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Die Tiefe einer Seele

Die Tiefe einer Seele

Titel: Die Tiefe einer Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Dakota
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ereilte.
    Wie jeden Tag fuhr James mit dem Bus zum Bahnhof und von da aus mit dem Zug in die Hauptstadt. Dort nahm er dann die U-Bahn. Insgesamt brauchte er etwa eine Stunde, bis er an seinem Schreibtisch in der Zentrale von PP saß. Die Zeit nutzte er in der Regel, um bereits einige Telefonate zu führen oder an seinem Laptop zu arbeiten. Nicht an diesem Morgen. Den ganzen Weg nach Washington grübelte er. Dachte an den seltsamen Blick, den Amy ihm hinterhergeschickt hatte, und den er nur durch Zufall aufgefangen hatte. Er war sich sicher, dass dieser Blick etwas ganz Bestimmtes aussagen sollte, aber er kam einfach nicht darauf, um was es sich handeln könnte. Als er in der obersten Etage des Bürogebäudes aus dem Fahrstuhl stieg, kam ihm sein Vater entgegen.
    »Guten Morgen, mein Junge«, begrüßte dieser ihn mit seiner immer noch sehr dominanten Stimme. »Wie geht es Amy?«
    »Gut«, antwortete James abwesend. »Es geht ihr gut.«
    »Na, dann kann ich mich ja für heute verabschieden. Deine Mutter will mit mir shoppen gehen. Grundgütiger, mir bleibt auch nichts erspart.«
    James bekam gar nicht mehr mit, was genau sein Vater gesagt hatte. Nur ein Wort hatte sich ihm eingebrannt. »Verabschieden«. Die Erkenntnis traf ihn wie ein mörderischer Blitz. Verdammt, das hatte er in ihren Augen gesehen. Einen Abschied. Nicht den, den eine liebende Ehefrau ihrem Gatten zuteilwerden lässt, wenn er zur Arbeit geht. Nein, nicht diesen. Sondern den, der endgültig ist. Ein Abschied für immer.
    Ihm wurde heiß und kalt zugleich, und der leichte Magenschmerz wandelte sich in einen kaum zu ertragenden. Leichenblass fuhr er sich durch die Haare.
    »Um Gottes willen, James, was ist los mit Dir?«, fragte sein Vater besorgt und rüttelte ihn am Arm.
    »Dad, ich muss sofort zurück nach Hause«, stieß er voller Panik aus.
    »Beruhige Dich doch. Du hast gerade erst gesagt, es wäre alles in Ordnung.«
    »Bitte, Dad, ich kann Dir das jetzt nicht erklären. Ich muss los! Sofort.« Seine Stimme überschlug sich beinahe.
    »Schon gut, James! Ist ja gut«, versuchte der alte Prescott ihn zu beschwichtigen. »Ich werde gleich beim Fahrdienst Bescheid geben. Jemand wird Dich bringen. Aber ich bin überzeugt davon, dass Du Dich umsonst sorgst.«
     
    William Brighton Prescott IV. irrte sich. Das erkannte sein Sohn, als das Auto, das ihn zurück nach Baltimore brachte, neunzig Minuten später in die Straße einfahren wollte, in der er und seine Frau mit der gemeinsamen Tochter seit zwei Jahren lebten. Denn ein Abbiegen war nicht möglich. Alles war abgesperrt. Überall Blaulicht, Feuerwehr- und Polizeifahrzeuge, Krankenwagen. James sprang aus dem Wagen und rannte zu einem Polizisten an der Absperrung. »Officer, können Sie mir sagen, was hier los ist?«, fragte er den Uniformierten, und die blanke Angst stand ihm ins Gesicht geschrieben.
    »Tut mir leid, Sir, dazu kann ich Ihnen keine Auskunft geben«, wehrte ihn der Polizist kühl ab.
    James trat einen Schritt zurück, um zu überlegen, was er jetzt tun sollte. Dabei rempelte er einen älteren Herrn an, bei dem es sich allen Anschein nach um einen Schaulustigen handelte.
    »Wissen Sie, was hier passiert ist?«, fragte James ihn.
    »Es ist wirklich schrecklich, junger Mann«, erwiderte der Alte mit zittriger Stimme. »Da hat sich eine Frau mit ihrem Haus in die Luft gesprengt. Einfach das Gas aufgedreht, gewartet, ein kleines Flämmchen und peng, da war sie dahin. Keine 30 Jahre alt und auch noch schwanger. Was ist das bloß für eine Welt heutzutage?«
    Die Gedanken in James Kopf begannen, sich zu drehen. Für einen Moment glaubte er sogar, das Bewusstsein zu verlieren. Das konnte nicht wahr sein. Das durfte nicht wahr sein. Er hatte keine Ahnung, woher er dir Kraft nahm, aber mit einem gewaltigen Satz überquerte er die Absperrung und entkam mühelos der Handvoll Polizisten, die auf ihn zustürmten und ihn stoppen wollten. Aber er ließ sich nicht aufhalten. Denn er wollte zu Amy und seinem ungeborenen Sohn. Wollte sich überzeugen, dass das alles ein Irrtum war, dass es ihnen gutging.
    Er lief immer weiter in die Straße hinein, nur noch ein paar Meter, dann…..
    Und wieder traf ihn ein Blitz. Ließ ihn abrupt stehenbleiben und im gleichen Moment versteinern. Denn da, wo einmal das Haus seiner Familie gestanden hatte, war nur noch ein Trümmerfeld zu sehen. Er starrte auf diese unwirkliche Szenerie und wollte es nicht begreifen. Nichts um ihn herum drang mehr zu ihm durch, auch

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