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Die Teufelssonate

Die Teufelssonate

Titel: Die Teufelssonate Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex van Galen
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schläfst oder arbeiten mußt.«
    Er ertrug es nicht, daß sie einfach so wieder aus seinem Leben verschwinden wollte, und hielt sie mitten auf der Treppe zurück.
    »Wo wohnst du eigentlich?«
    »Was geht dich das an?«
    »Vielleicht kann ich dich ja mal besuchen.«
    Sie lächelte rätselhaft verlegen, fast verschämt. Dann lief sie hinaus.
    »Ich bewahre immer einen Ersatzschlüssel unter dem großen Blumentopf im Hauseingang auf«, rief er ihr nach. »Du darfst kommen, wann du willst, Senna.«
    In dieser Nacht sagte er ihren Namen wieder und wieder vor sich hin und schmeckte den Klang, als ob er sie damit herbeizaubern könnte.
 
    In dieser Woche kehrte sie nicht zurück. Er ging nicht mehr in Kneipen und begann sogar, seine Musik zu vernachlässigen. An manchen Tagen hing er nur lustlos im Bett herum. Doch als er nach einer schlaflosen Nacht in die Küche kam, um etwas Wasser zu trinken, erschrak er: Im Wohnzimmer saß jemand. In seinem Lesesessel erkannte er ihre unscharfen Konturen. Es war Senna. Sie war über einem Roman von Victor Hugo eingeschlafen. Er schlich ins Zimmer und setzte sich leise neben sie auf den Boden, um das friedliche Gesicht zu betrachten. Streifen liefen über ihre Wangen. Er wußte nicht, ob sie wegen des Romans geweint hatte oder ob etwas passiert war. Die Zeit versank in einer unsagbaren Tiefe. Unter ihrem Ärmel entdeckte er ein Stück von der Narbe auf ihrem Unterarm, die so gut wie verheilt war.
    Als sie erwachte, hatte er keine Ahnung, wie lange er dort gesessen hatte. Sie hatte wieder diesen wunderbaren, rätselhaften Ausdruck im Gesicht und schien fast überrascht zu sein, ihn zu sehen.
    »Du erinnerst dich also noch, wo ich wohne?« fragte er überflüssigerweise.
    »Ich mußte ein bißchen allein sein. Und ich wußte nicht, wo ich hinsollte. Und da dachte ich …«
    »… ich kenne doch noch irgendwo einen verrückten Pianisten.«
    Er wagte nicht weiterzufragen, sondern begann Frühstück zu machen und Orangen zu pressen. Sie aßen schweigend. Dann wollte sie eine CD von Martha Argerich hören. Er setzte sich neben sie aufs Sofa, und sie legte ihre Füße über seine Beine. Er nestelte an dem Goldkettchen mit den blauen Perlen an ihrem Fußgelenk. Währenddessen schweiften seine Augen immer wieder ab zu ihren schönen Formen unter dem hellgrauen Kleid.
    Er fragte, ob sie Lust habe, durch Paris zu spazieren. Es sei schönes Wetter und kein Mensch unterwegs. Sie sagte, sie habe nicht viel Zeit, aber er ließ nicht locker. Sie schlenderten an Buden vorbei, die aufgebaut wurden, und tranken Kaffee in einem Straßencafé, das noch halb leer war. Notovich fand es herrlich, Niederländisch mit ihr zu sprechen, so daß sie niemand verstehen konnte. Genau wie er früher mit Linda Russisch gesprochen hatte. Er offenbarte Senna freimütig seine intimsten Ängste und Sehnsüchte. Als ihnen kalt wurde, gingen sie weiter. Die Straßen füllten sich, und sie redeten nicht mehr viel. Es war, als wären sie schon seit Jahren zusammen.
    Auf dem Heimweg hielt Senna ihn plötzlich an.
    »Ach Gottchen, guck mal …«
    Sie hob einen halbzerquetschten Käfer auf. Wahrscheinlich war jemand draufgetreten.
    »Den kannst du am besten gleich töten«, meinte Notovich.
    »Niemals.«
    Sie legte den Käfer in eine aufgefaltete Serviette und gab sie ihm.
    »Was soll ich damit?«
    »Gut für ihn sorgen. Ich sehe auch bald mal nach, wie es ihm geht.«
    Dann stieg sie in ein Taxi und verschwand.
    Das Tierchen war bereits tot, als er zu Hause ankam. Er wagte nicht, es in der Toilette hinunterzuspülen, sondern begrub es. Sie fragte nie mehr danach.
 
    Zunächst kam sie sporadisch, oft abends oder mitten in der Nacht. Sie müsse mal auftanken, sagte sie dann. Zeit zum Reden oder einfach nur Nichtstun und Musik hören. Ein paar Tage später schaute sie wieder vorbei, und so flatterte sie in seinem Leben ein und aus, ohne zu verraten, wo sie wohnte oder wovon sie lebte. Sie stellte ihn nie Freunden oder Freundinnen vor, berichtete nie von Kollegen. Sie erzählte auch nie etwas über jene Nacht im Regen und ob sie den Mann von damals noch manchmal sah. Vielleicht kam sie zu ihm, um sich nach einem Streit vor dem Mann zu verstecken. Er erinnerte sich an die Kratzer auf ihren Armen. Es kamen keine neuen hinzu, oder sie wußte sie gut zu verbergen. Sie trug meistens lange Ärmel. Nach einer Weile schlug er sich den anderen Mann aus dem Kopf. Er ging davon aus, daß Senna ihn nicht mehr traf.
    Vom ersten Tag an benahm

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