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Die Tochter des Hauslehrers (German Edition)

Die Tochter des Hauslehrers (German Edition)

Titel: Die Tochter des Hauslehrers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Klassen
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Miss Penberthy ebenfalls revidiert hatte.
    Als die Tür sich hinter ihr schloss, fragte Henry. »Und? Wie ist es gelaufen?«
    Phillip zuckte die Achseln. »Gut, nehme ich an. Ich weiß nicht, warum ich sie herumführen sollte, wo du doch so viel mehr über das Anwesen und seine Geschichte weißt als ich. Aber ich glaube, ich habe mich ganz gut geschlagen.«
    Henry beobachtete das Gesicht seines Bruders und sagte: »Ich finde, Miss Penberthy hat sich, seit wir sie zuletzt gesehen haben, sehr zu ihrem Vorteil verändert.«
    Phillips helle Brauen hoben sich. »Findest du?«
    »Ja. Du nicht?«
    »Ich … ich muss zugeben, ich war nicht gerade sehr offen ihr gegenüber. Aber ich hoffe, die Form gewahrt zu haben.«
    Henry registrierte, wie aufgebracht sein Bruder war. »Das hast du bestimmt. Du bist doch immer höflich, Phillip.«
    Wenn schon nicht klug , fügte er bei sich selbst hinzu.

    Für das formelle Essen an diesem Abend musste Henrys Kammerdiener dem Lakaien beim Aufwarten zur Hand gehen. Merryn ertrug die Demütigung, Livree und gepuderte Perücke anlegen zu müssen, mit leidgeprüfter Souveränität. Henry verbiss sich ein Lächeln und mied den Blick des Mannes, weil er nicht noch zu seiner Kränkung beitragen wollte.
    Es verschaffte ihm ein unerwartetes Gefühl der Befriedigung, Miss Smallwood zusammen mit seiner Familie am Tisch sitzen zu sehen. Sie trug ein blassgrünes Abendkleid, schlicht und elegant. Die Farbe ließ ihre Augen im Kerzenlicht schimmern wie polierte Jade.
    Er schalt sich innerlich. Was war er neuerdings, ein Dichter?
    Stattdessen schaute er Miss Penberthy an. Sie war eine gute Reiterin, rief er sich ins Gedächtnis, eine Fertigkeit, die er bewunderte. Miss Smallwood ritt nicht, das wusste er; sie hatte auch nie Gelegenheit dazu gehabt. Er fragte sich, ob sie es wohl gern lernen würde.
    Über den Rand seines Glases betrachtete er seinen Bruder Phillip, der Miss Penberthys Fragen beantwortete und mit ihr plauderte, dabei jedoch abwesend wirkte und sich unwohl zu fühlen schien. Lag es daran, dass er sich bewusst war, die ganze Zeit von der wachsamen Lady Weston beobachtet zu werden? Oder daran, dass er hier scheinbar mit einer Frau flirtete, während die Frau, die er liebte, am gleichen Tisch saß?
    Ihm fiel auf, dass Phillips Blick mehrmals ans andere Ende der langen Tafel wanderte, wo Miss Smallwood saß und sich angeregt mit Sir Giles und Lizzie unterhielt. Emma lächelte, während sie seinem Vater zuhörte, der höchst anschaulich irgendeine Geschichte zum Besten gab. Sie wirkte, als würde sie den Abend in vollen Zügen genießen und sei sich der Erwartung und Anspannung, die im Raum herrschten, in keiner Weise bewusst.
    Henrys Blick glitt über Lizzie hinweg, kehrte jedoch mit einem Mal zu ihr zurück. Überrascht sah er, dass das normalerweise so muntere Geschöpf niedergeschlagen, ja unglücklich aussah. Als spürte sie, dass er sie ansah, schaute Lizzie auf, doch als ihre Blicke sich trafen, wurde sie plötzlich rot und wandte ihre Aufmerksamkeit wieder Sir Giles zu. Er überlegte, ob etwas nicht in Ordnung war. Wahrscheinlich hatte das Mädchen einfach etwas gegen andere Frauen, die die Aufmerksamkeit von ihr ablenkten.
    Ein Auflachen am Fußende des Tisches zog seine Aufmerksamkeit auf sich. Dort saßen Lady Weston und Mrs Penberthy, steckten die Köpfe zusammen und plauderten und lachten wie Schulmädchen.Dabei warfen sie immer wieder verschwörerische Blicke auf Phillip und Tressa, die pflichtbewusst Konversation machten – um sich schon bald zu verloben, wie die beiden Mütter zweifellos hofften.
    Armer Phillip. Armer, höflicher Phillip. Immerzu bestrebt, Lady Westons unbeständige, flüchtige Zuneigung zu gewinnen. Würde er auch diesmal die Billigung seiner Stiefmutter über sein eigenes Glück stellen?
    Vielleicht hätte Henry sich mehr Mühe geben müssen, Miss Penberthy den Kopf zu verdrehen, doch es war verdammt schwer, Begeisterung zu heucheln, wo sein Interesse doch ganz woanders lag.
    Emma ließ den Blick hin und wieder über den von Kerzen erhellten Tisch schweifen, vorbei an den vielen köstlichen Speisen und Blumenarrangements, und beobachtete Phillip, Henry und die elegante Miss Penberthy. Sie bewunderte das Haar, das Kleid, die Haltung der Frau. Ob die Männer sie wohl ebenfalls bewunderten? Auf jeden Fall war sie ihnen nicht egal. Arme Lizzie. Als Emma das traurige Gesicht des Mädchens sah, empfand sie Mitleid mit ihr. Doch da sie Phillip gar nicht mehr

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