Die Terroristen
Senator ein trainierter Händeschüttler war, er war ja auch tatsächlich einmal Präsidentschaftskandidat gewesen. Mit einem Dolmetscher von der Botschaft auf den Fersen, ging er auf jeden der in dem Raum Anwesenden zu und drückte ihm die Hand. Martin Beck war einer der ersten, die davon betroffen waren und ihm wurde unmittelbar bewusst, wie auffallend Vertrauen erweckend und fest dieser Händedruck war.
Nur Gunvald Larsson fiel etwas aus der Rolle. Er drehte der gesamten Versammlung den Rücken zu, stellte sich ans Fenster und starrte hinaus. Draußen schwärmten Möllers Agenten im Schneematsch umher, während die Fahrzeuge der Eskorte auf ihre Plätze eingewiesen wurden und die kugelsichere Limousine direkt vor der Tür zu stehen kam.
Nach einigen Minuten fühlte er ein kräftiges Klopfen auf seiner Schulter, drehte sich um und starrte in das Steingesicht mit der Zigarre.
»The Senator wants to shake hands«, sagte der Leibwächter, und die Zigarre wippte ein wenig, während er sprach.
Er wirkte beinahe ebenso menschlich wie Frankensteins Monster.
Der Gast lächelte noch gewinnender und blickte Gunvald Larsson in die porzellanblauen Augen. Die des Senators waren gelb wie bei einem tibetanischen Tiger.
Gunvald Larsson überlegte nur einige Sekunden, dann streckte er seine blond behaarte rechte Faust aus und drückte zu, so kräftig er konnte.
Das war eine Sache, mit der er sich schon bei der Marine amüsiert hatte, und er hielt fest, bis das Lächeln des Politikers zu einer ziemlich gezwungenen Grimasse erstarrte. Das Steingesicht beobachtete die Prozedur aufmerksam, die Zigarre rührte sich nicht einen Millimeter. Mehr als eine Miene konnte der Mann offenbar nicht zeigen.
Hinter dem Rücken des Senators hörte Gunvald Larsson den Dolmetscher etwas von »Commander« und »special police« murmeln. Als er die Hand losließ, sah das Antlitz des ausländischen Gastes endgültig so aus, als ob dessen Träger auf der Toilette säße.
Die Fotografen sprangen hin und her und knipsten. Manchmal gingen sie in die Hocke, um interessante Blickwinkel zu bekommen, und einer legte sich sogar mit dem Rücken auf den Boden und schoss Fotos. Seine Kollegen schienen etwas eifersüchtig zu sein, weil sie nicht vor ihm auf diese uralte Idee gekommen waren.
Der Regierungschef lief mit seinem Leibwächter auf den Fersen beinahe wie Bulldozer Olsson umher. Ihm lag daran, loszufahren, aber einerseits musste der Champagner ja getrunken werden, andererseits war man dem Zeitplan um 12 Minuten voraus, worauf der anwesende Fernsehproduzent pausenlos hinwies.
Martin Beck trank seinen Champagner aus, während Gunvald Larsson seinen in den Topf eines ungewöhnlich hässlichen Ziergewächses goss, in der stillen Hoffnung, dass die Pflanze danach an akuter Alkoholvergiftung eingehen würde. Das Steingesicht verbarg die rechte Hand unter der Jacke und hob das Glas mit der linken, als ob er vorhätte, sowohl das Glas wie auch die Zigarre aufzuessen.
Eric Möller war nicht zu sehen.
Martin Beck fragte sich, ob er im besten Stil der Sicherheitspolizei die Nahbewachung vom Hubschrauber aus übernehmen würde, was seine Gedanken sofort auf Stig Malm lenkte, der beinahe besessen war von seiner Vorliebe für Hubschrauber. Er sowohl wie der Rikspolis-Chef waren übrigens im VIP-Raum anwesend; Letzterer zeichnete sich dadurch aus, dass er elegant und fließend, wenn auch etwas schnarrend, englisch sprach, zuerst mit dem Senator und dann mit dem Steingesieht, der keine Miene verzog und nicht ein einziges Wort zu begreifen schien. Vermutlich war der Mann kein Absolvent von Princeton oder Yale.
Der Botschafter der USA war auch sehr beschäftigt. Er war weiß und lief nicht Gefahr, »Housenigger« genannt zu werden wie sein Vorgänger, und wenn man die Schar seiner nächsten Untergebenen sah, fragte man sich unwillkürlich, wie groß die Zahl der Botschaftsangehörigen sein mochte, mit der das mächtige Land im Westen eigentlich aufwartete.
Draußen summten die Motorräder. Ihre Fahrer gehörten zu einer Spezialtruppe innerhalb der Polizei, die sich dem Korps angeschlossen hatten, weil sie es schön fanden, mit dem Motorrad umherzufahren. Sie waren häufig mit Vorführungen zum Tag der Polizei oder bei anderen ähnlichen Gelegenheiten beschäftigt. Die Männer hatten auch den Ehrgeiz, vorzuführen, wie man mit einem schweren Motorrad plötzlich hervorschoss, ohne dass es sich wie der Bombenüberfall auf Dresden oder eine Serie von Raketenstarts
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