Die Teufelshaube
über dem nächsten, als hätte ein Apotheker seine Pillen in einer Reihe fest in Papier gewickelt und dann aufrecht hingestellt. Die Tür zu den einzelnen Räumen befand sich jeweils auf einem kleinen Absatz in der gewundenen Treppe. Der zweite Raum, den sie erreichten, hatte ebenso wie der erste offensichtlich hauswirtschaftlichen Zwecken gedient. Leere Ständer, einige herumliegende Strähnen Rosshaar zum Polieren und der Bienenwachsgeruch ließen vermuten, dass es sich um eine Art großen Putzschrank handelte.
Darüber die Mägdestube: vier Holzbetten, von denen man die Strohsäcke und Decken geklaut hatte, sonst nichts.
Jeder Raum war menschenleer. Jeder war jeweils ein bisschen behaglicher als der direkt unter ihm liegende. Ein Nähzimmer, aus dem so gut wie alles geplündert worden war, doch auf den Tischen, die unter jeder Schießscharte standen, um möglichst viel Licht zu bekommen, lagen Stoffstreifen und ein einsames Nadelkissen. Eine Gipspuppe lag zerbrochen auf dem Boden; einige Scherben waren anscheinend bis hinaus auf den Treppenabsatz getreten worden.
»Die haben sie gehasst«, sagte Adelia, als sie durch einen Türbogen spähte.
»Wer?«
»Die Diener.«
»Wen gehasst?« Der Bischof geriet außer Atem.
»Rosamund«, antwortete Adelia. »Oder diese Dakers.«
»Bei
der
Treppe? Kann ich verstehen.«
Sie betrachtete grinsend seinen schwerfälligen Rücken. »Ihr habt zu bischöflich getafelt.«
»Wenn Ihr das sagt, Mistress.« Er war nicht gekränkt. Und das war eine Abfuhr. Früher wäre er entrüstet gewesen.
Nicht vergessen, dachte sie. Wir sind nicht mehr vertraut, wir halten Abstand.
Der vierte Raum – oder war es schon der fünfte? – war nicht geplündert worden, obwohl er strenger aussah als die anderen. Ein schmales Bett mit grauer Tagesdecke, die akkurat glattgestrichen war. Ein kleiner Tisch mit Krug und Waschschale darauf. Ein Hocker. Eine schlichte Truhe mit einigen ebenso schlichten und ordentlich gefalteten Frauenkleidern darin.
»Dakers’ Zimmer«, sagte Adelia.
Allmählich bekam sie ein Gespür für die Haushälterin, eines, das ihr Angst machte.
»Hier ist keiner. Weiter.«
Doch Adelia war fasziniert. Hier hatten die Plünderer aufgegeben. Hier, da war sie sicher, hatte Drachendakers auf der Treppe gestanden, ebenso furchteinflößend, wie Bertha sie beschrieben hatte, und hatte die Meute aufgehalten.
In die Westmauer über Dakers’ Bett war Rosamunds Wappen eingemeißelt. Es war buntbemalt und vergoldet, so dass es den grauen Raum beherrschte. Als Adelia ihre Kerze hob, um es genauer zu betrachten, hörte sie, wie Rowley in der offenen Tür nach Luft schnappte, und das nicht, weil er außer Atem war.
»Himmelherrgott«, sagte er. »Das ist Wahnsinn.«
Ein äußerer Schild zeigte die drei Leoparden und die Lilien, in denen mittlerweile jedermann in England das Zeichen des angevinischen Plantagenet-Königs erkannte. Darin war ein kleinerer Schild eingelassen. Er war geviert, und in einem Viertel war eine Schlange abgebildet, im anderen eine Rose.
Selbst Adelia mit ihren dürftigen Heraldikkenntnissen erkannte, dass sie das Wappen eines Ehepaares vor sich sah.
Der Bischof trat neben sie und starrte es an. »Henry. Im Namen Gottes,
Henry,
was hat Euch geritten, dass Ihr das erlaubt habt? Das ist Wahnsinn.«
Unter dem Wappen war ein Motto in die Mauer gemeißelt worden. Wie die meisten Wappenmotti war es ein Wortspiel.
Rosa Mundi.
Rose der Welt.
»Oje«, sagte Adelia.
»Jesu Erbarmen«, hauchte Rowley, »wenn die Königin das gesehen hat …«
Wappen und Motto ergaben zusammen eine Verhöhnung sondergleichen.
Er zieht mich dir vor. Ich bin seine Frau, nur nicht dem Namen nach, ich bin die wahre Königin seines Herzens.
Die Gedanken des Bischofs überschlugen sich. »Verflucht. Ob Eleanor das gesehen hat oder nicht, spielt keine Rolle. Andere werden vermuten, dass sie davon gewusst hat und Rosamund deswegen töten ließ … Das ist Grund genug für einen Mord. Das ist eine höhnische Anmaßung.«
»Es ist ein bisschen Stein mit einem Muster drauf, das eine törichte Frau dort anbringen ließ«, widersprach Adelia. »Macht das wirklich so viel aus?«
Anscheinend ja. Einer Königin war ihr Stolz wichtig. Das wussten ihre Feinde ebenso wie die Feinde des Königs.
»Ich würde das Weib umbringen, wenn es nicht schon tot wäre«, sagte der Mann Gottes. »Ich lasse den Turm mit ihr drin niederbrennen. Das ist eine Aufforderung zum Krieg.«
Adelia war
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