Die Tochter der Ketzerin
zertrampelten Mais zu ersetzen, und zwar mit der Begründung, er sei schließlich kein Narr und wisse, dass wir die Ernte längst eingebracht hätten. Als seine Frau an die offene Haustür kam, um zuzuhören, bemerkte ich, dass ihr rechtes Auge blau geschlagen und zugeschwollen war, sodass sie das Lid nicht öffnen konnte. Die Kinder, die sich um uns scharten, hatten alle weißblondes Haar, waren schmutzig und wirkten ungepflegt. Mutter bezeichnete Preston als »elenden Knauser, der ein holländisches Pfund Weizen als Zentner ausgeben und aus Geldgier sogar die Bleiabdeckung seines Brunnens einschmelzen würde, selbst wenn seine Kinder dann hineinfielen«. Da Preston die Wortgewalt meiner Mutter nicht gewöhnt war, verschlug es ihm zunächst die Sprache.
Bald jedoch hatte er sich von seinem Schrecken erholt und nannte sie eine »schwarzgesichtige, bösartige Megäre in Frauengestalt, deren Brust mit Galle gefüllt sei und die kalt lächelnd die Leber eines ehrlichen Bauern verschlingen würde, als sei es Ahornsirup«. Als er bemerkte, dass er sie mit Gebrüll nicht vertreiben konnte, ballte er die Fäuste und drohte ihr Prügel an, woraufhin Mutter den langen dornigen Stock hob, mit dem sie die Kuh angetrieben hatte. Ich glaube, Preston erlebte zum ersten Mal, dass eine Frau sich von seiner Wut nicht einschüchtern ließ und nicht den Rückzug antrat. Jedenfalls schien er so überrascht, dass er einige Schritte zurückwich. Ich bückte mich nach einem Stein, berechnete die Entfernung zu seinem Kopf und rückte näher an Mutter heran. Diese wartete seelenruhig ab, bis ihr Widersacher in seinem Gezeter innehalten musste, um Luft zu holen, und sagte dann in scharfem Ton: »Samuel Preston, die nächste Kuh, die sich auf unser Land verirrt, werden wir als Entschädigung behalten. Und wenn man bedenkt, wie es hier aussieht, wird es sicher nicht lange dauern, bis wieder eine verlorengeht.« Sie warf einen Blick auf das heile Auge seiner Frau, die noch immer in der Tür stand. »Achten Sie besser auf das, was Ihnen gehört, sonst wird es krank werden und sterben.«
Mit diesen Worten machte sie kehrt, ging davon und ließ die Kuh und das Kalb auf dem Hof stehen. Die ganze Boston Way Road entlang behielt ich den Stein in der Hand und hätte ihn wohl mit ins Haus genommen, wenn Mutter mir nicht den Weg versperrt hätte. Sie griff nach meinen Fingern, bemerkte den Stein, den ich umklammerte, legte die Hand unter meine und bewegte sie leicht auf und nieder, als wolle sie das Gewicht des Wurfgeschosses abschätzen. Dann schloss sie mit der anderen Hand meine Finger wieder sanft um den funkelnden Stein.
Als der Herbst begann, wurden die Nächte kühler. Die Glühwürmchen hatten die Paarungszeit beendet und irrlichterten über die Felder wie Menschen am Lagerfeuer, wenn die Seuche wütet, wohl wissend, dass ein schwarzer Wind ihnen bald den Todeskuss bringen wird. Es regnete viel, und im feuchten Garten gediehen Kürbisse, Rüben und Zwiebeln. Die Linsenschoten platzten, sodass sich ihre Samen auf den Boden ergossen. Gleich daneben wuchsen Portulakstauden, deren rötliche Stängel und gelbe Blüten vor der trüben grauen Mauer des Hauses strahlten wie kleine Sonnenuntergänge. Das Wild war so zahlreich, dass es sich regelrecht in den Kochtopf zu werfen schien, und Vater kam oft, den Gürtel schwer von Wachteln und Moorhühnern, von der Jagd zurück. Einmal schleppte er sogar einen Truthahn an, der so groß war wie Tom. Mutter und ich brauchten den ganzen Nachmittag, um den Vogel zu rupfen. Das Fleisch schnitten wir in dünne Scheiben, salzten es und garten es auf kleiner Flamme, um es zu pökeln. Während der langen Wintermonate würden wir es in Wasser mit Beeren und Maismehl kochen und mit im Wald gesammelten Kräutern würzen, damit es essbar wurde. Vater warnte uns, nie allein in den Wald zu gehen, sondern uns stets von Richard mit der Flinte begleiten zu lassen. Dennoch fand ich oft Mittel und Wege, in die umliegenden Wiesen und Wälder zu entwischen, entweder allein oder mit Tom, wenn ich ihn überreden konnte. Richards Schutz war eine armselige Entschädigung für sein langweiliges Gerede und seine missmutigen Blicke. Er hatte keine Lust auf unsere Abenteuer und zwang uns, auf dem Weg zu bleiben. Der Onkel hatte mir einmal erklärt, dass jedes Pferd von Geburt an für eine andere Bodenbeschaffenheit geeignet sei. Es gebe Springer, die ein stolzes Wesen hätten und die Welt am liebsten von oben betrachteten. Rennpferde
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