Die Teufelshure
der wie ein abenteuerlustiger Pfadfinder die Anhöhe hinaufstürmte, immer größer.
Vor dem nächsten Hügel blieb Dough stehen und wartete demonstrativ auf Murray. Als der Detective sich trotz aller Unlust so weit genähert hatte, dass er ohne zu schreien mit ihm reden konnte, vergrößerte Dough erneut den Abstand. Plötzlich blieb er stehen, drehte sich um und warf die Arme in die Höhe. »Ich sehe was, was Sie nicht sehen!«, rief er Murray triumphierend entgegen. »Ich glaube, wir sind am Ziel!«
Murray beschleunigte seine Schritte, wie ein durstiges Pferd, das ein Wasserloch wittert.
Umso unmissverständlicher offenbarte sich seine Enttäuschung, als Dough ihm eine uralte Ruine mit drei gewaltigen Türmen präsentierte. Weit und breit war keine Menschenseele zu sehen, nur der Wind pfiff um die ockerfarbenen Steine.
»Und?« Murray warf Dough einen verdrießlichen Blick zu. »Was soll das jetzt bedeuten?«
»Hier ist exakt die Stelle, wo das Signal verstummt ist. Vielleicht finden wir dort unten das Hemd.« Dough zwinkerte ihm hoffnungsfroh zu.
»Vielleicht sollten wir nach Trümmern suchen, weil der Helikopter hier irgendwo vom Himmel gefallen ist«, spöttelte Murray und wandte sich zum Gehen.
Wenn es um seine Glaubwürdigkeit ging, verstand Dough keinen Spaß, erst recht nicht, weil Murray sich über ihn lustig machte. »Okay«, sagte er sichtlich verärgert. »Dann kehren Sie eben um. Wenn Sie lieber den Preis des Verlierers zahlen wollen, anstatt Doughs alter Spürnase zu vertrauen.«
»Wissen Sie was?« Murray stampfte auf Dough zu wie ein Stier, dem man ein rotes Tuch entgegenhielt, dabei hob er seinen rechten Zeigefinger in Oberlehrermanier und tippte Dough so fest auf die Brust, dass es wehtat. »Genau das werde ich tun! Sie sind das, was man einen echten Quälgeist nennt. Ich kann mir lebhaft vorstellen, dass sie bei Ihren Kollegen nicht sehr beliebt waren.«
Dass Murray ihn als einen Querulanten bezeichnete, traf Dough bis ins Mark. Der Stachel saß deshalb so tief, weil Dough selbst nicht sicher war, ob Murray vielleicht recht haben konnte.
»Gehen Sie zum Teufel«, schnaubte Dough. »Ich komme auch allein zurecht. Sollte ich jedoch etwas finden, werde ich es nicht Ihnen, sondern Agent Remmington melden.«
Während Murray sich umdrehte und demonstrativ davonmarschierte, steuerte Dough direkt auf die Ruinen zu. Er war fest entschlossen, den Gegenbeweis zu führen, dass sich hier etwas befand, mit dem niemand rechnete. Sollte die Welt doch im Angesicht von Scotland Yard und MI5 an diesen verdammten Panaceaern zugrunde gehen. Dough Weir würde es jedenfalls nicht zulassen, solange er noch atmen konnte. Und am Ende würde er die Lorbeeren kassieren, frei nach dem Motto: Seht her, ich hab’s gewusst, aber mir hat ja niemand geglaubt.
Dabei verdrängte er geflissentlich den Umstand, dass er mitten in den Highlands festsaß, wenn Murray nicht mit dem Wagen auf seine Rückkehr wartete.
Wie ein Spürhund stöberte Dough zwischen den uralten Mauern umher. Äußerlich war die Architektur der gewaltigen Anlage noch gut zu erkennen. Im Innern waren etliche Treppen zusammengebrochen. Dough arbeitete sich vorsichtig zu einem Untergeschoss hinab, indem er eine schmale unbefestigte Stiege hinunterkletterte. Der Boden war mit gelblichem Staub bedeckt, und wenn ihn nicht alles täuschte, waren darin frische Fußspuren zu sehen. Obwohl ihm eine innere Stimme eine deutliche Warnung erteilte, kletterte Dough weiter in einen Gewölbekeller hinunter. Hier verharrte er einen Moment, weil er glaubte, jemanden reden zu hören. Als völlig unvermittelt im Mauerwerk eine Tür aufsprang und ein Lichtschein auf Dough fiel, schrak er geistesgegenwärtig zurück. Doch es war zu spät. Die beiden schwarzuniformierten Wachmänner hatten ihn längst gesehen, und ehe Dough überhaupt realisierte, dass man ihn angegriffen hatte, saß er gefesselt vor einem weißhaarigen Mann in einer ebenso weißen Kutte.
»Wer ist der Kerl?« Der Weißhaarige schien nicht gerade erbaut über Doughs Besuch zu sein.
»Er schlich draußen in den Mauern herum.«
»Gebt ihm eine Injektion und lasst ihn wieder laufen. Wahrscheinlich ist er nur ein Tourist. Er wird sich an nichts erinnern.«
Dough wollte schon aufatmen. Seit er dieses Ayanasca-Zeug von Lilian bekommen hatte, zeigten Injektionen, die das Gedächtnis löschten, offenbar keine Wirkung mehr. Jedenfalls war es bei CSS so gewesen. Also konnte er sich beruhigt zurücklehnen und
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