Die Tochter Der Midgardschlange: Die Asgard-Saga
sehen zu können, wie es hinter der Stirn des Edelmannes arbeitete; aber nur für einen ganz kurzen Moment, dann schüttelte er den Kopf. »Das wäre zwecklos.«
»Aber er will nur mich, versteht Ihr denn nicht!«, antwortete sie verzweifelt. »Wenn ich freiwillig zu ihm gehe, dann hat er keinen Grund mehr –«
»– ein Dutzend Zeugen am Leben zu lassen, die mit einem ganzen Heer zurückkommen?«, unterbrach sie Vera. Grob zerrte sie sie von Guthenfels weg. »Habt keine Angst, ich bringe sie in Sicherheit, Herr. Haltet sie auf, so gut Ihr könnt!«
»Und sorgt dafür, dass bekannt wird, was hier geschehen ist«, sagte Guthenfels grimmig, »Und dass man erfährt, wer wirklich hinter all diesen feigen Überfällen steckt!«
Katharina wollte protestieren, aber Vera packte einfach ihren Arm und drehte ihn ihr mit solcher Kraft auf den Rücken, dass nur ein halb ersticktes Keuchen daraus wurde. Ohne auf ihre verzweifelte Gegenwehr zu achten, zerrte sie sie einfach über das Deck. Aber auch dieses Mal stieß sie sie nicht kurzerhand über Bord, sondern zögerte im allerletzten Moment. In ihrem Gesicht arbeitete es, während sie zum Ufer hinsah, das vielleicht noch zwei oder drei Steinwürfe entfernt war.
Ebensogut hätte es auf dem Mond liegen können, denn in diesem Moment war die Fenrir wieder heran, und diesmal ließen die Angreifer ihren Opfern nicht die geringste Chance.
Katharina registrierte erst im Nachhinein, dass sich der tödliche Pfeilregen nicht wiederholt hatte. Guthenfels und seine Männer hatten sich abermals zu einem kleinen Trupp aus Schilden und starrenden Schwertern zusammengezogen, doch die Nordmänner hatten aus ihrem ersten Fehler gelernt. Statt sich noch einmal auf ihre offensichtlich kampferprobten Gegner zu stürzen und einen womöglich noch höheren Blutzoll zu bezahlen, hoben etliche von ihnen plötzlich die schweren Ruder aus dem Wasser und begannen damit nach den Verteidigern zu stoßen. Katharina beobachtete entsetzt, wie zuerst einer und gleich darauf ein zweiter Mann von einem der gewaltigen Ruderblätter getroffen und über Bord geschleudert wurde, wo er in seiner Rüstung und dem schweren Kettenhemd auf der Stelle versank.
Einen halben Atemzug später (um genau zu sein, einen ganzen Atemzug, den sie aber vergessen hatte zu nehmen) erging es ihr ganz genauso, als Vera sie mit beiden Armen umschlang und zusammen mit ihr ins Wasser sprang.
Allein die Kälte traf sie wie ein Schlag in die Magengrube. Instinktiv schrie sie auf, erreichte damit aber nicht mehr, als dass auch noch das allerletzte bisschen kostbare Atemluft aus ihren Lungen entwich und in einem Vorhang aus winzigen silberfarbenen Bläschen vor ihrem Gesicht in die Höhe stieg. Panik und schiere Todesangst machten es ihr unmöglich, auch nur zu denken. Völlig von Sinnen schlug sie um sich, traf irgendetwas und schluckte Wasser, was ihre Todesangst noch weiter anstachelte.
Starke Arme schlossen sich von hinten um ihre Brust, zerrten sie nach oben und durch die Wasseroberfläche und hielten sie nicht nur mit unwiderstehlicher Kraft fest, sondern hinderten sie auch daran, auf der Stelle erneut unterzugehen und wie ein Stein auf den Flussgrund zu sinken. Keuchend und würgend rang sie nach Luft, spuckte zwei Lungen voll bitter schmeckendem Wasser aus und versuchte die Dunkelheit zurückzudrängen, die ihre Gedanken verschlingen wollte.
»Halt … still, verdammt … noch … mal!«, japste Vera hinter ihr. »Willst du … uns beide … umbringen?«
Katharinas Meinung nach erledigte Vera das schon ganz hervorragend allein. Sie rang weiter verzweifelt nach Luft, strampelte und schlug um sich, erreichte damit aber nicht mehr, als sich abermals zu verschlucken und Vera einen Vorwand zu liefern, ihr noch härter den Arm auf den Rücken zu drehen. Es fühlte sich an, als würde ihre Schulter gleich aus dem Gelenk springen.
»Halt einfach still«, keuchte Vera hinter ihr. »Dir passiert nichts, keine Angst! Dreh … dich einfach auf den … Rücken und … halt still!«
Dass ihre Stimme dabei selbst vor kaum unterdrückter Panik zitterte, verlieh ihren Worten nicht unbedingt mehr Glaubwürdigkeit, aber sie warf sich gleichzeitig herum, hievte Katharina mit schierer Gewalt auf ihre Brust und begann auf dem Rücken liegend zum Ufer zu schwimmen. Schreie gellten in Katharinas Ohren (nicht wenige davon von ihr selbst), das Klirren von Metall und die Geräusche eines erbitterten Kampfes, aber ihr Herz klopfte jetzt so
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