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Die Teufelshure

Die Teufelshure

Titel: Die Teufelshure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina André
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unterhielten sich angeregt, die Kellnerinnen liefen umher und servierten die Bestellungen. Vielleicht sollte er besser Paddy anrufen und ihn um Unterstützung bitten, doch die Blöße wollte er sich eigentlich nicht geben.
    »John? Glauben Sie, das ist verrückt? Sagen Sie es ruhig.«
    John hatte Mühe, sich zu sammeln und ihren Fragen zu folgen. Tausend Gedanken schossen ihm durch den Kopf. Er versuchte kraft seiner Fähigkeiten zu ihren Gefühlen vorzudringen, was ihm wegen seiner Aufregung nur leidlich gelang. Aber da war nichts, was ihn hätte warnen können. Keine einzige negative Schwingung. Im Gegenteil, Lilian genoss augenscheinlich seine Gesellschaft.
    »John, was ist los? Habe ich etwas Falsches gesagt?«
    »Nein … nein«, stammelte er. »Ganz und gar nicht. Es ist nur, ich bin ziemlich überwältigt von Ihren Erzählungen.«
    Und was wäre, dachte er bei sich, wenn sie die Wahrheit sagte? Wenn sie wirklich ein Mittel gefunden hatte, das den Beweis ihrer Nachkommenschaft von Madlen erbrachte?
    »Haben Sie schon einen Test auf genetische Übereinstimmung machen lassen?« John hoffte auf molekularbiologische Fakten, die seine Befürchtungen zu entkräften vermochten.
    »Sie meinen, ob ich die Leiche habe exhumieren lassen?« Lilian sah ihn überrascht an. »Nein, so weit war ich noch nicht. Da war ja noch die Sache mit den Blumen, die ich erst klären wollte. Außerdem ist es fraglich, ob nach so langer Zeit überhaupt noch was von der Toten übrig ist. Wenn Sankt Munda in der Wüste läge, vielleicht, aber die Insel liegt mitten im Loch Leven und ist ein Feuchtgebiet mit einem konstanten Grundwasserspiegel.«
    John wagte kaum, die Frage zu stellen, und doch ließ es ihm keine Ruhe.
    »Vorausgesetzt, Ihre Geschichte hält einer wissenschaftlichen und historischen Untersuchung stand, würde das nicht bedeuten, dass das Kind die grausame Prozedur des Herausschneidens überlebt hat?«
    Sie ließ sich Zeit mit einer Antwort.
    »Selbstverständlich, wenn meine Theorien sich bewahrheiten, müsste es so sein«, sagte sie schließlich. »Das Kind hätte überlebt und Madlens grauenhafte Erfahrungen an die folgenden Generationen vererbt, allerdings auch die schönen Momente.« Lilian nickte ihm arglos zu und lächelte ihn an. John suchte plötzlich verzweifelt nach Spuren seiner eigenen Familie in Lilians Gesicht, konnte aber nichts finden. Sie sah Madlen ähnlich, aber nichts deutete auf Spuren der Camerons hin.
    Er hatte Cuninghame und seine Söldner verdächtigt, Madlens Leiche geschändet zu haben, jedoch hatte er nie eine Spur des Kindes gefunden. Es war tot, da waren er und seine Kameraden vollkommen sicher gewesen, und er selbst war als gebrochener Mann aus diesem Erlebnis hervorgegangen. Mental zu geschwächt, um Cuninghame sofort zu bekämpfen, hatte er wie ein Schatten seiner selbst den Bürgerkrieg überlebt, und währenddessen hatten sich Cuninghame und die wichtigsten Mitglieder seiner Bruderschaft davongemacht. Zuerst nach Deutschland, wo es ihnen in den Nachkriegswirren des Dreißigjährigen Krieges leichtgefallen war, neue Beute zu finden, und dann in die Neue Welt, wo sie sich an den eingeborenen Indianern gütlich getan hatten. Erst nachdem Oliver Cromwell in Edinburgh eingezogen war und James Graham, 1. Marquess of Montrose, öffentlich hatte vierteilen lassen, war John zu neuem Leben erwacht, um seiner Rache Genüge zu tun und die Jagd auf Lord Chester Cuninghame zu eröffnen. Wenig später schiffte er sich zusammen mit seinen Kameraden in die Neue Welt ein, um in Nova Scotia eine geheime Freimaurerloge zu gründen, die sich den Kampf gegen den Satan im wahrsten Sinne des Wortes mit einem geflügelten Drachen auf die Fahne geschrieben hatte. Und obwohl inzwischen dreihundertfünfzig Jahre vergangen waren, dauerte der Krieg gegen die Panaceaer immer noch an. Bisher war es John und seinen Getreuen nicht gelungen, der Schlange den Kopf abzuschlagen.
    John bestellte sich einen doppelten Whisky und trank ihn in einem Schluck.
    »Ist Ihnen nicht gut?« Lilians aufrichtig besorgte Miene ließen ihn zweifeln, dass sie zu Cuninghames Bande gehörte. Aber solange er nicht sicher wusste, was für ein Spiel hier gespielt wurde, durfte er sich ihr gegenüber nichts anmerken lassen.
    »Ich muss Sie enttäuschen«, sagte er mit heiserer Stimme. »Wer auch immer die Blumen auf das Grab dieser Frau gelegt hat – sie sind nicht von mir.«

29

Schottland 2009 – »Familienbande«
     
    Lilian verfluchte sich

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