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Die Tochter des Fotografen

Die Tochter des Fotografen

Titel: Die Tochter des Fotografen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Edwards
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einen Strand mit welligen Dünen sehen. Dann werden sie etwas erspähen, das ein bißchen merkwürdig ist, etwas an deinen Konturen wird ihnen vertraut vorkommen. Oder sie lesen den Titel und sehen dann noch einmal genau hin, um nach der Frau zu suchen, die sie anfangs nicht gesehen haben, bis sie dich finden.«
    In seiner Stimme lag eine gewisse Intensität; der Wind, der vom Ozean kam, fuhr durch sein dunkles Haar. Es machte sie traurig, daß er von der Fotografie sprach, wie er einst von der Medizin und von ihrer Ehe gesprochen hatte; in einer Weise, die ihre Vergangenheit, nach der sie sich noch immer zurücksehnte, wieder heraufbeschwor. »Sprechen David und du über große Dinge, oder redet ihr über Kleinigkeiten?« hatte Bree sie einmal gefragt. Als sie über eine Antwort nachdachte, hatte Norah erschrocken festgestellt, wie viele ihrer Gespräche so notwendigen und oberflächlichen Dingen gewidmet waren wie den üblichen Hausarbeiten oder Pauls Tagesablauf.
    Die Sonne strahlte, und der grobkörnige Sand war auf der zarten Haut zwischen ihren Beinen hängengeblieben. David war ganz damit beschäftigt, seine Kamera einzupacken. Norah hatte gehofft, daß dieser Traumurlaub den Weg zurück zu ihrer einstigen Vertrautheit ebnen würde. Deshalb hatte sie sich dazu genötigt gesehen, so viele Stunden bewegungslos in der heißen Sonne zu liegen, während David eine Filmrolle nach der anderen einlegte. Aber nun waren sie schon zwei Tage hier, und bis auf die Umgebung war nichts groß anders als zu Hause. Jeden Tag tranken sie schweigend ihren morgendlichen |234| Kaffee. David hatte auch hier Möglichkeiten gefunden zu arbeiten; entweder fotografierte er, oder er ging angeln. Am Abend lag er in der Hängematte und las. Norah machte Spaziergänge, schlief viel und bummelte durch die bunten, überteuerten Touristengeschäfte in der Stadt, wo sie dies und das einkaufte. Paul spielte Gitarre und rannte.
    Ihre Augen mit der Hand beschattend, ließ Norah ihren Blick die goldene Bucht entlangschweifen. Im Näherkommen war die Silhoutte des Läufers aufgetaucht, und nun erkannte sie, daß es doch nicht Paul war. Der Mann, der da rannte, war groß und schlank, fünfunddreißig oder vierzig Jahre alt. Er trug blaue Nylonshorts, die weiß eingefaßt waren, und kein Hemd. Auf seinen Schultern prangte ein Sonnenbrand, der sehr schmerzhaft aussah. Als er dicht vor ihr war, verlangsamte er sein Tempo, bis er schwer atmend anhielt, die Hände in die Hüften gestützt.
    »Schöne Kamera«, lobte er und fügte, den Blick auf Norah gerichtet, hinzu: »und eine interessante Einstellung.«
    Er wurde allmählich kahl, seine Augen waren dunkelbraun und intensiv. Sie entzog sich ihrem hitzigen Blick, indem sie sich abwandte, als David zu erklären begann: Wellen und Dünen, Sand und Haut, zwei widersprüchliche Bilder in einem.
    Sie suchte den Strand mit den Augen ab. Ja, da tauchte schemenhaft eine andere rennende Gestalt auf, ihr Sohn. Die Sonne schien so grell. Als der Kamm einer Welle auftauchte, war Norah einige Sekunden lang wie benommen, und kleine Lichter blitzten wie Silberfischchen hinter ihren geschlossenen Lidern. Howard: Sie überlegte, wo er wohl herkam. Er und David waren bereits in ein lebhaftes Gespräch über Verschlußzeiten und Filter vertieft.
    »Und Sie sind also seine Muse«, wandte er sich an Norah und versuchte sie in ihre Unterhaltung einzubeziehen.
    »Ich glaube schon«, sagte sie und fegte Sand von ihrem Handgelenk. »Für die Haut ist es allerdings etwas strapaziös«, fügte sie hinzu und war sich auf einmal bewußt, daß sie |235| in ihrem neuen Badeanzug fast nackt war. Der Wind strich über sie hinweg und fuhr durch ihr Haar.
    »Nein, nein – Ihre Haut ist perfekt«, versicherte Howard. David machte große Augen – er sah sie an, als ob er sie nie zuvor gesehen hätte –, und Norah triumphierte im stillen. »Sieh hin«, hätte sie ihm gerne zugerufen. »Meine Haut ist wunderschön.« Aber die Intensität, mit der Howard sie ansah, hielt sie davor zurück.
    »Sie sollten sich mal Davids andere Arbeiten ansehen«, schlug sie statt dessen vor, wobei sie auf ihr niedriges, unter Palmen geducktes Häuschen zeigte, von dessen Pergola eine üppige Bougainvillea herabfiel. »Er hat seine Mappe mitgenommen.« Es war eine Einladung, auch wenn ihre Worte undurchschaubar waren.
    »Das würde ich gern«, erwiderte Howard, an David gewandt. »Ihre Studien interessieren mich.«
    »Schön«, sagte David. »Kommen Sie doch

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