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Die Tochter der Wälder

Die Tochter der Wälder

Titel: Die Tochter der Wälder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
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bot er mir hier einen Platz an – eine großzügige Geste, wenn man die Unterschiede zwischen uns bedenkt. Ich habe eure Mutter kennen gelernt. Ich habe gesehen, welche Freude sie aneinander hatten und wie ihr Tod ihm alles Licht nahm.«
    »Er hatte uns«, meinte Finbar verbittert. »Ein anderer hätte das für einen Grund zum Leben gehalten.«
    »Ich denke, du verlangst zu viel«, sagte Vater Brien, aber seine Stimme war sanft. »Du kennst diese Liebe noch nicht, die einen trifft wie ein Blitz; die einem das Herz umklammert, so unvermeidlich wie der Tod; die zu dem Stern wird, der einem für den Rest des Lebens den Weg weisen wird. Ich würde niemandem eine solche Liebe wünschen, keinem Mann und keiner Frau, denn sie kann ein Leben zum Paradies machen oder einen vollkommen zerstören. Aber es liegt im Wesen eurer Familie, so zu lieben. Als eure Mutter starb, brauchte Colum große Willenskraft, um ihren Verlust zu ertragen. Er hatte überlebt, aber er hat einen hohen Preis gezahlt. Es ist wenig für euch oder für andere geblieben.«
    »Er hatte die Wahl, oder nicht?« fragte Finbar leise. »Er hätte einen anderen Weg einschlagen können, nachdem sie gestorben war – er hätte die Art Anführer sein können, die Conor vielleicht einmal sein wird.«
    »Das war möglich, denn der Alte war dem Ende seiner Tage nahe gekommen, und die Weisen suchten Colum auf. Er musste ihnen sehr wichtig gewesen sein, dass sie sich so direkt näherten. Es ist viel besser, die langen Jahre des Lernens als Kind zu beginnen, oder als sehr junger Mann. Aber sie fragten ihn. Colum jedoch war tief in Verzweiflung versunken. Wäre es nicht um seine Pflicht gegenüber seinem Túath und gegenüber seinen Kindern gegangen, hätte er seinem Leben vielleicht ein Ende gemacht. Also hat er sie wieder weggeschickt.«
    »Und so haben sie Conor auserwählt?«
    »Damals noch nicht. Conor war damals nur ein Kind; erst warteten sie und beobachteten euch, während ihr aufwuchst, euch alle sieben. Und der Alte hat sein Hinscheiden verzögert. Sie beobachteten Conor, wie er Lesen und Schreiben lernte, wie er seine Verse übte und seine Geschichten, wie er euch anderen die Weisheit der Bäume beibrachte, und dass ihr euch umeinander kümmern müsst. Im Lauf der Zeit wurde klar, dass er der Auserwählte war, und sie teilten es ihm mit.«
    Eine Weile lang saßen wir schweigend da und versuchten zu verarbeiten, was er uns gesagt hatte, während die Sonnenstrahlen schräg durchs Fenster fielen und die Luft langsam kühl wurde. Aus der Höhle drang kein Laut. Ich hoffte, dass Simon traumlos schlief.
    »Ihr seht also«, meinte Brien schließlich, »was euren Vater so antreibt. Sich an sein Land zu klammern und die Inseln zurückzugewinnen, die schon so lange verloren sind, hat den Platz eurer Mutter als einzigen Grund seiner Existenz eingenommen. Indem er sich darauf konzentriert, hält er die Wölfe der Erinnerung in Schach. Wenn sie sich um ihn drängen, zieht er wieder in den Krieg und bringt sie mit Blut zum Schweigen. Dieser Weg fordert einen hohen Zoll von ihm. Er hat es allerdings geschafft, dass sein Land und das seiner Nachbarn sicher sind, und sich mit seinen Feldzügen große Hochachtung im Norden dieses Landes verschafft. Er hat die Inseln noch nicht zurückerobert, aber vielleicht wird er das tun, wenn all seine Söhne erwachsen sind.«
    »Er wird es ohne mich tun«, sagte Finbar. »Ich weiß, dass die Inseln auf eine Art geheimnisvoll sind, die sich dem Verständnis entzieht, ein Platz des Geistes, und ich sehne mich danach, die Höhlen der Wahrheit aufzusuchen. Aber ich würde für dieses Privileg nicht töten. Das ist Glaube, der zu Wahnsinn wird.«
    »Wie ich schon sagte, eine Sache kann bewirken, dass man der Wirklichkeit gegenüber blind wird«, meinte Vater Brien. »Menschen haben seit den Tagen von Colums Ur-Ur-Urgroßvater um die Inseln gekämpft, seit der erste Brite seinen Fuß auf diesen Boden setzte, nicht ahnend, dass es sich um das mystische Herz des Glaubens unseres Volkes handelte. So entstand die Fehde, und viele Leben und Vermögen gingen darüber verloren. Warum sollte Lord Colum, der siebte Sohn seines Vaters, der Erbe sein? All seine Brüder wurden getötet, im Kampf um die Sache.«
    »Aber nun schickt er seine Söhne auf denselben Weg«, fügte Finbar grimmig hinzu.
    »Mag sein«, erwiderte Brien. »Aber eure Brüder haben nicht dieselbe Besessenheit wie Lord Colum, und außerdem gibt es noch Conor und euch. Es mag an der

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