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Die Tiefe einer Seele

Die Tiefe einer Seele

Titel: Die Tiefe einer Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Dakota
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Ihnen, Mr. Prescott? Plötzlich so still?«
    Der Amerikaner wich ihrem Blick aus. »Liegt möglicherweise daran, dass ich gerade brutal zusammengeschlagen wurde«, knurrte er säuerlich.
    Amelie kicherte. »Ja klar, ich habe Dich zusammengeschlagen. Wie nennst Du mich sonst immer? Zwerg? Und jetzt auf einmal bin ich das Monster? Passt nicht ganz, oder?«
    James Arm schnellte blitzschnell nach vorne, und er umfasste ihr Handgelenk. »Verdammt Amy, auf Deine Sprüche habe ich nun wirklich keine Lust«, fuhr er sie an. »Ich wollte Dich küssen, und Du hast mich zurückgestoßen, obwohl ich genau spüre, dass da etwas ist zwischen uns. Also erkläre es mir! Ich verstehe es nämlich nicht.«
    Amelie war leichenblass geworden. Sie versuchte seine Hand abzuschütteln, aber dazu war sein Griff zu fest.
    »Bitte James«, flüsterte sie mit zittriger Stimme. »Glaub mir, es ist besser so. Können wir nicht einfach Freunde sein? Bitte!«
    James schüttelte energisch mit dem Kopf. »Nein, Amy, das können wir sicher nicht. Nicht mehr! Dafür bist Du mir zu ……zu wichtig geworden. Ich weiß, dass Du enttäuscht wurdest von diesem anderen Kerl. Aber ich bin nicht so. Ganz bestimmt nicht. Ich würde Dich nie verletzen. Das verspreche ich Dir!«
    Amelies Gesicht verlor weiter an Farbe und ihr Atem ging stoßweise. »James, bitte!«, wisperte sie erneut und Tränen liefen über ihre Wangen. »Lass mich doch!«
    Sie so zu sehen, bremste den Mann automatisch aus. Gerade noch hatte er ihr versprochen, dass er sie niemals verletzen würde. Doch genau das tat er in diesem Augenblick.
    Geduld, James Prescott, Du musst Geduld haben!
    Er hob ihre Hand zu seinem Mund und strich ganz leicht mit seinen Lippen über die zarte Haut, dann legte er sie zurück in ihren Schoß. »Nicht weinen, Amy!«, raunte er heiser. »Ich hör‘ ja schon auf. Vorläufig jedenfalls.«
    Tief durchatmend ließ er sich auf den Rasen zurückfallen und starrte in den wolkenlosen Himmel über Berlin. Erleichtert bemerkte er nach einigen Minuten, dass Amelie es ihm gleichtat. Ruhig lagen sie nebeneinander und hingen ihren Gedanken nach. Bis plötzlich das Handy in James Hosentasche sich bemerkbar machte. Genervt setzte er sich auf, zog es heraus und sah auf das Display. »Mom?«, meldete er sich ungeduldig.
     

Kapitel 18
     
    21. November 2008 – Spiekeroog
     
    Niemand würde sie hier suchen. Nicht nur aufgrund dessen, dass das Betreten der Dünen in diesem Bereich der Insel strengstens verboten war, sondern weil sie hinter einem Grashügel eine tiefe Grube in den Sand gebuddelt hatte. In dieser hockte sie jetzt, unmöglich vom etwa vierzig Meter entfernten Gehweg entdeckt zu werden. Das perfekte Versteck. Schon als kleines Mädchen hatte sie das so gemacht. Wenn ihre Brüder sie zu sehr geärgert hatten, oder ihre Eltern böse auf sie waren. Nicht, dass das häufig vorgekommen war, aber die wenigen Male waren extreme Einschnitte in ihr harmoniebedürftiges Seelenleben gewesen. Sie hatte sich versteckt, und wenn sie wieder aufgetaucht war, hatte jedes ungute Gefühl der Vergangenheit angehört. Was würde sie darum geben, wenn es heute noch so wäre. Doch es war nicht so.
    Nichts war mehr so wie vor diesem Tag im März, fünf Jahre zuvor. So lange hatte sie sich jetzt gequält. Hatte versucht, das, was geschehen war, anzunehmen. Weil man ihr das geraten hatte. Die Ärzte, die Therapeuten, die Eltern, die Freunde. Selbst die Dame von der Touristen-Information, die sie häufiger morgens beim Brötchen holen traf, hatte gemeint, dass es so am besten sein würde. Aber was wussten all diese Menschen, obwohl sie es sicherlich gut mit ihr meinten, schon davon. Schließlich konnten sie sich nicht in ihre Lage hineinversetzen. Ahnten nicht, wie es war, wenn man so grausam gescheitert war. An sich selbst gescheitert war. Das Leben verpfuscht war, bevor es überhaupt erst begonnen hatte. Lange Jahre hatte sie versucht, das Geschehene nicht nur anzunehmen, sondern auch zu hinterfragen, es zu erklären, zu analysieren, zu verstehen. Immer wieder hatte sie in dieser Zeit in die fragenden Gesichter ihrer Mitmenschen geschaut, die Antworten von ihr verlangt hatten. Zu recht, das wusste sie. Und zu gerne hätte sie ihnen Genüge getan, aber wie denn, wenn sie doch selbst keine Ursache dafür fand, was mit ihr geschehen war. Sie konnte sich erinnern an diese tiefe Traurigkeit, die sie wie aus dem Nichts ergriffen hatte. Die sie hatte nachts nicht schlafen lassen, und die sie

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