Die Tochter des Goldsuchers
viel zu teuer verkauft.«
»Macht ja nichts.« Sarah lächelte. »Dafür werde ich ihr für die Kleider entsprechend mehr berechnen. Hast du ein bisschen Zeit? Ich möchte gern mal bei Mrs O’Rourke hineinschauen. Vielleicht hat sie etwas für diesen rot-weiß gestreiften Stoff übrig.«
Zusammen gingen sie den Arkadenweg entlang. Nach wenigen Schritten blieb Liza plötzlich stehen und strich ihren Rock zur Seite. Sarah sah eine Frau näher kommen. Nie im Leben hatte sie Haar von solcher Farbe erblickt. Es glänzte wie der Messingknauf an der Tür zum Büro der Mutter Oberin. Ihr blaues Seidenkleid war zu eng am Mieder und viel zu tief ausgeschnitten, um am helllichten Tage getragen zu werden. Glatte weiße Brüste wölbten sich heraus, die linke mit einem kleinen Schönheitsfleck verziert, der zu einem ebensolchen am Winkel ihres rot geschminkten Mundes passte. Einen Sonnenschirm aufgespannt, bewegte sie sich mit einladend wiegenden Hüften.
Dicht vor Sarah blieb die Frau stehen und musterte sie von Kopf bis Fuß. Im Weitergehen lächelte sie abschätzig.
»Du meine Güte!« Sarah fiel keine andere Bemerkung ein, während sie sich die Nase rieb. Der süßliche Duft des Parfüms blieb hartnäckig zurück.
»Das war Carlotta. Ihr gehört der ›Silver Star‹.«
»Sie sieht … umwerfend aus.«
»Nun, sie ist eben eine – du weißt schon.«
»Eine was?«
»Eine Frau mit üblem Leumund«, flüsterte Liza.
»Oh.« Sarah machte große Augen. Natürlich hatte sie von solchen Frauen gehört. Aber auf der Straße einer zu begegnen … »Oje. Warum sie mich wohl so angeschaut hat?«
»Wahrscheinlich, weil Jake Redman ein paarmal bei dir draußen gewesen ist. Der ist nämlich bei Carlotta ein gern gesehener Gast.« Erschrocken hielt sie sich den Mund zu. Wenn ihre Mutter sie so reden hörte, wäre sie sicher entsetzt.
»Ich hätte es mir denken können.« Trotzig warf Sarah den Kopf zurück und setzte ihren Weg fort. Sie hätte beim besten Willen nicht erklären können, wieso ihr so sehr nach Weinen zumute war.
Mrs O’Rourke begrüßte sie herzlich. Es war nicht nur ein Jahr her, dass sie sich ein neues Kleid geleistet hatte, sondern sie war auch entschlossen, alles über die Frau zu erfahren, um die Jake in letzter Zeit so viel Aufhebens machte.
»Ich dachte, Sie finden Gefallen an diesem Streifenmuster hier, Mrs O’Rourke.«
»Das ist wirklich hübsch.« Maggie betastete die Baumwolle mit ihrer großen geröteten Hand. »Michael, mein erster Mann, hatte eine Schwäche für hübsche Kleider. Er starb jung, der Arme. Hat sich im Rausch aufs falsche Pferd gesetzt. Bevor er wieder nüchtern war, hatten sie ihn schon als Pferdedieb aufgehängt.«
Weil sie nicht wusste, was sie darauf erwidern sollte, murmelte Sarah ein paar unverständliche Worte und sagte dann: »Die Farben würden Ihnen bestimmt sehr schmeicheln.«
Maggie lachte laut auf. »Junge Dame, ich bin aus dem Alter heraus, da man sich um Schmeicheleien schert. Hab bereits zwei Ehemänner unter die Erde gebracht. Mr O’Rourke, Gott hab ihn selig, wurde vom Blitz getroffen. Nicht immer beschützt der liebe Gott die Narren und die Betrunkenen. Bewahre, ich bin nicht mehr interessiert. Der einzige Grund, warum sich eine Frau herausputzt, ist doch der, einem Mann zu gefallen oder zu verhindern, dass einem der Gatte durchbrennt.«
Schmunzelnd ließ die alte Dame ihren Blick über Sarah wandern. »Nun, Sie haben sich heute schön herausgeputzt, das muss ich schon sagen.«
Sarah wertete dies als ein Kompliment. »Danke. Wenn Sie lieber etwas anderes hätten …«
»Nein, der Stoff gefällt mir schon, und ein neues Kleid kann ich auch gebrauchen, nur darf es nichts Auffälliges sein. Ich möchte nicht, dass einer meiner männlichen Gäste auf dumme Gedanken kommt.« Sie lachte.
»Wenn bei dir jemand auf dumme Gedanken käme, würden sie ihm nach einem Teller von deinem Eintopf rasch wieder vergehen.« Sarah erschrak, als sie Jakes Stimme hörte. Langsam drehte sie sich um. Er stand auf halber Höhe der Treppe.
»Manche Männer wollen mehr von einer Frau als einen Teller Eintopf«, gab Maggie zurück. »Passt bloß auf, ihr Mädchen, bei einem Mann, der so lächelt«, setzte sie hinzu und zeigte mit dem Finger auf Jake. »Ich kenne mich aus, denn ich war mit zwei solchen Schwerenötern verheiratet.«
Während Maggie sprach, beobachtete sie, wie Jake und Sarah einander ansahen. Das Feuer ist entzündet, stellte sie fest. Konnte ja nichts schaden,
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