche einmischen? Es gibt ein Konzilsgesetz, das es verbietet, in die kulturelle Entwicklung anderer intelligenter Rassen einzugreifen.«
»Unsinn! Dieses Gesetz bezieht sich auf nichtmenschliche Rassen. Davon kann hier aber keine Rede sein. Die Bewohner von Heinlein IV sind Nachkommen terranischer Siedler. Und damit sieht die Sache doch schon ganz anders aus, wie?«
»Ich sehe da keinen großen Unterschied«, meinte Jeng-Jeng. »Aber wenn Sie schon in den Köpfen der Einheimischen herumgeschnüffelt haben … Wie sieht es denn aus mit unseren Chancen, Haapala erfolgreich behandeln zu können?«
»Wir haben keine Chancen«, sagte Siri Lankard. »Unsere Vermutungen, daß die Bewohner von Heinlein IV einen kulturellen, technischen und zivilisatorischen Rückschritt erlitten haben, treffen voll und ganz zu. Erkrankungen des Geistes sind hier nicht heilbar – und Erkrankungen des PSI-Sinnes schon gar nicht.«
»Was habe ich gesagt?« gab der Erste Offizier beinahe triumphierend zurück. »Am besten dürfte es sein, wenn wir unverzüglich zur STORTIS zurückkehren. Sonst verlieren wir noch mehr Zeit.«
»Und das Mädchen auf dem Scheiterhaufen?«
»Zur Hölle mit Ihrem Mädchen!« sagte Jeng-Jeng ärgerlich.
Ain Lavalle hatte die ganze Zeit über mit geistesabwesendem Gesichtsausdruck dagesessen, ein untrügliches Zeichen dafür, daß auch sie ihre PSI-Sinne aktiviert hatte.
»Es wäre vielleicht ein Fehler, wenn wir uns nicht um das Mädchen kümmern«, sagte sie jetzt.
Jeng-Jeng war erstaunt. »Was denn, eine ehemalige Graue leidet auch an der Krankheit der Gefühlsduselei?«
»Ich rede nicht von Gefühlsduseleien, ich rede von unserer konkreten Situation!«
»Ich weiß nicht, was Sie meinen, Treiberin«, sagte Jeng-Jeng.
Ain Lavalle lächelte dünnlippig. »Unsere konkrete Situation sieht so aus, daß wir aufgrund personeller Unterbesetzung nicht in der Lage sind, die STORTIS durch Weltraum II zu steuern, richtig?«
»Wem sagen Sie das?«
»Nun, es gibt vielleicht noch eine andere Möglichkeit, die unbefriedigende PSI-Kapazität unserer Loge zu steigern, ohne dabei auf Kirju Haapala zurückzugreifen.«
»Sie reden in Rätseln, Lavalle!«
»So, tue ich das?« Ain Lavalle wandte sich an ihren Logenbruder Siri Lankard. »Siri, plotte doch mal dieses Mädchen!«
Siri Lankard nickte. Er schloß die Augen, um sich besser konzentrieren zu können. Länger als eine Minute versank er regelrecht in sich selbst, dann schlug er die Augen wieder auf.
»Das Mädchen strahlt unterschwellige PSI-Wellen aus«, stellte er dann fest.
»Genau das meinte ich«, sagte Ain Lavalle befriedigt.
Laacon Merlander wurde sofort hellhörig. »Das Mädchen auf dem Scheiterhaufen verfügt über Treiberkräfte?«
»Zumindest sind diese latent vorhanden«, antwortete Ain Lavalle. »Inwieweit das Mädchen davon bewußt Gebrauch machen kann, läßt sich natürlich aus dieser Entfernung und in der Kürze der Zeit nicht feststellen.«
Siri schloß sich der Ansicht seiner Logenschwester voll und ganz an.
Laacon Merlander klatschte in die Hände. »Das ist es! Verstehen Sie, Erster Offizier?«
»Nicht so ganz«, antwortete Jeng-Jeng gedehnt.
»Selbst eine latente PSI-Begabung läßt sich bei der Logenarbeit nutzbringend einsetzen. Wenn wir dieses Mädchen in unsere Reihen aufnehmen könnten …«
»Jetzt habe ich verstanden«, sagte Jeng-Jeng. »Worauf warten wir noch?«
*
Mit unseren schußbereiten Gewehren im Anschlag stürmten Falk und ich auf die Plattform hinaus.
Der Anblick, der sich unseren Augen bot, entsprach genau meiner Vision: ein von Flammen eingehüllter Scheiterhaufen, um den ein gutes Dutzend Kuttenträger herumstand.
Gerade trat wieder einer von ihnen vor und wollte mit seiner
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