Die Tochter Der Goldzeit
mächtige Kurbel. Bosco und Torya beobachteten die Arbeit von der Bryta aus. Die Königin hatte ihn zu sich aufs Achterkastell gewunken. Er war gespannt, den Grund zu erfahren.
»Bei allen Göttern Albridans!« Die Königin sah die schwarz-weiß gescheckten Mammutcaniden mit den säbelförmigen Stoßzähnen zum ersten Mal. »Was sind das für entsetzliche Bestien?«
»Mutanten .« Bosco musterte Torya von der Seite. Nadolpher hatte sie ihm gegenüber als »Dienerin Dashirins« vorgestellt. Doch war sie das wirklich? »Habt ihr viele Götter in Albridan?«, fragte er beiläufig.
»Ich habe mir nicht die Mühe gemacht, sie zu zählen.« Torya blickte unverwandt hinüber zu dem beschädigten Viermaster. Ein Schwarm Möwen flatterte dort auf und ließ sich auf Rücken, Schädel und Gehörn des Rinkuda-Stiers nieder. »Manchmal glaube ich, es werden Winter für Winter mehr.«
»Die da verehren nur einen einzigen Gott - Dashirin.« Mit einer Kopfbewegung deutete Bosco hinüber zu den Viermastern aus Jusarika. Am Morgen hatte er sich auf dem königlichen Schlachtschiff einquartiert. Auf ihm sollte er an der Jagd nach Katanja von Altbergen teilnehmen.
»Ich habe die Lehre dieses Gottes gelesen.« Ein harter Zug verschloss ihre Miene. »Selbstverständlich verehre auch ich ihn.«
Bosco glaubte ihr nicht.
»Und in deiner Heimat, Ginolu, wie viele Götter verehrt man dort?«, fragte die Königin. Wollte sie nun seine Rechtgläubigkeit prüfen?
Um mehr von ihr zu erfahren, wagte es Bosco und sagte die Wahrheit: »Keinen.« Drüben, an der Backbordseite des beschädigten Viermasters, schnallten sie den letzten der beiden Mammutcaniden aus den Gurten.
»Ihr glaubt an keinen Gott?« Verblüfft schaute die Königin ihn an.
»Wir glauben an das Leben.« Bosco sah ihr ins Gesicht. Was bewegte diese Frau wirklich? Er wollte sie aus der Reserve locken, wollte einen Blick hinter diese schöne blonde Fassade tun. »Wir verehren seine Kraft und seine Ordnung. Alles, was dem Leben nützt, lieben wir. Alles, was ihm schadet, bekämpfen wir.«
»Das klingt seltsam.« Einen Atemzug lang meinte er, etwas wie Nachdenklichkeit in ihren Zügen zu erkennen. »Seltsam, aber gut.« Sie wandte sich ab und bückte wieder hinüber zum Viermaster des Eisernen. »Jetzt geht er selbst von Bord.« Der schwarze Titan hängte sich an die Kranketten und stemmte seine Stiefel in die Haken. Die Wildsaujäger kurbelten ihn zum Floß hinunter. »Wer genau ist dieser schwarze Riese?«
»Man sagt, er sei der treue Diener Dashirins, von dem das heilige Buch spricht.« Bosco lehnte sich über die Reling. Mit seinem Inneren Augenohr tastete er nach ihrem Geist.
»Du glaubst es nicht?«
»Er redet wie ein unbedarftes Kind, und er kämpft wie ein Schlächter ohne Herz.« Furcht und Ehrgeiz ertastete er und einen ungeheuren Rachedurst.
»Und wie sieht er aus?«
»Keiner weiß es, Königin. Ich habe ihn weder je sein Visier öffnen noch seine Rüstung ablegen sehen. Dasselbe trifft übrigens auch auf den Kriegsmeister Catavar zu.«
»Ach .« Torya drehte sich um. »Bring mir ein Fernrohr, Burgas!«, rief sie ihrem Ersten Throngardisten zu. Seit Taydal aus Albodon geflohen war, stand Burgas an der Spitze der Gardisten. Mit einigen stand er unten an der Treppe zum Heckkastell. »Vielleicht sind es gar keine Menschen«, sagte die Königin leichthin.
Bosco fröstelte. »Was sollen es sonst sein, wenn nicht Menschen?«
»Vielleicht Götter?« Ein spöttisches Lächeln trat auf ihre herben Züge, herausfordernd sah sie ihn an.
Auf einmal lagen ihre Gedanken vor ihm wie ein aufgeschlagenes Buch: Sie war beeindruckt von seiner Klugheit und fürchtete ihn zugleich, weil sie ihn nicht durchschaute. Sie wollte herausfinden, ob sie ihn für ihre Pläne benutzen konnte. Deswegen hatte sie ihn zu sich aufs Kastell gewunken.
»Götter ließen sich kaum Befehle von einem kurzsichtigen, glatzköpfigen Männlein erteilen«, antwortete Bosco.
Einer von Burgas' Gardisten sprang die Treppe hoch und reichte der Königin ein Fernrohr. Sie spähte hindurch und beobachtete das Treiben an Bord des beschädigten Viermasters und im Meer rund um seine Bordwand. Vier große Ruderboote wurden dort jetzt zu Wasser gelassen. Späher, Vogelführer und Wildsaujäger kletterten an Strickleitern in die Boote. Gerät und Gepäck wurde an Seilen und Flaschenzügen hinuntergelassen. Ein schmächtiger Mann in schwarzer Lederrüstung und rotem Mantel befehligte die Arbeit. Einer der
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