Die Tochter des Kardinals
stieß er hervor.
»Was sagt Ihr da, Capitano?«, fragte Johann. Geller reichte ihm das Fernrohr, und er warf einen Blick hindurch. »Heilige Mutter Gottes! Was haben die vor?«
»Ich weiß es nicht«, sagte Geller. »Doch wir werden es bald erfahren.«
Näher und immer näher kam die Armee der Barone. Die Gardisten vor den Stufen des Petersdoms sahen einander an. Einige hielten die ganze Zeit über ihre Musketen auf die Reiter gerichtet.
»Runter mit den Waffen!«, befahl Geller, der fürchtete, einer der nervösen Finger könnte den Abzug ziehen und ein Unglück auslösen.
Als der Aufmarsch der Barone nur noch etwa einhundert Schritte entfernt war, erkannte Geller die Gesichter an der Spitze. Er sah die Conti Volpato, Bertoli, Cugnoni und Sansolini. Mit stolz erhobenem Haupt ritten sie ihren Soldaten in gemächlichem Schritt voran, ihrer Unbesiegbarkeit vollauf bewusst. Und in der Mitte der Barone ritt der Conte Patrizio Mattei in goldenem Harnisch und Helm auf einem weißen Schlachtross.
Als die Armee noch dreißig Schritt von der Linie der Schweizergarde entfernt war, ließen die Kommandeure ihre Soldaten innehalten. Anschließend ritten die Barone allein weiter, bis sie drei Pferdelängen vor den Gardisten ebenfalls hielten.
»Erlauchte Dons«, rief Geller ihnen zu. »Aus welchem Grund brecht ihr den heiligen Frieden des Petersplatzes?«
»Wir verlangen Genugtuung!«, rief der Conte Bertoli zurück. »Die Ehre von Don Patrizio muss wiederhergestellt werden.«
Jetzt sind sie völlig wahnsinnig geworden, dachte Geller. »Wer in diesem Hause Gottes hat Eurer Ehre geschadet, Don Patrizio?«, fragte er.
»Kardinal Callisto Carafa«, war die Antwort Matteis, und sie fuhr so scharf durch die Luft wie die Klinge eines Degens aus der spanischen Hofschmiede.
Ungläubig starrte Geller den Conte an. »Was hat Seine Eminenz getan, um Eure Ehre zu verletzen?«, fragte er.
»Er hat meine Gemahlin verführt«, rief Mattei. »Nun liefert den Ehebrecher aus!«
»Das kann ich nicht zulassen, erlauchte Dons«, sagte Geller. Er begann zu schwitzen.
»Wollt Ihr und Eure erbärmliche Schar uns aufhalten?«, fragte Sansolini.
Geller dachte fieberhaft nach. Schließlich kam er zu einem Entschluss. »Don Patrizio«, rief er, »begleitet mich in den Petersdom. Nur Ihr allein, damit wir diese Angelegenheit aufklären können.«
Patrizio Mattei lächelte, stieg vom Pferd und ging zu Geller hinüber.
Derweil saß Giulia auf ihrem Stuhl vor den Auditoren und hörte die verleumderischen Anschuldigungen Carafas. Längst hatte sie alle Hoffnung aufgegeben. Der Tod war ihr gewiss, daran bestand für sie kein Zweifel mehr. Noch heute würden die Flammen des Scheiterhaufens sie verzehren, und niemand auf Erden könnte das noch verhindern.
Kurz zuvor hatte Carafa einen Gardisten hereingerufen, damit dieser Zeugnis gegen Giulia ablege. Der junge Gardist stand zwischen Giulia und Castagna und ließ seinen Blick über die Auditoren schweifen.
»Nenn der Rota deinen Namen«, verlangte Carafa.
»Jakob Fleckenstein«, sagte der Gardist.
»Ehrwürdige Römische Rota«, sagte Carafa feierlich. »Dieser Mann kann bezeugen, dass die Angeklagte für die Lutheraner den Heiligen Vater bespitzeln sollte, um diesem und der einzig wahren Kirche großen Schaden zuzufügen.«
»Fahrt fort, Kardinal Carafa«, sagte Castagna.
»Wo warst du am Abend des dreißigsten Juli des vergangenen Jahres?«, wollte Carafa von Fleckenstein wissen.
»Ich verrichtete meinen Dienst auf der Engelsburg, Euer Eminenz«, antwortete Fleckenstein.
»Was fand an besagtem Abend auf der Engelsburg statt?«, fragte Carafa weiter.
»Ein Fest.«
»Wer nahm an diesem Fest teil, Gardist Fleckenstein?«
»Hohe Herren Roms und der Kirche«, erklärte Fleckenstein.
Giulia war sich sicher, dass Carafa dem Gardisten zuvor alle Worte in den Mund gelegt hatte. Daher erwartete sie nicht, dass die Sprache auf die widerwärtigen Schamlosigkeiten an diesem Abend kommen würde. Zugleich ahnte sie, was nun folgen würde.
»Berichte der Rota, was sich an diesem Abend zugetragen hat«, forderte Carafa den Gardisten auf.
»Während die Feierlichkeiten der hohen Herren auf ihrem Höhepunkt angelangt waren«, sagte Fleckenstein, »gellte der Alarm durch die Engelsburg. Ich begab mich von meinem Posten auf der Spitze der Burg hinab in die alten Papstgemächer, wo die Feier stattfand. Es hieß, zwei Nonnen hätten sich in die Burg geschlichen. Meine Kameraden und ich nahmen sogleich die
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