Die Tochter des Hauslehrers (German Edition)
Misswirtschaft. Ich musste schließlich an meine Jungen denken, oder? Als jüngere Söhne hätten sie nichts für ihre Zukunft, wenn nicht das Geld wäre, das ich in dieses Haus mitgebracht habe. Du solltest mir dankbar sein, statt mich zu tadeln.«
Sir Giles schüttelte den Kopf. »Nein, Madam, ich kann Ihnen nicht dafür danken, dass Sie sich mit einem bekannten Kriminellen zusammengetan haben. Dafür, dass Sie den guten Namen meiner Familie auf das Niveau eines Teague herabgezogen haben.«
Julian grinste hämisch. »Welche Ironie, nicht, Mama? Du, die feine Dame, die so verzweifelt versucht hat, aufzusteigen und vorteilhafte Ehen für ihre Söhne zu arrangieren. Alles, um dich noch weiter von den Verbrechen deines Großvaters zu distanzieren. Und was hast du letztlich getan? Du bist in die Gosse gesprungen, die zu verabscheuen du behauptest.«
Scham überzog Violet Westons totenbleiches Gesicht. Sie verschränkte die Hände und sagte steif: »Eine Mutter tut, was sie tun muss.«
Dann wandte sie sich an ihren Mann und sagte beiläufig: »Ich würde lieber zwei Mal nachdenken, bevor ich ein gerichtliches Verfahren gegen Teague oder mich einleite, denn wenn ich ruiniert bin, bist du es mit mir. Kein Mensch würde glauben, dass eine Frau solche Summen aufbringt ohne die Beteiligung und das überlegene Wissen ihres Mannes.«
Da hatte sie wahrscheinlich recht. Und Henry konnte den Gedanken nicht ertragen, dass sein unschuldiger, wenn auch naiver Vater bestraft und der Ruf der Familie noch stärker geschädigt würde wegen einer Sache, mit der er weiter nichts zu tun hatte, außer vielleicht, dass er bereitwillig die Augen davor verschlossen hatte.
In Emmas Kopf schienen sich die vielen neuen Informationen förmlich zu überschlagen. Sie empfand tiefes Mitgefühl mit Sir Giles, Henry, ja mit allen.
Henry wandte sich an seine Stiefmutter: »Und ich würde es mir zwei Mal überlegen, Lady Weston, bevor Sie Sir Giles drohen. Bedenken Sie, Mylady, dass Ihr geschätzter Julian heute beinahe Miss Smallwood und mich getötet hätte. Wenn irgendjemand ein gerichtliches Vorgehen in Erwägung ziehen könnte, dann …«
»Es war keine Absicht«, unterbrach ihn Lady Weston.
»Ach ja? Die Manipulation am Gezeitenbuch und der gefälschte Brief sprechen eine andere Sprache.«
»Keiner wird dir glauben. Ich sage einfach, dass du schon immer einen Groll gegen meine leiblichen Söhne hattest.«
Rowan sprang auf, seine Augen blitzten. »Dann werde ich gegen Julian aussagen«, sagte er. »Ich bin es leid, ihn zu beschützen, seine Fehltritte, die immer verbrecherischer werden, zu decken. Erst der Ärger in der Schule, dann die Streiche, die er Miss Smallwood gespielt hat – die Briefe, die Zeichnung, das Blut – und jetzt das.«
Auf Lady Westons Zügen zeichnete sich Bestürzung ab. »Aber Rowan, er ist dein Bruder«, bat sie.
»Das ist Henry auch, und trotzdem hat Julian ihn heute beinahe umgebracht. Zusammen mit Miss Smallwood, die uns, seit sie hier ist, nur mit Freundlichkeit begegnet ist. Ich war lange genug auf Julians Seite – auf der falschen Seite.«
»Ich auch«, ließ sich Lizzie vernehmen.
»Ach, sei still, Lizzie«, entgegnete Lady Weston scharf. »Oder soll ich allen sagen, warum du wirklich hier bist, in meinem Haus, als mein Mündel?«
Lizzie erbleichte und presste die Lippen zusammen.
»Was meinst du damit, Mutter?«, fragte Phillip. »Sie ist die Tochter deiner Cousine.«
»Meiner Cousine? Ha! Ich bin vielleicht entfernt verwandt mit diesem Schandbild einer Mutter, aber Mr Teague ist kein Cousin von mir. Aber er ist mein Aufseher geworden. Einst hatten wir … wir haben eine Zeit lang zusammengearbeitet, da merkte er, dass er ein Druckmittel gegen mich in der Hand hatte. Mit seinem neugewonnenen Reichtum hat er Lizzies Mutter verführt. Sie verließ ihn schon nach wenigen Monaten, ohne das Mädchen mitzunehmen. Er erpresste mich, Lizzie zu mir zu nehmen, ihr alle nur denkbaren Vorteile zu verschaffen, dafür zu sorgen, dass sie glücklich ist. Sonst, sagte er, würde er alles verraten. Ich habe sie nur als eine Verwandte ausgegeben, um ihre Anwesenheit hier zu erklären.«
Lizzie senkte beschämt den Kopf.
»Was macht es schon, dass sie Mr Teagues Stieftochter ist?«, rief Julian. »Ich wusste es und ich liebe sie trotzdem. Und ich lasse nicht zu, dass du grausam zu ihr bist, Mama. Wir sind einander versprochen, und wenn sie älter ist, werden wir heiraten.«
Lady Weston zog die Brauen hoch und
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