Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Teufelssonate

Die Teufelssonate

Titel: Die Teufelssonate Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex van Galen
Vom Netzwerk:
ihn zu küssen.
    In dieser Nacht schlief sie zum ersten Mal bei ihm. Nur mit einem Hemd und einem Slip bekleidet, schmiegte sie sich sanft an ihn. Er drehte sich zu ihr um und streichelte ihren Kopf, ihre Wangen, Schultern und Brüste. Sie ließ ihn gewähren.
    »Mischa, du mußt mir versprechen, daß du was aus deinem Leben machst. Du mußt mehr Kompositionen von Liszt einstudieren. Ihr seid füreinander geboren, das spüre ich einfach. Du mußt die ganze Welt hören lassen, was du in dir hast.«
    »Nur wenn du bei mir bleibst.«
    »Genau wie Franz und Marie?«
    »Genau wie Franz und Marie.«
    Er küßte sie. Aber mehr ließ sie nicht zu. Er konnte seinen Ärger nicht unterdrücken und stieg fluchend aus dem Bett. Er bereute seinen Ausbruch sofort, denn nun war etwas zwischen ihnen zerbrochen. Als er am nächsten Morgen erwachte, bemerkte er gerade noch, wie Senna geräuschlos aufstand und sich aus dem Schlafzimmer schleichen wollte. Wenn er ihr nicht gefolgt wäre, hätte er sie vielleicht nie wieder gesehen.

10
    » D u hältst einen ganz schön auf Trab«, sagte Linda verärgert. »Warum gehst du nicht ans Telefon?«
    »Ich habe nichts gehört«, erwiderte Notovich benommen. Er war nach der Begegnung mit »Vivien« zu aufgeregt gewesen, um zu schlafen. Erst gegen Morgen war er eingeschlummert.
    »Er lebt noch. Können wir jetzt fahren?« folgerte Wim, der ein bißchen zerknautscht neben Lindas Auto stand. »Ich habe heute noch eine Menge zu tun.«
    Wim war ein sanftmütiger Mann, der wenig Raum für sich im Leben beanspruchte. Er hatte dünnes, kurzes Haar und eine randlose Brille. Wenn man ihm die Hand gab, war es, als ob man in ein Stück weiche Butter greifen würde. Aber Notovich hatte nichts gegen ihn. Jeder Mann, der einen Blick für Lindas Qualitäten hatte, verdiente, daß man im Zweifel zu seinen Gunsten entschied.
    »Nimm du die Straßenbahn nach Hause, dann setze ich ihn bei Nicole ab«, sagte Linda.
    »Was? Und warum sollte ich dann mitkommen?«
    »Für den Fall, daß er verschwunden wäre«, sagte Linda. »Ich kann nicht suchen und gleichzeitig auf den Verkehr achten.«
    Wim seufzte für seine Verhältnisse sehr tief, und Linda schaute ihn übertrieben schuldig an.
    »Knüppel ein paar Gnome tot, wenn du wieder an deinem Computer sitzt«, sagte sie und zwinkerte ihrem Bruder zu. Wim war süchtig nach Spielen mit Zwergen und Drachen, die einander mit Schwertern und spitzen Keulen zu Leibe rückten. »Da kann er seine Aggressionen ein bißchen rauslassen«, sagte Linda immer in einem mitleidigen, aber doch verliebten Ton.
    »Wim braucht nicht mit der Straßenbahn zu fahren«, sagte Notovich. »Ich gehe nicht zu Nicole.«
    »Hörst du, Lin? Er geht nicht zu Nicole. Ich nehme das Auto.«
    »Doch, ich habe einen Termin für dich gemacht, Mischa. Es scheint mir besser, wenn du mal mit jemandem redest.«
    »Das entscheide ich schon selbst! Ich habe heute nacht kein Auge zugetan, und ich habe keinen Bedarf an Therapie!«
    Die Heftigkeit, mit der er das sagte, erstaunte ihn selbst.
    »Was hast du denn nur?« fragte Linda leise. »Nimmst du auch deine Tabletten?«
    »Natürlich nehme ich meine Tabletten. Verdammt, wofür hältst du mich denn? Für ein kleines Kind?«
    Es herrschte einen Moment lang Stille. Notovich begriff nicht, was los war.
    »Du stehst mit deiner Visage in der Zeitung, aber das traut sich Linda nicht zu sagen«, meinte Wim.
    Notovich blickte Linda an. Die versuchte, nicht besorgt auszusehen.
    »Das kommt davon, wenn sie einen vor hundert Studenten auftreten lassen. Jetzt wissen alle, daß du in Amsterdam bist. Was soll ich der Polizei sagen?« fragte sie.
    »Erzähl ihnen ruhig, wo ich wohne. Sie können mir nichts.«
    Linda seufzte tief.
    »Sie hat kaum geschlafen«, erklärte Wim.
    Notovich fühlte sich verpflichtet, den beiden eine Tasse Kaffee anzubieten. Wim kam höflich lächelnd mit hinein und blickte andauernd auf die Uhr. Notovich wollte ihnen klarmachen, daß es ihm gut gehe. So gut, daß er sogar einen Pianistenkollegen besucht habe. Er sagte allerdings nicht dazu, daß dieser eine Freundin hatte, die wahrscheinlich Senna war. Die Besorgnis verschwand nicht aus Lindas Augen. Sie müßten allen zeigen, daß alles »unter Kontrolle« sei, fand sie.
    Sie überredete ihn, mit Nicole zu sprechen.
    »Jetzt darf ich also doch die Bahn nehmen«, konstatierte Wim gutmütig. Linda gab ihm einen Kuß, drückte ihm einen abgegriffenen Sammelfahrschein in die Hand und startete den

Weitere Kostenlose Bücher