Die Therapeutin - Grebe, C: Therapeutin - Någon sorts frid
Wald um mein Haus herum mit braunen, hochgewachsenen Steinpilzen, Butterpilzen und ziegelroten Birkenpilzen gefüllt, Letztere, die unter meiner Wäscheleine im Frauenhaarmoos wachsen, sehen fast aus wie ausgedrückte Apfelsinen.
Ich sitze auf der Holztreppe unter meiner Veranda, den Korb zwischen den Beinen, und säubere Trompetenpfifferlinge. Aina steht vor dem Schuppen und hackt Holz. Sie hat sich ihren dicken Pullover ausgezogen, und durch das dünne Baumwolltop kann ich ihren sehnigen, muskulösen Körper erkennen und ihre üppigen Brüste, während sie das feuchte Holz mit kraftvollen, präzisen Bewegungen zerhackt. Nie im Leben hätte ich geglaubt, dass Aina Holz hacken kann, sie hat mich wieder einmal überrascht. Als hätte sie meine Gedanken gelesen, grinst sie fröhlich und legt die Axt ins Gras neben dem Holzstapel, wischt sich den Schweiß von der Stirn und kommt auf mich zu. Ich sage ihr, sie soll die Axt in den Schuppen legen, aber Aina lacht nur.
»Mach ich nachher, meine Prinzessin.«
Ich erwidere, dass ich es vorziehen würde, wenn sie es gleich täte, weil ich leider weiß, dass es sonst gar nicht passiert. Aber Aina zuckt nur lachend die Schultern.
»Ich verspreche dir, sie wegzuräumen, aber erst einmal will ich schwimmen gehen.«
Sie zieht sich Top, Hose und Slip aus, wirft alles ins Gras neben mir und läuft zu den Klippen. Widerstrebend lege ich
die Pilze weg und folge ihr auf die Felsen. Ich kann nicht behaupten, dass mich ein Bad heute lockt. Die Temperatur ist deutlich unter zehn Grad gesunken, der Himmel ist kompakt grau, und ein nördlicher Wind fegt übers Meer und verziert die Wellen mit kleinen weißen Schaumkronen. Aber als ich auf der Klippe stehe und über das dunkle Wasser schaue, den gelbbraunen Blasentang und das Herbstlaub sehe, das sich in Bündeln im Wasser unterhalb der Felsen sammelt, die Möwen höre, die neugierig über uns kreisen, da ziehe ich mich ebenfalls langsam aus und gehe vorsichtig zum Felsabsatz.
Der Schrei, den Aina von sich gibt, als sie sich vom Felsen ins eiskalte Wasser fallen lässt, lässt mich zusammenzucken. Wir haben kaum miteinander gesprochen, den Vormittag mit Schweigen gefüllt, den Wald seine eigene Sprache sprechen lassen: das hartnäckige Klopfen des Spechtes auf der Suche nach Larven in einer hohen Tanne, Zweige, die unter Gummistiefeln zerbrechen, und das Rascheln und Knistern von Insekten und anderen Tieren, die wir nicht mit bloßem Auge sehen können.
Jetzt landet Aina mit einem kraftvollen Klatschen mehrere Meter unter meinen Füßen im Wasser und schickt eine Kaskade kleiner, schmerzhaft kalter Wassertropfen nach oben, die meine verfrorenen Füße erreichen. Ich zögere ein paar Sekunden, tauche dann rechts von ihr ebenfalls ein.
Eiskaltes Wasser umhüllt meinen Körper, während ich schnell über die kleine Bucht auf den Anleger zuschwimme, das morsche Holz packe – glitschig und glatt von Algen und Wasserpflanzen – und nach Luft schnappe. Meine vor Kälte steifen Finger verlieren den Halt, und ich schwimme zum Strand hin, zur Wärme des Hauses und zu Aina, die dort bereits auf mich wartet, eingehüllt in eine karierte Wolldecke.
Hinterher essen wir dicke Scheiben Roggenbrot mit in Butter
gebratenen Pfifferlingen und trinken heißen Kakao. Noch einmal erinnere ich Aina daran, doch das Holz in den Vorratsschuppen zu tragen und die Axt wegzupacken, aber sie windet sich nur und murmelt etwas in der Richtung, es später schon noch zu tun.
Vor meinem Häuschen sinkt die Dämmerung übers Meer, während gleichzeitig der Wind an Stärke zunimmt.
November
Wir sitzen in meinem Wohnzimmer, Aina, Vijay und ich. Draußen ist es dunkel, und einer der ersten richtigen Herbststürme rast über Stockholm. Zweige schlagen gegen die Fensterscheiben in meinem Schlafzimmer. Ich habe den kleinen gusseisernen Kaminofen in einer Ecke des Wohnzimmers angezündet. Vor den Fenstern stehen drei Umzugskartons, gepackt mit dem Allernötigsten. Ich habe mich schließlich doch entschlossen, aufzugeben und will versuchen, einen vorübergehenden Wohnraum zu finden, bis Saras Mörder gefasst ist.
Meine Freunde sind zufrieden mit meinem Entschluss. Ich dagegen fühle mich ein wenig wie ein Kind, das angesichts der unermüdlichen Argumente der Eltern widerstrebend kapituliert hat. Ein Teil von mir möchte am liebsten gegen all das opponieren. Gegen alle, die der Meinung sind, dass ich diejenige bin, die ihr Leben ändern soll. Gegen den Mann ohne Gesicht,
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